Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 9

ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN | WWW.ZM-ONLINE.DE Generation Z Wie die jungen Mitarbeitenden ticken und wie man sie erreicht, erklärt Praxisberater Christian Henrici im Interview. SEITE 20 „Meine Gründer-Geschichte“ Praxisinhaber Michael Wenzel berichtet von seiner deutsch-dänischen Praxis in dritter Generation in Hamburg-Rahlstedt. SEITE 44 Volumenrekonstruktion Dieser Fall – mit CME – zeigt eine submandibuläre Defektrekonstruktion mit autologem Fettgewebe. SEITE 64 NEUE FORTBILDUNGSREIHE Dentales Trauma AUSGABE 09 | 2023 zm 01.05.2023, Nr. 09

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EDITORIAL | 3 Der Blick über den Tellerrand Ein weiteres Reizthema ist bekanntermaßen das Gendern. Aus soziologischer und linguistischer Perspektive wird dieser sprachliche Themenkomplex häufig beleuchtet. Wir lassen hingegen eine Marketingexpertin zu Wort kommen, die erklärt, weshalb das Gendern bei der Praxiswerbung im Internet so seine Tücken hat. Dass das Netz weitere Fallstricke bereithält, ist bekannt. Die Bundesärztekammer hat jetzt einen aktualisierten Leitfaden zur sicheren Verwendung von Social Media veröffentlicht. Ziel ist dabei unter anderem, die eigene Reputation nicht zu schädigen, was bei einem unbedachten Umgang mit Facebook und Instagram schnell passieren kann. Auch hier ist der gelegentliche Blick über den Tellerrand hilf- und segensreich. Viel Spaß bei der Lektüre Sascha Rudat Chefredakteur In dieser Ausgabe starten wir eine fünfteilige Serie zum Dentalen Trauma. Die zahnärztliche Traumatologie muss als interdisziplinäres Fach auf fundiertes Wissen in verschiedenen Disziplinen der Zahnmedizin zurückgreifen. Gerade in komplexen Fällen sollte über den Tellerrand geschaut werden, um adäquate Entscheidungen außerhalb des eigenen therapeutischen Bereichs treffen zu können. Aktuelle evidenzbasierte Therapieempfehlungen sind deshalb hilfreich. Die im Oktober 2022 publizierte S2k-Leitlinie „Therapie des dentalen Traumas bleibender Zähne“ wurde unter Beteiligung zahlreicher Fachgesellschaften grundlegend aktualisiert und ergänzt. In fünf Fortbildungsbeiträgen werden wir die verschiedenen Aspekte der zahnärztlichen Therapie vorstellen. Wir starten mit Diagnostik, Dokumentation und Nachsorge. Denn die Erstversorgung von Traumapatienten steht oft unter großem Zeitdruck. Gleichzeitig ist eine systematische Erhebung erforderlich. Eine sorgfältige Dokumentation ist für nachfolgende Behandlungen und auch im Hinblick auf mögliche Haftungsfragen wichtig. Mit praktischen Empfehlungen möchten wir zeigen, wie sich evidenzbasiertes und zeiteffizientes Vorgehen vereinen lassen. Zudem beschäftigen wir uns in diesem Heft mit einer weiteren Leitlinie. Unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI) ist die S3-Leitlinie zur „Die Behandlung periimplantärer Infektionen an Zahnimplantaten“ aktualisiert worden. Insgesamt 80 Publikationen wurden ausgewertet und so die Wirksamkeit von alternativen/ adjuvanten Methoden zur nicht-chirurgischen Therapie der periimplantären Mukositis und Periimplantitis sowie der chirurgischen Therapie der Periimplantitis grundlegend neu bewertet. Dabei wurden 25 der 31 Empfehlungen neu aufgenommen. Ohne Behandlung droht bei einer Periimplantitis der Verlust des Implantats. Der frühzeitigen Diagnostik und Therapie periimplantärer Infektionen kommt daher eine besondere Bedeutung zu. In dieser Ausgabe sprechen wir außerdem mit Dr. Ilka Gottstein, der neuen Vorsitzenden des Bundesverbandes der Zahnärztinnen und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BZÖG), über die Zukunft des ÖGD und wie es mit der Gruppenprophylaxe nach dem Ende der CoronaPandemie in Kitas und Schulen wieder vorangehen kann. Gottstein erklärt im Interview, weshalb sie den Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst für so wichtig hält. Daneben schauen wir in diesem Heft auf die ominöse Generation Z, kurz Gen Z, die jetzt auf den Arbeitsmarkt drängt und Wertevorstellungen mitbringt, die sich teilweise fundamental von denen vorangegangener Generationen unterscheiden. Für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bedeutet das an vielen Stellen große Herausforderungen und ein deutliches Umdenken. Unverständnis hilft dabei nicht weiter, eine konstruktive Auseinandersetzung schon. Stichwort Blick über den Tellerrand. Foto: Lopata/axentis

4 | INHALT 50 Behandlung periimplantärer Infektionen an Zahnimplantaten In der aktualisierten S3-Leitlinie wurden die Therapiemethoden grundlegend neu bewertet. 56 Gendern im Praxismarketing Verschreckt man mit gegenderten Texten seine Patient*/_:Innen? Und welchen Einfluss hat das auf die Sichtbarkeit der Praxiswebsite? MEINUNG 3 Editorial 6 Leitartikel POLITIK 8 Finanzierung der TI-Infrastruktur Verhandlungen mit den Krankenkassen sind „mit Ansage“ gescheitert 16 Interview mit BZÖG-Chefin Dr. Ilka Gottstein „Immer noch gibt es Kinder, die keine eigene Zahnbürste besitzen!“ 18 Urteil gegen Aligner-Anbieter DrSmile Österreich verhängt hohe Geldstrafe 28 Modellprojekt in Westfalen-Lippe Der „Physician Assistant“: eine Entlastung für den Arzt 70 Bundeskabinett bringt Pflegereform auf den Weg Die Beitragssätze steigen, aber Eltern zahlen weniger ZAHNMEDIZIN 12 Studie zu den Ursachen und zur Vermeidung von Behandlungsfehlern Zahnärzte sind auch nur Menschen 48 Aus der Wissenschaft Zahnerhalt oder Implantat? Die Sicht des Patienten 50 Update S3-Leitlinie Die Behandlung periimplantärer Infektionen an Zahnimplantaten 60 Pneumonie durch Zahnkrone Unbemerkte Fremdkörperaspiration 64 Der besondere Fall mit CME Submandibuläre Defektrekonstruktion mittels Fettgewebe 69 Angst vor der Weisheitszahnextraktion Musik und VR-Brille beruhigen 72 MKG-Chirurgie Pathologische Unterkieferfraktur als Extremkomplikation einer Periimplantitis TITELSTORY 30 Fortbildung Dentales Trauma – Teil 1 Diagnostik, Dokumentation und Nachsorge Inhalt Foto: Michael J Berlin – stock.adobe.com zm113 Nr. 09, 01.05.2023, (694) Foto: Frank Schwarz

INHALT | 5 12 Vom Missgeschick zum Behandlungsfehler Portemonnaie vergessen ist doof, den falschen Zahn ziehen schlimmer. Wie Sie das Risiko für Behandlungsfehler senken können. TITELSTORY 30 Neue Fortbildungsreihe „Dentales Trauma“ In fünf Beiträgen werden die verschiedenen Aspekte der zahnärztlichen Therapie vorgestellt. Teil 1: Diagnostik, Dokumentation und Nachsorge. PRAXIS 20 Interview mit Praxisberater Christian Henrici „Die jungen Menschen wollen erst gar nicht in das Hamsterrad!“ 24 Studie zur Generation Z „Die illoyalsten Jobber aller Zeiten“ 26 Aktualisierter Leitfaden der Bundesärztekammer Das sollten ÄrztInnen auf Social Media beachten 44 „Meine Gründer-Geschichte“ Deutsch-dänische Gemeinschaftspraxis in dritter Generation 56 Gendern im Praxismarketing? „Deshalb entscheiden wir uns meist für das generische Maskulinum!“ 82 Investitionsabzugsbetrag Wie Sie Steuern sparen, bevor Sie investiert haben GESELLSCHAFT 47 Umfrage der Stiftung Gesundheit Jeder neunte Arzt hat bereits ein Angebot von einem Investor vorliegen 58 Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete Auf Inspektionsreise nach Madagaskar 78 Erinnerung in Zahnärzteschaft und Gesellschaft Zur Aufarbeitung der Zahnmedizin im Nationalsozialismus 86 Studie aus Österreich Frauen in Gesundheitsberufen haben ein erhöhtes Suizidrisiko MARKT 88 Neuheiten RUBRIKEN 10, 42, 81 Nachrichten 61 Formular 62 Termine 85 Impressum 87 Bekanntmachungen 106 Zu guter Letzt Foto: Olga Yastremska, New Africa, Africa Studio – stock.adobe.com Foto: Kurt Alois Ebeleseder zm113 Nr. 09, 01.05.2023, (695) Titelfoto: Matthias Widbiller

Der Vorstand der KZBV hat sich Ende März neu aufgestellt und dafür von den Delegierten der Vertreterversam-mlung ein deutliches und starkes Votum erhalten. Diese Unterstützung ist auch zwingend notwendig, um die vor uns liegenden Aufgaben bewältigen zu können. Die letzten Monate haben gezeigt, dass das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz nur der Anfang einer auf Dauer angelegten Kostendämpfungspolitik ist. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Sachargumente haben Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nicht davon abgehalten, bei der PAR-Versorgung den Rotstift anzusetzen. Der Zielkonflikt zwischen Kostendämpfung und präventionsorientierter Versorgung ging zulasten der Vorsorge. Trotz breiter Studienlage sind wir im Gesetzgebungsverfahren mit unseren Argumenten nicht durchgedrungen. Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz diente dazu die finanziellen Lücken kurzfristig zu schließen. Bis Ende Mai ist das BMG gesetzlich verpflichtet, weitere Empfehlungen für Maßnahmen zur Stabilisierung der GKV-Finanzen vorzulegen und dabei insbesondere die Ausgabenseite in den Blick zu nehmen. Im September steht die Evaluierung der PAR-Regelungen an. Besonders perfide am GKV-Finanzstabilisierungsgesetz war, dass die Folgen der Kostendämpfungsmaßnahmen nicht klar kommuniziert wurden – vor allem nicht gegenüber den Patientinnen und Patienten. Stattdessen behauptete Lauterbach wider besseres Wissen, es werde keine Leistungskürzungen geben. Wenn das Heben von angeblichen „Wirtschaftlichkeitsreserven bei der Ärzte- und Zahnärzteschaft“ die Leitlinie für politische Entscheidungen ist, man glaubt, dass bei strikter Budgetierung keine Leistungskürzungen für GKV-Versicherte zustande kommen und man die vereinbarten Mittel für die Bekämpfung der Volkskrankheit „Parodontitis“ einfach nicht wie vereinbart zur Verfügung stellt, dann müssen wir unsere Stimme deutlich erheben! Aus diesem Grund haben die KZBV und KZVen im Rahmen der Vertreterversammlung im März beschlossen, mit einer Kampagne an die Öffentlichkeit zu gehen, mit der wir die Patientinnen und Patienten über die Konsequenzen der Kostendämpfungspolitik aufklären. Dabei wird es darum gehen, die Verschleierungstaktik des Bundesgesundheitsministers transparent zu machen und die GKV-Versicherten über die fatalen Folgen dieser Gesundheitspolitik für ihre Versorgung zu informieren. Nicht Polemik, sondern Transparenz und Aufklärung sind deshalb unser oberstes Ziel. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem die Auswirkungen auf die Parodontitistherapie, deren Etablierung vor knapp zwei Jahren sicherlich einer der größten Erfolge für die Zukunft der zahnmedizinischen Versorgung darstellt. Dass dieser Erfolg durch die aktuelle Gesundheitspolitik hinfällig werden könnte, ist leider den wenigsten Patientinnen und Patienten bewusst. Aber auch die Auswirkungen auf die Versorgungslandschaft im ländlichen und strukturschwachen Regionen mit all ihren negativen Folgen für die Patientenversorgung wird Gegenstand der Kampagne sein. Mit unserer gezielten Kampagne möchten wir die langfristigen Folgen der Budgetierung verständlich, nachvollziehbar und einprägsam kommunizieren. Dabei wollen wir über die Zahnarztpraxen die Patientinnen und Patienten erreichen. Aus Erfahrung wissen wir seit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, dass wissenschaftliche Erkenntnisse und fundierte Argumente alleine nicht ziehen, manchmal auch als ein Lamento der Zahnärzteschaft abgetan werden. Daher brauchen wir dringend eine breit angelegte Diskussion über die Folgen der Kostendämpfungspolitik, der sich auch ein Minister Lauterbach nicht entziehen kann. Wir haben ein enges Zeitfenster, denn die Gesetzgebungspläne des Ministers sind in vollem Gange. Wir werden diese Zeit nutzen, um unsere erfolgreiche präventionsorientierte Zahnmedizin im Sinne einer besseren Patientenversorgung zu schützen und eine Perpetuierung einer vollkommen verfehlten Kostendämpfungspolitik im zahnärztlichen Bereich zu verhindern. Das kann allerdings nur ein Erfolg werden, wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Ihrem gesamten Praxisteam diese Kampagne aktiv unterstützen, tatkräftig mitarbeiten und sie in Ihren Praxen an die Patientinnen und Patienten herantragen. Ihre KZVen und die KZBV werden Sie in den kommenden Wochen über die konkreten Maßnahmen informieren. Machen Sie mit, wir brauchen Sie! Martin Hendges Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Zeit, die Stimme zu erheben 6 | LEITARTIKEL Foto: Jan Knoff, KZV-Baden-Württemberg

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8 | POLITIK zm113 Nr. 09, 01.05.2023, (698) FINANZIERUNG DER TI-INFRASTRUKTUR Verhandlungen mit den Krankenkassen sind „mit Ansage“ gescheitert Die Verhandlungen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) mit dem GKV-Spitzenverband zur Finanzierung der Telematikinfrastruktur (TI) sind gescheitert. Das gab die KZBV bekannt. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) habe von vorneherein kaum Platz für Verhandlungen gelassen. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) informierte entsprechend. Zum Hintergrund: Das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) vom Dezember 2022 sieht unter anderem vor, dass vertragsärztliche und vertragszahnärztliche Praxen ab dem 1. Juli 2023 eine monatliche Pauschale für die Ausstattung und den Betrieb der TI erhalten. Schon die aktuellen Pauschalen sind zu knapp bemessen Höhe und Berechnung der Pauschale sollten der GKV-Spitzenverband mit der KZBV und der KBV in ihren jeweiligen Vereinbarungen bis zum 30. April festlegen. Das ist nicht gelungen. Schon die aktuellen Pauschalen sind zu knapp bemessen. „Die Verhandlungen sind mit Ansage gescheitert“, erklärte der stellvertretende KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Karl-Georg Pochhammer. Mit dem Ziel, die Kosten zu senken und der Option, die Vereinbarung im nun eingetretenen Fall selbst vorzugeben, habe das BMG von vornherein kaum Platz für Verhandlungen gelassen. „Die Verhandlungen waren nur ein politisches Feigenblatt“, kritisierte Pochhammer und betonte in diesem Zusammenhang, dass die niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzte der Digitalisierung generell offen gegenüberstehen, weil sie sich davon Arbeitserleichterungen versprechen. Die bisher aber schlecht gemachte Umsetzung hätten jedoch das Vertrauen in die TI erschüttert. Industrie wird nicht in die Pflicht genommen Pochhammer: „Die Kassenseite hat einen Vorschlag eingebracht, der eine weitere Kostenbelastung der Praxen mit sich gebracht hätte. Schon die aktuellen Pauschalen sind zu knapp bemessen und führen in vielen Fällen dazu, dass Praxen auf Kosten sitzenbleiben.“ Eine Deckelung der Pauschalen wie von den Krankenkassen angestrebt, würde diesen Effekt noch einmal verschärfen, so Pochhammer. Generell sei die KZBV zudem zutiefst skeptisch, Die Verhandlungen mit dem GKVSpitzenverband zu einer gemeinsam getragenen Lösung bei der Finanzierungsvereinbarung zur Telematikinfrastruktur (TI) sind gescheitert. Foto: MQ-Illustrations – stock.adobe.com

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10 | POLITIK/NACHRICHTEN zm113 Nr. 09, 01.05.2023, (700) dass sich die Industrie bei ihrer Preisbildung an von der Selbstverwaltung vereinbarte Pauschalen halte. Die Pläne würden nicht funktionieren, weil der Markt im Bereich der TI-Anwendungen nicht funktioniere. Aber anstatt die Industrie in die Pflicht zu nehmen, würden die Zahnarztpraxen zur Kasse gebeten, indem sie noch weniger Geld für die Ausstattung und den Betrieb der TI erhalten sollen. Inzwischen wurde bekannt, dass die neue monatliche Pauschale für den Anschluss und Betrieb der TI zum 1. Juli bei den Vertragsärzten ankommen soll. Falls bis Ende April keine Einigung zustande gekommen sein sollte, wird das BMG über die Höhe der Pauschale entscheiden. Dazu hat es laut Gesetz bis spätestens 30. Juni Zeit. Das gilt auch für die Pauschale der Vertragszahnärzte, für die Informationen derzeit noch ausstehen. pr KONNEKTORENAUSTAUSCH WAR NOTWENDIG Wie aus einer Antwort der Bundesregierung (Drucksache 20/6266 vom 30. März 2023) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (Drucksache 20/5879 vom 2. März 2023) hervorgeht, wurden bisher 31.860 Konnektoren der Firma KoCo Connector GmbH (KocoBox Med+) der Hardwareversion 2.0.0 ausgetauscht. Notwendig geworden war der Austausch, weil Sicherheitszertifikate in den Konnektoren ausgelaufen waren oder drohten, auszulaufen. Angesichts der Tatsache, dass bereits im September 2022 die ersten Zertifikate abliefen, hätten die Gesellschafter der gematik einen Tausch der im Einsatz befindlichen Konnektoren bei Ablauf der gerätespezifische Sicherheitsmodulkarte Typ K (gSMC-K)-Zertifikate als einzig durchzuführende Alternative beschlossen. In der Gesamtschau seien nach Einschätzung der Gesellschafter die zu diesem Zeitpunkt mit der gSMC-K-Laufzeitverlängerung verbundenen Risiken und Kosten so hoch gewesen, dass der Tausch die sicherste und wirtschaftlichste Lösung gewesen sei, betont die Bundesregierung in ihrer Antwort. Gleichzeitig seien im Dialog mit den Herstellern weitere Alternativen zum Konnektortausch eruiert worden, teilt die Bundesregierung mit. Damit hätten valide Alternativen (Laufzeitverlängerung der Gerätekarte gSMC-K, Rechenzentrumslösungen) für die Zukunft aufgezeigt werden können. Die Gesellschafter hätten dann auf dieser Basis beschlossen, zusätzliche Wege zu ermöglichen, um künftig einen flächendeckenden Austausch der Konnektoren zu vermeiden. Die Bundesregierung geht in ihrer Antwort auch auf das Finanzierungsmodell für die Ausstattung und den Betrieb der Komponenten und Dienste der TI ein. Jenes habe sich nicht bewährt, heißt es dort. Marktmechanismen hätten sich so nicht hinreichend entfalten können. Mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz sei die Umstellung auf Zahlung einer monatlichen TI-Pauschale an die Leistungserbringer ab dem 1. Juli 2023 festgelegt worden. Dasdurch werde für die Leistungserbringer ein Anreiz geschaffen, die Produkte beim wirtschaftlichsten Anbieter zu erwerben. Auf Seiten der Hersteller und Anbieter wiederum entstehe dadurch ein Anreiz, im Wettbewerb zu bestehen. Dies wiederum schaffe Innovationsanreize, die sowohl Effizienzgewinne als auch Produktoptimierungen beförderten, so die Bundesregierung. ZUM ARTIKEL „TERMINMANAGEMENT MIT TÜCKEN“ Doctolib war nur eine Möglichkeit, in Berlin einen COVIDImpftermin zu vereinbaren In der zm 7/2023 haben wir unter dem Titel „Terminmanagement mit Tücken“ über Beschwerden berichtet, die bei der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BlnBDI) über Docolib eingangen sind (siehe QR-Code). Dabei ist uns ein Fehler unterlaufen. In der gedruckten Version des Textes hieß es fälschlicherweise: Wer sich in Berlin gegen Corona impfen lassen wollte, musste den Termin im Impfzentrum über Doctolib vereinbaren. Richtig ist: Die Terminbuchung über den umstrittenen Dienstleister war optional. Alternativ gab es in Berlin auch die Möglichkeit, einen Impftermin telefonisch zu vereinbaren. Außerdem ergänzte Doctolib nach Erscheinen des Artikels die Angabe des Berliner Senats, wonach die Daten der Impflinge entsprechend der ärztlichen Dokumentationspflicht maximal zehn Jahre gespeichert werden. Doctolib schreibt: „Da inaktive Benutzerkonten nach 3 Jahren automatisiert gelöscht werden, werden auch die im Zusammenhang mit der Anlegung dieser Konten erhobenen Daten zu diesem Zeitpunkt gelöscht. Auch hier gilt: Nutzer können ihre Daten zu jedem Zeitpunkt eigenständig verwalten und löschen. Es gibt eine automatische Voreinstellung von 3 Jahren, die Einrichtung kann aber selbst entscheiden, ob sie eine andere Dauer einstellen möchten.“ NEWS

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zm113 Nr. 09, 01.05.2023, (702) 12 | ZAHNMEDIZIN STUDIE ZU DEN URSACHEN UND ZUR VERMEIDUNG VON BEHANDLUNGSFEHLERN Zahnärzte sind auch nur Menschen Jedem Menschen unterlaufen täglich rund sieben Fehler. Meist geht es um einfache Dinge: Wir vergessen etwas oder schließen die Tür nicht ab. Im Unterschied dazu können Behandlungsfehler die Patientensicherheit gefährden und weitreichende Folgen haben. Die Ursachen sind meist ähnliche wie bei kleinen Missgeschicken. Eine Studie zeigt, dass schon einfache Maßnahmen dazu beitragen, das Risiko für Behandlungsfehler deutlich zu senken. Der häufigste Behandlungsfehler in der Zahnmedizin ist die Extraktion eines falschen Zahns, am häufigsten ist hier der erste Molar betroffen, der anstelle des zweiten Milchmolaren gezogen wird [Brennan et al., 2023]. Dicht darauf folgen Verschreibungsfehler. Generell ist die (Oral-) Chirurgie ein Fachbereich, in dem besonders leicht Fehler auftreten können. Die meisten Fehler werden im Vorfeld „vorbereitet“ Dabei sind die Ursachen für die meisten Fehler oftmals nicht nur in der Behandlungssituation an sich zu finden, sondern werden bereits im Vorfeld „vorbereitet“. Klassisch ist beispielsweise im Falle einer Extraktion eines falschen Zahns ein ohnehin schon übervoller Terminplan, der durch ungeplante SchmerzpatientInnen schlichtweg platzt, sowie eine schlechte Dokumentation oder unklar formulierte Überweisungen. Diese Vorbedingungen bilden „ideale“ Voraussetzungen für Behandlungsfehler. Die AutorInnen führen hier das „Schweizer Käsemodell“ an: Eine Reihe von „Löchern“ in unterschiedlichen Schichten, die für das Versagen auf verschiedenen Ebenen stehen, können am Ende zu einem Behandlungsfehler führen. Die erste Schicht könnte ein grundsätzlich schlechtes Management einer Praxis oder ein falscher Führungsstil sein. Ein Versagen der zweiten und dritten Schutzebene, die beispielsweise eine schlechte Supervision oder andere schlechte Rahmenbedingungen („Vorbedingung für unsichere Handlungen“) darstellen, machen schließlich den Weg für eine fehlerhafte Handlung des Zahnarztes oder der Zahnärztin frei. Wichtig ist also, die letzte und beeinflussbare Schutzbarriere zu stärken. Ein Pilot, fliegt die Strecke – ein Kollege landet Im Fokus der Arbeit um Peter A. Brennan vom Portsmouth Hospitals University NHS Trust und seinen KollegInnen stehen deshalb vor allem die menschlichen Faktoren (human factors), die zu Behandlungsfehlern führen können. Ein großer Faktor, der die Leistung eines jeden einzelnen Teammitglieds negativ beeinflussen kann, ist Müdigkeit, die von Erschöpfung abgegrenzt werden muss. Während Müdigkeit allein durch Schlaf zu beheben ist, kann Erschöpfung auf einer multifaktoriellen Genese basieren und sowohl akut als auch chronisch sein. Dazu beitragen können den AutorInnen zufolge „lange Arbeitstage, endlose Aufgaben, ständiger EMail-Verkehr [und] zu wenig Auszeiten von der Arbeit.“ Sie führen einen Vergleich mit der Luftfahrt an: Ein Pilot, der die gesamte Strecke geflogen ist, wird das Flugzeug nicht landen, sondern von seinem Kollegen oder seiner Kollegin abgelöst werden. Auch sind die Arbeitszeiten im Flugverkehr sehr streng reglementiert – was in starkem Gegensatz zum zahnärztliches Praxisalltag steht, wo Überstunden selten zu vermeiden sind. Was die Leistung eines Menschen erheblich beeinflussen kann, sind zudem die Flüssigkeitszufuhr, die Ernährung sowie Ruhe- und Erholungsphasen. Schlüssel verloren? Kommt vor, ist aber nicht tragisch. In der Medizin haben Fehler dagegen oft dramatische Folgen. Foto: New Africa_adobe.stock.com

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14 | ZAHNMEDIZIN Wer zu wenig trinkt, kann demnach schläfrig werden, Kopfschmerzen bekommen, ungeduldig oder sogar apathisch werden. Die AutorInnen erklären, dass schon ein bis zwei Kilogramm Wasserverlust – zum Beispiel durch Transpirieren in Schutzkleidung – die kognitive Leistungsfähigkeit um bis zu ein Fünftel herabsetzen kann. Auch eine gesunde und regelmäßige Nahrungsaufnahme ist essenziell für die Leistungsfähigkeit. Pausen sollten auch dazu dienen, regelmäßig und ausreichend zu essen und zu trinken. Darüber hinaus erhöhen sie die Konzentrationsfähigkeit und sollten deshalb in den Arbeitsalltag integriert werden. Auch Stress und negative Emotionen können die Leistung negativ beeinflussen. Auf Teamebene sind das Situationsbewusstsein und die Kommunikation wichtige Faktoren, die das Risiko von Behandlungsfehlern erhöhen können. Ersteres beschreibt die Wahrnehmung dessen, was gerade in der Umgebung passiert, während man einer bestimmten Tätigkeit nachgeht, etwa einer Zahnextraktion. Auch Veränderungen der Situation sollten erkannt und eingeordnet werden können. Ein Verlust des Situationsbewusstseins erhöht die Fehleranfälligkeit. Gleiches gilt für eine insuffiziente Kommunikation. Diese kann insbesondere durch Masken oder weitere Schutzausrüstung erschwert werden, weil neben einer eingeschränkten Akustik auch das Lesen von Gestik und Mimik deutlich erschwert ist. Starke Hierarchien begünstigen zusätzlich Fehler, weil sie dazu führen können, dass Mitarbeitende Bedenken nicht geradeheraus äußern. Ein positives Betriebsklima und Arbeitsumfeld tragen in hohem Maße dazu bei, die Patientensicherheit zu erhöhen. In einem gut eingespielten, funktionierenden Team können die einzelnen Mitglieder sich gegenseitig unterstützen, beobachten und vor Fehlern bewahren. Deshalb empfehlen die AutorInnen, regelmäßig – am besten täglich – kurze Teambesprechungen zu Beginn und, wenn möglich, auch am Ende eines Arbeitstages. Inhalte könnten die an diesem Tag anstehenden Behandlungen und Abläufe sein. Auch Pausenzeiten könnten in diesem Rahmen schon für den gesamten Tag festgelegt werden, um dem Team ausreichende Regenerationsmöglichkeiten zuschaffen. Alle Mitarbeitenden sollten in den Meetings dazu angehalten werden, ihre Meinung oder etwaige Probleme zu äußern. Beispielhaft führen die AutorInnen folgenden Satz an: "Bitte sprechen Sie mich oder ein anderes Teammitglied an, wenn Sie irgendwelche Bedenken bezüglich dessen haben, was sie oder ich tun, oder wenn Ihnen etwas nicht ganz richtig erscheint". Eine Besprechung am Ende des Arbeitstages könnte dazu dienen, Abläufe zu hinterfragen und effektiver zu gestalten, aber auch, Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden zu äußern. Weitere (kleinere) Maßnahmen können sich positiv auf das Team und dessen Leistungsfähigkeit auswirken, wie das Angebot von gesunden Snacks (wie eine Obstschale), das Einhalten von (vorgeplanten) Pausenzeiten, gegenseitige Rücksichtnahme und das Wiederholen von wichtigen Arbeitsanweisungen, um sicherzustellen, dass diese verstanden und aufgenommen wurden. „Kurze Pausen, die möglicherweise nur wenige Minuten betragen, können einen Unterschied machen, und insbesondere die Bestätigung klinischer Entscheidungen oder die Infragestellung einer Handlung eines Kollegen ist nicht nur nützlich, sondern kann auch einen Fehler verhindern", betonen die WissenschaftlerInnen. Zusätzlicher Stress durch erhöhten Zeitdruck oder ein unerfahrenes Team sollte indes unbedingt vermieden werden. Auch für das gesamte Team zur Verfügung stehende Checklisten für wiederholte Abläufe können helfen, wichtige Punkte nicht zu vergessen. nl Originalstudie: Brennan PA, Hardie J, Oeppen RS. Applying human factors to improve patient safety, morale and team working for oral pathology and medicine specialists. J Oral Pathol Med. 2023 Jan 11. doi: 10.1111/jop.13404. Epub ahead of print. PMID: 36629843. zm113 Nr. 09, 01.05.2023, (704) CIRS DENT Überall dort, wo Menschen arbeiten, entstehen Fehler – da sind auch Zahnärzte und Zahnärztinnen keine Ausnahme: Abläufe funktionieren nicht immer so, wie es sein sollte, Diagnosen sind manchmal nicht einfach zu stellen, Geräte und Hilfsmittel zeigen Schwächen. Aus „unerwünschten Ereignissen“ kann man jedoch lernen, es künftig besser zu machen. Hilfreich ist dabei auch der Erfahrungsaustausch mit KollegInnen. Über das internetbasierte Berichts- und Lernsystem der Bundeszahnärztekammer und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung „CIRS dent – Jeder Zahn zählt!“ (CIRS = Critical Incident Reporting System) können ZahnärztInnen Fallberichte von KollegInnen lesen und auch selbst vollkommen anonym eigene Berichte einstellen. Die eingesandten Berichte werden von einer Fachredaktion geprüft und gegebenenfalls bearbeitet. Daten, die eine Rückverfolgung auf die Praxis oder den Patienten ermöglichen würden, werden entfernt und die Berichte erst danach veröffentlicht. FOLGENDE SITUATIONEN SIND DAFÜR PRÄDESTINIERT, BEHANDLUNGSFEHLER HERVORZURUFEN: „ Hohe körperliche oder geistige Arbeitsbelastung „ Multitasking, insbesondere wenn eine Aufgabe intensive Konzentration erfordert „ Aufgaben, die eine „untypische“ Reaktion erfordern oder unerwartete Aufgaben „ Unterbrechungen und Ablenkungen, insbesondere während Konzentrationsphasen „ Rückkehr zu einer Aufgabe, nachdem man zu etwas Anderem gewechselt hat „ Veränderungen in der Arbeitsumgebung oder in einem unbekannten Team

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16 | POLITIK INTERVIEW MIT BZÖG-CHEFIN DR. ILKA GOTTSTEIN „Immer noch gibt es Kinder, die keine eigene Zahnbürste besitzen!“ Allmählich könnte die Gruppenprophylaxe in Kitas und Grundschulen wieder durchstarten, aber es geht schleppend voran. Was die zahnärztlichen Dienste wirklich brauchen, worauf sie in Zukunft setzen und warum der Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst für sie so wichtig ist: Dr. Ilka Gottstein, erste Vorsitzende des Bundesverbandes der Zahnärztinnen und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BZÖG), im Gespräch mit den zm. Wo stehen die Zahnärztlichen Dienste nach dem Ende der Pandemie-Auflagen? Dr. Ilka Gottstein: Mit Beendigung der Corona-Auflagen sind auch die zahnärztlichen Kolleginnen und KollegenimÖffentlichen Gesundheitsdienst von ihren Sonderaufgaben entbunden worden und haben wieder ihre originären Aufgaben übernommen. So wurden die Vorsorgeuntersuchungen in den Settings Kindertagesstätte und Schule endlich wieder bundesweit aktiviert – doch leider läuft die Wiederaufnahme der Maßnahmen in den Kitas selbst oft schleppend. Viel Überzeugungs- und Motivationsarbeit seitens aller Akteure (zahnärztliche Dienste des ÖGD, Patenschaftszahnärztinnen und -zahnärzte mit ihren Teams und die Prophylaxefachkräfte der Landesarbeitsgemeinschaften) ist nun gefragt, um die Situation zu verbessern. Besonders das so wichtige (möglichst tägliche) Zähneputzen in den Einrichtungen ist nicht mehr selbstverständlich. Ein gravierendes Problem: In fast allen Kitas gibt es inzwischen einen chronischen Personalmangel bei den Erzieherinnen und Erziehern. Dementsprechend gewachsen sind die Gruppengrößen der Kinder, die eine Umsetzung des gemeinsamen Zähneputzens teils unmöglich werden lassen. Was sind jetzt Ihre größten Herausforderungen bei der Präventionsarbeit in den Settings Kita und Grundschule? Bei Kitas sind oftmals gut gedachte neue pädagogische Ansätze des jeweiligen Trägers für die Gruppenprophylaxe erschwerend, zum Beispiel das „offene Kita-Konzept“, bei dem die Kinder selber Entscheidungen zu verschiedenen Tätigkeiten treffen können. Hier muss mit Feingefühl zusammen mit der Kita an einer gemeinsamen Lösung gearbeitet werden. Oftmals ist jetzt die Betreuung der ganz Kleinen unter zwei Jahren, die vor der Pandemie bereits gut in die Gruppenprophylaxe integriert wurden, eingebrochen. Gestartet wird häufiger erst ab zwei bis drei Jahren mit dem Zähneputzen. Da der erzieherische Standpunkt „Zähneputzen ist Sache der Eltern“ immer wieder Platz für Diskussionen bietet, plädieren wir für eine einheitliche Vorgabe auf Bundes- beziehungsweise Länderebene. Und in den Grundschulen wird das Zähneputzen derzeit nur in wenigen Schulen (oft Ganztagsschulen) regelmäßig angeboten. Auch hier ist das am häufigsten genannte Problem der Personalmangel. Ein viel diskutiertes Thema ist die Steigerung der Mundgesundheitskompetenz: Was kann der ÖGD dazu beitragen? Immer noch gibt es Sechsjährige, die noch nie beim Zahnarzt waren und erstmals bei unseren Vorsorgeuntersuchungen in der Schule untersucht werden. Immer noch gibt es Kinder, die in ihrem häuslichen Umfeld keine eigene Zahnbürste besitzen und deren Sorgeberechtigte keinen Wert auf regelmäßige Zahnpflege und Zahnarztbesuche legen. Diese Kinder haben leider keine Lobby – hier sind wir in der Pflicht, sozialkompensatorisch zu unterstützen. Wir geben Empowerment in puncto Mundgesundheit für viele Bevölkerungsschichten: Kinder, Jugendliche, Sorgeberechtigte, Schwangere, junge Problemfamilien, Menschen mit Handicap und mit Pflegebedarf. Konnte der Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst Ihre Erwartungen erfüllen? Wie sieht ihre Zwischenbilanz aus? Vorgesehen sind im Pakt vier Milliarden Euro im Zeitraum von 2021 bis Ende 2025, die für die personelle Verstärkung des ÖGD und für die Digitalisierung aufgebracht werden sollen. Genaue Zahlen zur bisherigen Zwischenbilanz speziell für die Personalaufstockung der zahnärztlichen Dienste liegen uns noch nicht vor. Fest steht, dass die Umsetzung des Pakts in den einzelnen Bundesländern recht unterschiedlich verläuft. Was die digitale Ausrüstung betrifft, haben wir aber bereits gut profitieren können. Die technische Ausstattung der zahnärztlichen Dienste mit modernsten Geräten wie Laptops, Monitoren und Scannern ist deutlich besser geworden und an der Basis angekommen. Dr. Ilka Gottstein, erste Vorsitzende des Bundesverbandes der Zahnärztinnen und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes Foto: privat zm113 Nr. 09, 01.05.2023, (706)

POLITIK | 17 Was bedeutet es für Sie, wenn der Pakt von der Politik ab 2026 nicht mehr aus Bundesmitteln finanziert wird? Wir vom BZÖG fordern – zusammen mit dem BVÖGD – dass die Finanzierung des neu eingestellten (zahnärztlichen) Personals und der Teams unbedingt weitergehen muss. Viele der mit Hilfe des Pakts neu besetzten Stellen sind befristet - mit allen damit verbundenen Unwägbarkeiten. Wir sind gerade dabei, aktuelle Zahlen dazu zusammenzutragen und auszuwerten, um konkretere Aussagen treffen zu können. Welche Aufgaben stehen bei Ihnen auf der Agenda? Ein wichtiger Punkt ist die Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Öffentliches Gesundheitswesen. Leider ist sie noch nicht in allen Bundesländern in der Weiterbildungsordnung etabliert. Dies sollte sich zeitnah ändern, damit Interessierte die Weiterbildung auch in ihrem Kammerbereich absolvieren können. Ein weiteres Thema, das gerade durch die Pandemie wieder an Brisanz gewonnen hat, ist die dentale Vernachlässigung (dental neglect). Da diese Thematik viele Kolleginnen und Kollegen bewegt, haben wir im März dieses Jahres eine Arbeitsgruppe „Kinderschutz“ im BZÖG gegründet. Wir sind bereits mit der Deutschen Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (DGKIM) im Gespräch und werden beratende Unterstützung bekommen. Derzeit tragen wir im Bundesverband zusammen, welche Ansätze es zu strukturiertem Vorgehen bei Verdacht auf dentale Vernachlässigung in den Bundesländern gibt. Auf der Agenda stehen ebenso Aspekte der Nachhaltigkeit. Wir stehen in den Ämtern noch am Anfang, etwa was den Einsatz von nachhaltigen Materialien und Ressourcenschonung betrifft. Einige Bundesländer und Kommunen sind da aber schon weiter als andere. Und der Klimawandel mit seinen Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung bedarf eines gesamtgesellschaftlichen Ansatzes. Die Verzahnung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes mit der Wissenschaft und dem PublicHealth-Sektor kann bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben eine wichtige Rolle spielen. Stichwort Nachwuchsgewinnung: Was muss geschehen, damit der ÖGD für Zahnärztinnen und Zahnärzte attraktiver wird? Um bereits im studentischen Umfeld Interessenten zu gewinnen, wollen wir die zahnärztliche Tätigkeit im ÖGD und uns als BZÖG bekannter machen. Als Kommunikationsplattform sind hier neben unserer bereits existierenden Homepage die Nutzung von SocialMedia-Kanälen, Hochschulveranstaltungen und die vergünstigte Teilnahme für Studierende an unserem Bundeskongress, den wir gemeinsam mit dem BVÖGD veranstalten, denkbar. Zum Glück gibt es Interesse aus der zahnärztlichen Kollegenschaft, so dass frei gewordene oder neu entstandene Stellen in der Vergangenheit größtenteils besetzt werden konnten. Vorteile einer Tätigkeit im Öffentlichen Gesundheitsdienst sind für viele die geregelten Arbeitszeiten und die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit – was auch die hohe Frauenquote im ÖGD erklären dürfte. Der BZÖG sieht jedoch gerade diese Teilzeitstellen kritisch – im Hinblick auf die Gefahr der Minimierung des Aufgabenspektrums und einer Erschwerung der Weiterbildungsmöglichkeit zum Fachzahnarzt. Immer wieder Diskussionsthema ist auch die Honorierung im öffentlichen Dienst. Aufgrund der sehr unterschiedlichen lokalen Gegebenheiten wird es hier keine einheitliche Lösung geben. Wichtig ist uns, die Attraktivität unserer Tätigkeit bekannter zu machen – neben den aufsuchenden Vorsorgeuntersuchungen in Kitas und Schulen und der sozialkompensatorischen Präventionsarbeit sowie gutachterlichen Stellungnahmen gehören Beratungsangebote für verschiedenste Bevölkerungsgruppen zu unseren Aufgaben. Zunehmend sind wir als Kooperationspartner in Netzwerken gefragt (zum Beispiel im Netzwerk Frühe Hilfen). Ein mit Blick auf die Demografie viel stärker zu fokussierendes Thema ist die Verbesserung der Mundgesundheit bei Seniorinnen und Senioren sowie bei Pflegebedürftigen. Ihre Versorgung nicht nur in Pflegeeinrichtungen, sondern vor allem im häuslichen Umfeld stellt eine große Herausforderung dar. Schulungen zum Erhalt und der Verbesserung der Mundgesundheit nicht nur für Pflegepersonal, sondern auch für pflegende Angehörige könnten zukünftig eine wichtige Aufgabe für den ÖGD darstellen – natürlich nur bei entsprechender ausreichender und finanzierter Personaldecke. Das Gespräch führte Gabriele Prchala. zm113 Nr. 09, 01.05.2023, (707) HINTERGRUND Vom 26. bis 29. April fand in Potsdam der jährliche wissenschaftliche Kongress des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) und des Bundesverbandes der Zahnärztinnen und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BZÖG) statt. Aus diesem Anlass nahm die BZÖGVorsitzende Dr. Ilka Gottstein für die zm eine Standortbestimmung aus Sicht ihres Verbandes vor. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Gruppenprophylaxe in den Kitas gestoppt – die Wiedereinführung der Maßnahme geht jetzt nur schleppend voran. Foto: Sulamith Sallmann - stock.adobe.com

18 | POLITIK URTEIL GEGEN ALIGNER-ANBIETER DRSMILE Österreich verhängt hohe Geldstrafe Das Bezirksgericht Donaustadt in Wien hat per Beschluss eine Strafe von 77.500 Euro gegen DrSmile ausgesprochen. Der zu Straumann gehörende Aligner-Anbieter hatte gegen Auflagen eines gerichtlichen Vergleichs verstoßen. Die Vorgeschichte: Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte 2021 im Auftrag des österreichischen Sozialministeriums gegen die Berliner Urban Technology GmbH, die unter der Marke „Dr Smile“ auftritt, wegen mangelnder Preistransparenz in der Werbung geklagt. Daraufhin kam es am 7. April 2021 vor dem Handelsgericht Wien zu einem Unterlassungsvergleich. Darin verpflichtete sich DrSmile, „es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Österreich zu unterlassen, [...] Ratenzahlungsmodelle [...] unter Hinweis auf eine monatliche Rate (insbesondere: „ab 33 €/Monat“) zu bewerben, ohne klar, prägnant und auffallend anhand eines repräsentativen Beispiels auch den festen Sollzinssatz, den Preis bei Einmalzahlung, den effektiven Jahreszins, die Laufzeit der Ratenzahlungen und den zu zahlenden Gesamtbetrag zu nennen“. DrSmile wollte insbesondere darauf verzichten, Hinweise „lediglich in Fußnoten in kleinerer Schrift“ oder „im nicht unmittelbar räumlichen Zusammenhang mit der blickfangartig herausgestellten Rate“ zu verstecken. Nach Ansicht des VKI verstieß DrSmile gegen diese Auflage 155 mal, weshalb die Verbraucherschützer einen sogenannten Exekutionsantrag stellten. Das Bezirksgericht (BG) Donaustadt gab diesem Antrag statt und verhängte eine Strafe in Höhe von 77.500 Euro gegen den Aligner-Anbieter. Dieser Exekutionsbeschluss ist noch nicht rechtskräftig. Gerügt wird „hartnäckiges Zuwiderhandeln“ Bei der beanstandeten Werbung handelt es sich vor allem um TV-Spots, in denen groß mit „ab 33 € mtl*“ geworben wurde. Der Sternchenhinweis zum effektiven Jahreszinssatz in Höhe von 10,28 Prozent und einem Gesamtpreis von 2.376 Euro wurde dabei nur 2 Sekunden in deutlich kleinerer Schrift eingeblendet, teilt der VKI mit. Akustisch war zudem nur die monatliche Rate zu hören, heißt es weiter. „Einen Hinweis mit weiteren Informationen gab es nicht.“ Das BG Donaustadt schöpfte mit der verhängten Geldstrafe in Höhe von 77.500 Euro das mögliche Strafmaß von bis zu 100.000 fast voll aus. Es begründete die Höhe der Strafe mit der Anzahl der Verstöße und führte an, dass ein hartnäckiges Zuwiderhandeln des Unternehmens vorliege. „Es ist erfreulich, dass das Gericht hier eine recht hohe Strafe verhängt hat“, kommentierte der VKI das Urteil. „Das Unternehmen hat Rekurs gegen den Beschluss eingelegt. Wir hoffen aber, dass die nächste Instanz die Strafhöhe bestätigt, damit die Strafe auch eine entsprechende abschreckende Wirkung entfalten kann“, sagte Dr. Beate Gelbmann, Leiterin der Abteilung KlagenimVKI. DrSmile kommentierte die Situation auf Anfrage wie folgt: „In Folge des gerichtlichen Unterlassungsvergleichs aus dem Frühjahr 2021 haben wir unsere Prozesse im Hinblick auf die Preisgestaltung komplett umgestellt und den gesamten Internetauftritt dahingehend überarbeitet. Dennoch waren in der Folge vereinzelt veraltete Werbemittel im Umlauf, die noch nicht vollumfänglich mit den Regularien übereinstimmten.“ Der VKI kontert, er habe im Exekutionsantrag vorgebracht, dass es allein 153 Verstöße im TV gab – und zwar in der Zeit von 1. April 2022 bis 31. August 2022. „Ob das ,vereinzelte' Fälle sind, mag jede/r selbst beurteilen.“ Immerhin: Der Aligneranbieter gelobt Besserung. Alle Werbemittel seien „mittlerweile geändert“, schreibt er, gibt aber zu bedenken, trotzdem könne es vorkommen, „dass im Einzelfall eine Darstellung als nicht ausreichend transparent angesehen wird.“ Darum werde man in den kommenden Wochen und Monaten weitere Informationen in die Werbemittel integrieren, schreibt DrSmile, „die über das gesetzlich geforderte Maß hinaus für noch mehr Preistransparenz sorgen.“ mg DrSmile hatte sich in einem gerichtlichen Vergleich im April 2021 verpflichtet, in Österreich die Gesamtkosten sowie den Sollzinssatz seines Ratenzahlungsangebots „ab 33€mtl*“ nicht im Kleingedruckten zu verstecken – verstieß aber allein von April bis August 2022 mehr als 150 mal dagegen. Foto: Screenshot zm zm113 Nr. 09, 01.05.2023, (708)

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20 | PRAXIS INTERVIEW MIT PRAXISBERATER CHRISTIAN HENRICI „Die jungen Menschen wollen erst gar nicht in das Hamsterrad!“ Mit der Generation Z kommt ein neuer Schlag ArbeitnehmerInnen in die Praxen. Sie ticken anders, regeln ihr Leben mit dem Smartphone und haben ihren eigenen Kopf, wenn es um Arbeit geht. Welche Vorstellungen und Ansprüche sie an ihre ArbeitgeberInnen haben und wie man sie erfolgreich bindet, erklärt Praxisberater Christian Henrici. Herr Henrici, Sie haben sich intensiv mit der Generation Z in den Zahnarztpraxen beschäftigt. Welche Wünsche, Vorstellungen und Werte haben diese Mitarbeitenden in Bezug auf ihre Arbeit und ihren Arbeitsplatz? Christian Henrici: Aktuelle Umfragen zeigen, dass vor allem Spaß an der Arbeit, das Spüren ihrer Sinnhaftigkeit und Lob und Anerkennung für gute Leistung ganz wichtige Aspekte für die Jungen sind. Anders als bei den Generationen davor hat für sie nicht mehr eine gute Vergütung Priorität. Ganz zentral ist auch der Wunsch nach guten Weiterbildungsmöglichkeiten, also kontinuierlichen Optionen zur Entwicklung. Danach sollte die Chance kommen, das Erlernte im Alltag zu verproben, sprich, die Anwendung der neuen Skills. Eine Art Selbsterfahrung mit dem Augenmerk auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten, weniger auf die monetäre Sache. Ein Job, der ihr Streben nach Selbstverwirklichung unterstützt und sie nicht aufhält, ist für sie ein guter. Auch legen junge Berufseinsteiger Wert auf eine Unternehmenskultur, die offen für frische Ideen und neue Konzepte ist. All diese Aspekte hängen natürlich irgendwo miteinander zusammen. Das bringt durchaus Herausforderungen mit sich: Kommunikation und Führungsstile müssen angepasst werden, die Praxen sollten hier an den Zeitgeist andocken. Man muss sich dabei klarmachen, dass die junge Generation die erste ist, die alles – Kommunikation, Konsum und Sonstiges – über ihr Smartphone erledigt. Das prägt ihr Verhalten. Die Generation Z ist laut Statistischem Bundesamt mit 11,4 Millionen fast so groß wie die Gruppe der Babyboomer mit 12,6 Millionen. Foto: Carlos Barquero - stock.adobe.com zm113 Nr. 09, 01.05.2023, (710)

PRAXIS | 21 Immer schon mussten sich Ältere und Jüngere aufeinander einstellen und zusammenarbeiten. Sie sagen, die meisten Praxisinhaber können die Wünsche und Bedürfnisse dieser Generation nicht richtig einschätzen und in der Folge nicht adäquat auf sie eingehen. Wie meinen Sie das? Haben Sie Beispiele? Da prallen im wahrsten Sinne WerteWelten aufeinander. Die Gen Z ist mitnichten faul oder orientierungslos. Sie geht nur anders an Dinge heran. Allem voran rate ich: Versuchen Sie sich in die jungen Leute hineinzuversetzen. Was bewegt sie, was verunsichert sie, was stärkt sie im Berufsalltag? Ich höre und beobachte zunehmend in den Praxen, die ich betreue, dass da wenig Verständnis, Güte oder Offenheit für die Jüngeren vorhanden sind. Die eigenen Erwartungen, der eigene Arbeitsethos werden auf sie übertragen, obwohl sie anders fühlen und denken. Machen Sie nicht dicht und denken: „Das war bei uns früher anders. So haben wir das nicht gemacht.“ Sicher nicht! Die Zeiten haben sich geändert und mit ihnen die Menschen. Sprechen Sie mit ihnen, signalisieren Sie Interesse, zeigen Perspektiven im Berufsalltag auf und gehen Sie mit, anstatt sie oder sich abzugrenzen. Ich rate konkret zu einer jährlichen Mitarbeiterumfrage und auch dazu, mindestens einmal im Jahr ein Mitarbeitergespräch zu führen, um Feedback zu bekommen. Das hilft, eine Idee von den jüngeren Mitarbeitenden zu erhalten. Und was auch Sinn macht, ist ihnen Aufgaben zu übertragen, die ihnen besonders liegen, wie etwa den Instagram-Kanal zu pflegen und Ideen für dessen Inhalte zu entwickeln. Wie gelingt es, die Gen Z als Nachwuchs zu erreichen? Es sind neue Strategien im Personalbereich notwendig – nicht zuletzt, damit auch für die Zukunft ein Wettbewerbsvorteil gesichert werden kann. Zahnarztpraxen müssen also ihre Mitarbeiter-Akquise überdenken und an die Vorstellungen und Wünsche der aktuellen Generation anpassen. Auch die Ansprache vom Nachwuchs sollte entsprechend adaptiert werden. Diese hat sich natürlich auf die digitalen Kanäle verschoben. Stichwort Branding: Imagefilme oder -postings sind wichtig, die auf Social-Media-Kanälen wie Instagram, TikTok und Facebook sowie auf der eigenen Website oder in Stellenanzeigen hochgeladen werden können. Darin sollten die Werte, die Mentalität und das Arbeitsklima authentisch rüberkommen. Das sehen sich die jungen Leute heute nämlich ganz genau an, fühlen sich bei Probearbeiten sehr penibel ein und zögern nicht, Tschüss zu sagen, wenn sie kein gutes Gefühl haben. Ich zähle hier mal die wichtigsten Punkte auf: Work-Life-Balance: Bieten Sie nach Möglichkeit flexible Arbeitszeiten, an und darüber hinaus vielleicht sogar Remote-Work. Eine Möglichkeit, die Zufriedenheit der jungen Mitarbeiter zu erhöhen, ist es, ihnen Freiheiten bei der Arbeitszeitgestaltung zu geben und dabei Vertrauen in deren Arbeitsmoral zuhaben. Weiterbildungsmöglichkeiten: Die Gen Z ist überaus zukunftsorientiert und möchte sich in ihrem Beruf weiterentwickeln. Dazu gehören regelmäßige Fortbildungen und Schulungen, um ihre Fähigkeiten zu verbessern und auf dem neuesten Stand zu bleiben. Zahnarztpraxen sollten das als Chance sehen und regelmäßig Angebote machen, um zu fördern und Kompetenzen zu erweitern. Hier gibt es inzwischen niedrigschwellige und barrierefreie Fortbildungen, die keinen Rüstaufwand mit sich bringen und jeder Zeit online und damit ortsunabhängig wahrgenommen werden können. Die Einheiten sind heute deutlich kürzer konzipiert, damit die jungen Menschen „dran bleiben“. Also rate ich, bieten Sie das Lernen durchaus in der Arbeitszeit an. Diese Investition wird sich auf lange Sicht auszahlen, weil die Praxis auf dem neuesten Stand bleibt und die Angestellten motiviert und zufrieden sind. Wirklich relevant für die Bindung sind die Aussichten auf Aufstiegsmöglichkeiten. Fragen Sie dafür nach, wie der persönliche Entwicklungsstand empfunden wird und wie er werden soll. Dann ist noch die flexible Arbeitsumgebungwichtig: Die Gen Z ist ja mit Technologie aufgewachsen und legt großen Wert auf eine moderne Arbeitsumgebung, in der sie ihre Arbeit auf die bestmögliche Art und Weise erledigen kann. Die Technologie sollte nicht nur aktuell sein, sondern auch flexibel genug, um den sich ändernden Anforderungen gerecht zu werden. Eine moderne Arbeitsumgebung kann auch dazu beitragen, jüngere Mitarbeitende anzuziehen. Die Gen Z nimmt nämDIE GEN Z KOMMT Für die Generation Z, kurz Gen Z, stehen der Sinn ihrer Arbeit, die Selbstentwicklung und das Erreichen von Zielen an erster Stelle. Das geht aus der Trendstudie „Jugend in Deutschland – Winter 2022/23“ hervor. Die Gen Z sind junge Menschen, die zwischen 1995 und 2012 geboren sind und nun in den Arbeitsmarkt strömen. Sie sind die ersten, die komplett mit den digitalen Medien aufgewachsen und von ihnen maßgeblich geprägt sind. Sie haben ihren Fokus noch stärker auf die Work-Life-Balance gelegt, mit flexiblen Arbeitszeiten und Zeit für Hobbys, Freunde und Familie. Raum für Verwirklichung ihrer Ideen sei ihnen wichtiger, Verlustängste haben sie kaum, heißt es im Fazit der Studie. Für Arbeitgeber gilt: Sie müssen sich auf die neue Generation einstellen, sie abholen und an sich binden. Dipl. Kfm. Christian Henrici ist Gründer und Geschäftsführer der OPTI health consulting GmbH, die nach eigenen Angaben seit 2006 rund 3.000 Zahnarztpraxen in Deutschland beraten hat. Foto: privat zm113 Nr. 09, 01.05.2023, (711)

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