Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 3

ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN I WWW.ZM-ONLINE.DE AUSGABE 03 I 2022 M. MASSETER PARS CORONOIDEA Der übersehene Muskel Impfpflicht: Kündigungen sind nicht sofort notwendig Personal ohne Immunitätsnachweis muss nicht zum 15. März 2022 gekündigt werden, stellt die BZÄK klar. SEITE 12 Vom Abszess im Unterkiefer zur Intensivstation Nach einer Wurzelkanalbehandlung entwickelte sich ein fulminanter Abszess, der eine nekrotisierende Fasziitis initierte. SEITE 26 NDR-Recherche zu Aligner-Start-ups Wie die gewerblichen Anbieter bei der Diagnose- und Behandlungsqualität die etablierten Standards umgehen. SEITE 40 zm1.2.2022, Nr. 3

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zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (157) Historische Momente inzwischen ernst gemacht und die allgemeine Impfpflicht beschlossen – als erster Staat in Europa. Auf der anderen Seite nimmt das Thema Impfungen durch Zahnärztinnen und Zahnärzte deutlich Fahrt auf. Die ersten haben inzwischen alle erforderlichen Schulungen absolviert und sind jetzt impfberechtigt – wobei dies erst einmal nur in Impfzentren möglich sein wird. In Brandenburg konnte ich eine der beiden praktischen Schulungen der Landeszahnärztekammer begleiten. Rund 140 Zahnärztinnen und Zahnärzte haben dort in komprimierter Form erfahren, wie sie die Patienten aufklären, richtig dokumentieren, die Impfstoffe aufbereiten und mit möglichen Impfreaktionen umgehen müssen. Die schon öfter gehörte Aussage „Wozu soll ich noch eine ärztliche Schulung machen?! Eine Spritze setzen kann ich ja wohl!“ wurde in dem Kurs relativiert, denn es gab bei den Teilnehmenden doch nicht wenige Aha-Momente – oder anders gesagt, eine in den Schultermuskel applizierte Impfung ist dann doch nochmal eine andere Baustelle als das, womit Zahnärztinnen und Zahnärzte tagtäglich zu tun haben. Der Kursleiter sprach gar von einem „historischen Moment“. Denn erstmals dürften jetzt in Deutschland Zahnmedizinerinnen und -mediziner selbstständig impfen. Bei aller Vorsicht mit Superlativen – bei näherer Betrachtung ist da etwas dran. Und selbst wenn die Zahnärzteschaft im Kampf gegen die Corona-Pandemie nicht zum Game-Changer wird, eine deutliche Aufwertung des Berufsbildes ist es allemal. Viel Spaß bei der Lektüre. Sascha Rudat Chefredakteur Das Corona-Impfkarussell dreht sich munter weiter. Vor allem die einrichtungsbezogene Impfpflicht, die ab dem 16. März gilt, sorgt für Verwirrung, Aufregung und Ärger. Viele Praxisinhaberinnen und -inhaber fragen sich, wie sie arbeitsrechtlich mit Angestellten umgehen sollen, die zum 15. März keinen gültigen Immunitätsnachweis vorlegen. Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) hat nun klargestellt, dass nach jetziger Gesetzeslage keine sofortige Kündigung erfolgen muss. Nach einer verpflichtenden Meldung an die zuständigen Gesundheitsbehörden müssen diese erst ein Beschäftigungs- beziehungsweise Tätigkeitsverbot für die betroffenen Personen aussprechen, bevor arbeitsrechtliche Maßnahmen erforderlich sind. Ob und wann ein derartiges Verbot dann erfolgt – gute Frage. Nun bringt diese Einschätzung der BZÄK ein wenig mehr Klarheit in die gültige Rechtslage, wirklich Ruhe wird damit in viele Praxen sicher nicht einziehen. Das bekommen schon jetzt viele Kammern und KZVen zu spüren. In Sachsen haben sich die dortigen zahnärztlichen Institutionen an den Ministerpräsidenten gewandt, um ihrer Sorge Ausdruck zu verleihen, dass es zu Versorgungsengpässen kommen könnte – sei es durch impfunwillige Praxisinhaber und/oder fehlendes Personal. Wie ernst viele mit dem angedrohten Jobwechsel machen werden, wird man sehen. Ein Blick nach Italien, wo seit dem vergangenen Frühjahr eine Impfpflicht im Gesundheitswesen besteht, zeigt, dass der große Kollaps ausgeblieben ist. Die sächsischen Standesorganisationen haben sich stattdessen für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen, weil dann ein Jobwechsel nicht ausreiche, sich der Impfpflicht zu entziehen, so die Begründung. Ähnlich argumentieren auch die BZÄK, die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK), die in einer gemeinsamen Erklärung dafür plädieren, eine schnellstmögliche Entscheidung zur allgemeinen Impfpflicht zu fällen, „damit die bestehenden Unsicherheiten, mit denen Praxen zu kämpfen haben, möglichst gut zu bewältigen sind“. Gleichzeitig wird begrüßt, dass es sich die politischen Institutionen mit einer Entscheidung zur allgemeinen Impfpflicht nicht leicht machen, sondern diese gründlich überdenken. Allerdings blickt man auch als intensiver Beobachter des politischen Geschehens kaum noch richtig durch, ob, wann und welche Art von Impfpflicht kommen könnte. Wiederholt wurde auch eine altersbezogene Impfpflicht ins Spiel gebracht, die für die Praxen sicherlich keine Erleichterung bringen würde. In Österreich hat man Foto: Lopata/axentis EDITORIAL | 03

zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (158) Inhalt MEINUNG 3 Editorial 6 Leitartikel ZAHNMEDIZIN TITELSTORY 18 Studie aus Basel Neue Muskelschicht des M. masseter entdeckt 26 Der besondere Fall mit CME Vom Abszess im Unterkiefer zur Intensivstation 34 Zahnerhaltung in Form von Wundheilung Resorption am avulsierten Zahn 11 einer Siebenjährigen 52 Aus der Wissenschaft Regenerieren statt Extrahieren: gute Prognose für „hoffnungslose“ Zähne 58 Aktuelle Zahlen des Robert Koch-Instituts 500.000 Krebs-Neuerkrankungen in Deutschland 66 Schwellung der Mundschleimhaut Gingivawucherung entpuppt sich als leukämische Zellinfiltration POLITIK 10 Kein Corona-Bonus für ZFA „Auch wir sind systemrelevant!“ 12 Einführung der Impfpflicht im Gesundheitswesen Ohne Immunitätsnachweis muss nicht sofort gekündigt werden 14 Impfpflicht im Gesundheitswesen In Sachsen und Thüringen fürchtet man negative Folgen 16 Querdenker-Partei macht mobil So versucht dieBasis Ärzte vom Impfen abzuhalten 22 Urteilsbegründung des BGH Darum haben Ärzte und Zahnärzte keinen Anspruch auf Löschung bei jameda 40 NDR-Recherche So arbeiten gewerbliche Aligner-Start-ups! 44 Frauen in der Standespolitik Willkommen im (Männer-)Club Foto: Magdalena Ibing 34 Resorption am avulsierten Zahn 11 Nach 18 Monaten hat sich die Prognose für den Schneidezahn dramatisch verbessert. 48 Yoga-Pausen für den zahnärztlichen Alltag In nur fünf Minuten zu einer besseren Haltung und zum inneren Gleichgewicht. Foto: Lennart Maximilian Uhrenbacher Titelfoto: Mezey, Türp 04 | INHALTSVERZEICHNIS

zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (159) PRAXIS 24 Praxisführung in CoronaZeiten So halten Sie Ihr Team bei der Stange! 30 Stippvisite bei der Praxis Dentiland Ein märchenhafter Zahnarztbesuch 48 Tipps einer Zahnärztin Mit fünf Minuten Yoga zur Entspannung GESELLSCHAFT 54 zm-Serie „Karrieren im Ausland“ Von Hersfeld an die University of Pennsylvania – die Erfolgsgeschichte des Max Oppenheim 64 Dr. Eckart von Hirschhausen wird Honorarprofessor in Marburg „Kleine Gesten machen einen großen Unterschied“ 72 Daylight for all „Im Syrienkrieg galt mein hippokratischer Eid als unethisch“ MARKT 89 Neuheiten RUBRIKEN 8 Nachrichten 60 Termine 62 Formular 74 Bekanntmachung 94 Impressum 114 Zu guter Letzt Foto: Ben Kastl 30 EIne Zahnarztpraxis wie im Märchen Dr. Anne Heinz bringt in ihrer Praxis Dentiland mit Elsa, Nemo und Alice im Wunderland (traumatisierte) Kinderaugen zum Leuchten. TITELSTORY 18 Neue Muskelschicht des M. masseter entdeckt Forschende der Universität Basel haben erstmals die Pars coronoidea detailliert beschrieben. Müssen jetzt die Lehrbücher geändert werden? Foto: Mezey, Türp INHALTSVERZEICHNIS | 05

Die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens sollte nach dem Willen unseres ehemaligen Gesundheitsministers Jens Spahn bekanntermaßen auf Biegen und Brechen vorangetrieben werden. Auch das Auftreten einer weltweiten Pandemie mit massiven Auswirkungen auf deutsche Kliniken, Arztund Zahnarztpraxen konnte Spahns dynamisches Bestreben nach einer möglichst schnellen und vollständigen Implementierung der Telematikinfrastruktur (TI) nicht bremsen – wobei man anmerken muss, dass in der Zeit vor Spahn viel versäumt wurde, das es nachzuholen galt. Die von dieser Entwicklung betroffenen Personen – neben den Patienten vor allem die Ärzteschaft und die Zahnärzteschaft – wurden zwar gefragt, kritische Rückmeldungen bekamen aber schnell das Etikett „Bedenkenträger“ aufgedrückt. Eine vermeintliche Fortschrittsfeindlichkeit wurde dann gerne ins Feld geführt. Dass man seitens der Politik Zahnärztinnen und Zahnärzten, die vielerorts tagtäglich mit hochmoderner Technik professionell arbeiten, gerne mal Rückwärtsgewandtheit unterstellt, wäre fast zum Lachen, wäre es nicht so traurig. Die Zahnarztpraxen haben vielmehr, vergleicht man die Berufsgruppen, die höchste Anschlussquote an die TI und sind die Nummer 1 bei der Ausstattung mit den eHealth-Anwendungen der TI. Unter der Führung von Spahns frischgebackenem Nachfolger Karl Lauterbach hat das Bundesgesundheitsministerium nun kurz vor Weihnachten die Gesellschafter der gematik darüber informiert, dass die für den 1. Januar 2022 gesetzlich vorgegebene verpflichtende Einführung der elektronischen Arzneimittelverordnung (E-Rezept) abgesagt wird. Begründung: Die Ergebnisse bisheriger Tests seien unzureichend und die flächendeckende technische Verfügbarkeit der TelematikAnwendung bislang nicht erreicht. Das E-Rezept soll zunächst weiter getestet werden, bevor es in der Versorgung flächendeckend umgesetzt wird. Besser spät als nie, kann man da nur sagen. Die KZBV hat die richtige Einsicht des gematik-Mehrheitsgesellschafters BMG außerordentlich begrüßt. Mit dieser „Notbremse“ schließt sich die neue Spitze des Hauses noch rechtzeitig der vielfach und gemeinsam eingebrachten Auffassung der übrigen gematikGesellschafter an. Die KZBV hatte zuvor wiederholt mit aller Deutlichkeit auf einen Stopp gedrängt. Denn die bisherigen Feldtests in der Fokusregion Berlin-Brandenburg waren auch nach der bundesweiten Ausdehnung bei Weitem nicht aussagekräftig genug. Das Risiko eines von Fehlern und Pannen begleiteten Starts des E-Rezepts wäre völlig unkalkulierbar gewesen. Die KZBV hat sich erneut dafür ausgesprochen, die weitere Testung erst dann zu beenden, wenn diese nachweislich erfolgreich war. Dafür müssten transparente Qualitätskriterien vorgesehen werden, die nicht nur jeder Anbieter, sondern auch die gesamte Prozesskette erfüllen muss. Für mich steht fest: Das E-Rezept darf erst nach erwiesener Praxistauglichkeit für den Regelbetrieb in die Praxen kommen. Das große Dilemma der TI ist, dass sie auch vier Jahre nach Beginn des Rollouts in erster Linie ein Versprechen geblieben ist, die gesundheitliche Versorgung der Menschen in Deutschland zu verbessern. Ein Versprechen, dass sie in Zukunft sicherlich noch einlösen wird. Die TI wird nur dann genutzt, wenn sie allen Beteiligten einen erkennbaren Mehrwert bei guter Bedienbarkeit und hoher Sicherheit bietet. Das sind die Voraussetzungen für einen Erfolg und nicht die Androhung von Sanktionen bei immer höherer Schlagzahl. Eine schrittweise Einführung muss deshalb auch die Grundlage für die Einführung der sogenannten TI 2.0 sein, die bis Ende 2025 das bisherige eigenständige, geschlossene Gesundheitsnetz ablösen soll. Bisher ist der neue Bundesgesundheitsminister Lauterbach vor allem mit der Bekämpfung der CoronaPandemie befasst. Wie er sich in Sachen Digitalisierung aufstellen wird, ist noch nicht absehbar. Wir als Vertretung der Vertragszahnärzteschaft stehen bereit, die TI gemeinsam voranzubringen. Aber das gelingt nur mit und nicht gegen uns. Dr. Karl-Georg Pochhammer Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Foto: KZBV/Knoff Nur mit und nicht gegen uns 06 | LEITARTIKEL

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zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (162) STATEMENT VON BZÄK, KZBV UND DGZMK ZAHNÄRZTE BEGRÜßEN SCHNELLSTMÖGLICHE ENTSCHEIDUNG ZUR IMPFPFLICHT Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) begrüßen eine baldmögliche Entscheidung zur allgemeinen Impfpflicht, damit für alle Beteiligten Klarheit geschaffen wird und bestehende Unsicherheiten, mit denen die Praxen zu kämpfen haben, möglichst gut zu bewältigen sind. Eine allgemeine Impfpflicht kann durch eine erhöhte Immunisierung der Gesamtbevölkerung den Schutz von besonders vulnerablen Patientengruppen wie ältere oder pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit einer Beeinträchtigung erhöhen und insgesamt einen schnelleren Weg für Alle aus der Pandemie und den mit ihr einhergehenden Beschränkungen ebnen“, schreiben die Organisationen in einer gemeinsamen Mitteilung. Abwanderung in andere Berufe würde hinfällig Zudem könne eine solche Impfpflicht dazu beitragen, bestehende Herausforderungen und Probleme zu bewältigen, die manche Zahnarztpraxis mit der derzeit einrichtungsbezogenen Impfpflicht hat. „Mit einer allgemeinen Impfpflicht würden sich zum Beispiel Praxisteams nicht mehr benachteiligt und zurückgesetzt fühlen, die die schon immer überdurchschnittlich hohen Hygienestandards in Zahnarztpraxen auch in Pandemiezeiten erfolgreich aufrechterhalten haben. Auch etwaige Wechsel von Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) in andere Berufe, in denen keine einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt, werden durch eine allgemeine Impfpflicht in der Regel hinfällig.” Wichtig ist ein Maximum an Akzeptanz Die anhaltenden und zum Teil auch kontrovers geführten Diskussionen im politischen und gesamtgesellschaftlichen Raum um die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht zeigten, dass sich alle handelnden politischen Akteure eine Entscheidung bei diesem Thema alles andere als leicht machen – „zu Recht, denn eine allgemeine Impfpflicht ist und bleibt – unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung – in jedem Fall ein erheblicher Eingriff in das persönliche Selbstbestimmungsrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit”, heißt es weiter. „Ein solcher Schritt muss in seiner Wirkung und in allen seinen Konsequenzen daher gründlich diskutiert, durchdacht und abgewogen werden, um dann letztendlich in der Umsetzung ein Maximum an gesellschaftlicher Akzeptanz zu erreichen.” mg/pm BRANDENBURG ERSTE ZAHNÄRZTE DÜRFEN IMPFEN Rund 140 Zahnärztinnen und Zahnärzte haben Ende Januar in Brandenburg die praktische Schulung zur Corona-Schutzimpfung absolviert. Fünf erhielten gleich ihr Abschlusszertifikat von der Landeszahnärztekammer. Sie dürfen damit impfen. An zwei Terminen in Cottbus und Potsdam hat die Landeszahnärztekammer Brandenburg (LZÄKB) die ersten praktischen Schulungen durchgeführt, die zur Erteilung des Impfzertifikats erforderlich sind. Mit dem Zertifikat dürfen Zahnärztinnen und Zahnärzte selbstständig Corona-Schutzimpfungen durchführen. Die Kammer organisierte die praktische Schulung entsprechend des „Gesetzes zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“, in dem unter anderem zeitlich befristet auch Schutzimpfungen gegen SARS-CoV-2 in Zahnarztpraxen abgebildet sind. Das Infektionsschutzgesetz sieht in diesem Zusammenhang vor, dass ein theoretischer und ein praktischer Fortbildungsteil absolviert werden müssen. Die Theorie wird über die Akademie Öffentliches Gesundheitswesen angeboten. Fünf Zahnärztinnen und Zahnärzte konnten in Potsdam ihr Abschlusszertifikat durch LZÄKB-Vorstandsmitglied und Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer, Dr. Romy Ermler, in Empfang nehmen. Sie hatten den theoretischen Teil ebenfalls schon durchlaufen. Damit dürfen sie erstmals selbstständig impfen – wenn auch zeitlich auf die Pandemie begrenzt. Der Referent der praktischen Schulung, MGK-Chirurg Dr. Dr. Alexander Steiner aus Neuruppin, nannte diesen Umstand dann auch einen „historischen Moment“ in der deutschen Zahnmedizin. Allerdings ist die Impfung vorerst nur in Impfzentren oder als Teil von mobilen Impfteams möglich. Um auch in der eigenen Praxis impfen zu können, werden gerade noch die Voraussetzungen geschaffen. sr NEWS Foto: zm-sr Fünf Zahnärztinnen und Zahnärzte nahmen in Potsdam ihr Abschlusszertifikat entgegen. Rechts: Referent Dr. Dr. Alexander Steiner. 08 | NACHRICHTEN

STILLER PROTEST GEGEN CORONA-„SPAZIERGÄNGER“ STUDIERENDE DER TU DRESDEN SETZEN EIN ZEICHEN Als Reaktion auf den Aufmarsch von CoronaProtestlern vor der TU Dresden haben sich Medizinund Zahnmedizinstudierende schützend vor ihr Universitätsklinikum gestellt. Gegen 22 Studenten leitete die Polizei Ordnungswidrigkeitsverfahren ein. Am 13. Januar hatten Corona-Gegner in den sozialen Medien zu einem „Spaziergang” in Dresden aufgerufen. Die Route des Aufmarschs verlief auch entlang der Technischen Universität (TU) Dresden. Gegen ein solches Leugnen von Wissenschaft und rechte Instrumentalisierung wollten Studierende des Fachschaftsrates (FSR) Medizin und Zahnmedizin ein stilles Zeichen setzen. „Wir sind entschieden dagegen, dass solche Gruppierungen vor dem Uniklinikum Standpunkte demonstrieren, die nicht der wissenschaftlichen Faktenlage entsprechen oder sogar rechtsradikal motiviert sind”, teilte der FSR auf seiner Website mit. In kleineren Gruppen bis zu zehn Personen stellten sie sich entlang der Mauern des Uniklinikums auf. Sie trugen ihre weißen Klinikkittel und hielten Plakate mit Aufschriften wie „Sachsen lasst euch Impfen” oder „Impfen statt Schimpfen”. Damit wollten sie friedlich und defensiv ihre Solidarität mit der Belegschaft und den Patienten bekunden, erklärt der FSR. Insgesamt lag die Teilnehmerzahl zwischen 100 und 150 Personen, wovon der überwiegende Anteil Medizin- und Zahnmedizinstudierende waren. Doch nicht nur die „Spaziergänger“, auch etwa 22 Studierende gerieten bei der Demonstration ins Visier der Polizei: Von ihnen wurden die Personalien erfasst und es wurden Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstoßes gegen die CoronaNotfallverordnung eingeleitet. Der FSR rief daraufhin zu einer Spendenaktion auf, um betroffene Kommilitonen finanziell zu unterstützen. Die Resonanz war groß. Wie die „Dresdner Neuen Nachrichten” berichten, kamen dabei bis Sonntag mehr als 16.000 Euro zusammen. Von der Solidarität und Hilfsbereitschaft sowie dem positiven Feedback zeigte sich der FSR gerührt: „Wir freuen uns sehr über die überwältigende Anzahl an Solidaritätsbekundungen aus ganz Deutschland und es gab auch wichtige Zeichen aus der Politik beziehungsweise Hochschulpolitik. Wir sind sehr dankbar für die breite Basis an Unterstützungen”, sagte FSR-Sprecherin Marie-Luise Rohm. Das Geld will der FSR dazu verwenden, um eventuell anfallende Bußgelder zu decken. Alles was übrig bleibt, soll an das Projekt Wünschewagen gehen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ist solidarisch mit den Studierenden. Es sei ein „klares und wichtiges Statement der Studierenden der @Medizin_TUD”, teilte der Regierungschef bei Twitter mit und bedankte sich bei ihnen. Die Medizinstudierenden erlebten täglich, „dass nicht Maßnahmen gegen das Virus das Problem sind, sondern das Virus selbst”, schrieb Kretschmer. ak zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (163) DIE ZA | | ZA AG | ZA eG Online-Seminare der ZA The future is now“ – „ ZA for future – wir heben unsere OnlineSeminare auf ein neues Level! Zwischenfrage: Was haben DIE ZA und Themen wie z. B. Natur, Schlaf und Zukunft gemeinsam? Sie sind Teil unserer Online-Seminar-Reihe 2022. Die Reihe besteht aus 10 verschiedenen Themenmonaten, in denen Sie erstklassige Fortbildungen und tolle Referenten erleben sowie umfangreiches Fachwissen erlangen können – jeweils einen ganzen Monat lang Informieren Sie sich jetzt über die vielen spannenden Themen und sichern Sie sich einen der heißbegehrten Seminarplätze: in jedem Monat ein Thema – so geht Fortbildung der Zukunft. Das haben Sie (nun) davon! . JETZT BuCHEN! www.die-za.de NACHRICHTEN | 09

zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (164) KEIN CORONA-BONUS FÜR ZFA „Auch wir sind systemrelevant!“ Eine staatliche Corona-Sonderprämie für MFA und ZFA ist laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) nicht geplant. Die Staatssekretärin verweist auf die Verantwortung der Praxischefs für eine Anerkennung als Ausgleich zur Pandemie-Belastung. Der Verband medizinischer Fachberufe (VmF) kritisierte diese Absage und organisierte eine neue Protestaktion in Berlin. Unterstützung erhält der VmF von der Bundeszahnärztekammer (BZÄK). Auch unter der neuen Bundesregierung wird es zunächst keinen steuerfinanzierten Corona-Bonus für Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte (MFA und ZFA) geben. Das geht aus der Antwort auf eine schriftliche Anfrage des CSU-Abgeordneten Stephan Pilsinger ans BMG hervor. BMG-Staatssekretärin Sabine Dittmar schrieb: „Nicht alles, was wünschenswert wäre, kann umgesetzt werden.“ Sie verwies auf die Verlängerung der steuer- und sozialversicherungsfreien Corona-Sonderzahlung durch den Arbeitgeber bis Ende März 2022 sowie auf die seit November erhöhte Vergütung für Corona-Schutzimpfungen in den Praxen: „Mit dieser Sonderzahlung können Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber deshalb die Leistung und Unterstützung von MFA anerkennen.“ „DIE ABSAGE IST EINE GROßE ENTTÄUSCHUNG!“ Der Verband medizinischer Fachberufe (VmF) zeigte sich empört über die Absage. „Diese Antwort macht uns fassungslos, sie ist unfair und geradezu absurd“, sagte VmF-Präsidentin Hannelore König. „Wo bleibt die Stabilität des Systems, wenn der stationäre Sektor und die Pflegeeinrichtungen immer wieder staatlich bezuschusst werden, den Beschäftigten im niedergelassenen Bereich aber kaum ein Dankeschön geboten wird?“ In einem Brandbrief an die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hatte der VmF die fehlende Anerkennung von Leistungen der MFA in der Pandemie wiederholt deutlich kritisiert. Die Absage sei schlicht eine große Enttäuschung. Bei der Protestaktion adressierten die Betroffenen ihr Anliegen noch einmal direkt an die anwesenden politischen Vertreter. König: „Wir konnten in unseren Gesprächen mit den Bundestagsabgeordneten neben der fehlenden Wertschätzung und Anerkennung für die Leistungen der Medizinischen Fachangestellten auch auf die Situation der Zahnmedizinischen Fachangestellten hinweisen. Denn auch sie werden von der Politik und der Öffentlichkeit nicht gesehen, obwohl sie zur kritischen Infrastruktur gehören und an der Seite der Zahnärzteschaft die zahnärztliche Versorgung sichern.“ Und auch die Referatsleiterin Zahnmedizinische Fachangestellte beim VmF, Sylvia Gabel, ist fassungslos darüBZÄK-Vizepräsident Konstantin von Laffert ging mit Kai Whittaker (MdB CDU) ins Gespräch und betonte: „Es ist schon traurig, dass diejenigen, die tagtäglich immense Arbeitsaufkommen bewältigen müssen und zusätzlich Infektionsgefahren ausgesetzt sind, die Wertschätzung für ihre Arbeit auf diese Weise einfordern müssen. Es wäre guter politischer Stil gewesen, eine finanzielle Anerkennung ohne kleinteilige Diskussionen und ohne den Druck der Betroffenen umzusetzen.“ Foto: BZÄK Bei der Versammlung von ZFA und MFA vorm Brandenburger Tor in BerlinMitte brachten die Teilnehmer noch einmal ihren Unmut über die Absage des staatlichen Bonus zum Ausdruck. An ihrer Seite waren auch Vertreter aus Politik und Standespolitik. Foto: VmF 10 | POLITIK

ber, wie schnell das BMG den Antrag abgelehnt hatte: „Wir ZFA arbeiten seit Anfang der Pandemie mit unseren Arbeitgebern Seite an Seite im Aerosolnebel. Auch wir sind systemrelevant!“ Viele Zahnärzte hätten den Bonus 2021 aus der privaten Tasche ausbezahlt, leider ohne Unterstützung durch die Politik oder die Krankenkassen. „Es wäre eine sehr große Geste gewesen, wenn jetzt endlich mal die Kolleginnen und Kollegen aus dem ambulanten Gesundheitswesen mit einem adäquaten Bonus bedacht würden und es einen Gesundheitsfonds vonseiten der Politik geben würde. Man sollte darüber mal nachdenken, denn auch die ZFA werden langsam müde im täglichen Kampf,“ betonte sie. „ALS WÄREN SIE NICHT SO WICHTIG“ Bei der zweiten Protestaktion der MFA und ZFA in Berlin betonte auch BZÄK-Vizepräsident Konstantin von Laffert noch einmal, dass das Tagesgeschäft der Praxisteams seit gut zwei Jahren viele außerplanmäßige Aufgaben einschließe: „Sehr viele zusätzliche Patientenfragen: zum Quarantäneverhalten, zu Testwünschen, sehr viele Terminverschiebungen, dazu aufwendigere Dokumentationen, Bestellungen, noch zeitintensivere Hygienemaßnahmen.” Trotz dieser Herausforderungen soll das medizinische Fachpersonal in den Praxen nicht den staatlichen Corona-Bonus erhalten, der für die anderen Fachberufe im Gesundheitswesen angeboten wurde. „Das wirkt, als wären sie nicht so wichtig. Dabei wurden sechs von sieben Corona-Patienten hierzulande durch Niedergelassene behandelt“, bedauert der Zahnarzt und Standespolitiker. Wenn ein Bonus ausgezahlt wird, dann für alle im Gesundheitswesen Tätigen – das sei eine Frage der Gerechtigkeit. LL Am 26. Januar gab es erneut eine Protestaktion, bei der die ZFA im Fokus standen. Das Datum lag aber hinter dem Redaktionsschluss dieser Ausgabe. „Der Mehraufwand in Arzt- und Zahnarztpraxen ist zurzeit immens. Und der Unmut über Terminwünsche, die Maskenpflicht oder die Pandemie im Allgemeinen landet zudem oft am Empfangstresen“, betonte von Laffert. In der Bildmitte: Hausarzt und MdB Stephan Pilsinger (CSU). Foto: BZÄK zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (165) Entdecke die neue AERA! EINFACH. CLEVER. BESTELLEN. www.aera-online.de Die Preisvergleichs- und Bestellplattform für Dentalprodukte Jetzt registrieren und sparen! Preisvergleich auf Ebene der kleinsten Mengeneinheit Zeit & Geld sparen mit dem automatischen Warenkorboptimierer Über 1,5 Mio Angebote & 300 Lieferanten mit einem Login Bild: ronsik Neues Design ab März POLITIK | 11

zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (166) Ab dem 16. März 2022 gilt auch in Zahnarztpraxen die einrichtungsbezogene Impfpflicht, wie die zm bereits berichtet haben. Die Regelung ist in der am 12. Dezember 2021 in Kraft getretenen aktuellen Fassung des Infektionsschutzgesetzes niedergelegt und zunächst bis zum 31. Dezember 2022 befristet. Alle in einer Zahnarztpraxis tätigen Personen müssen danach bis zum 15. März 2022 entweder einen entsprechenden Immunitätsnachweis gegen COVID-19 oder aber ein ärztliches Attest darüber, dass sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können, vorlegen. WAS PASSIERT, WENN KEIN NACHWEIS VORLIEGT? Werden die entsprechenden Nachweise nicht vorgelegt oder bestehen Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises, hat die Zahnarztpraxis unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, das zuständige Gesundheitsamt darüber zu informieren und die entsprechenden personenbezogenen Daten zu übermitteln, erklärt die BZÄK. Aber muss der Arbeitgeber dann dem Arbeitnehmer auch sofort kündigen? Die BZÄK weist darauf hin, dass es keinen entsprechenden Automatismus gibt. Die zuständige Behörde kann zunächst von den gemeldeten Personen einen entsprechenden Immunitätsnachweis verlangen und dann gegebenenfalls ein Beschäftigungs- beziehungsweise Tätigkeitsverbot aussprechen. Erst dann sind arbeitsrechtliche Maßnahmen regelhaft möglich (vorher nur im begründeten Einzelfall). Das bedeutet: „Eine Weiterbeschäftigung von nicht geimpftem Personal ist also auch nach dem 15. März 2022 jedenfalls solange möglich, bis die zuständige Behörde ein Tätigkeits- bzw. Beschäftigungsverbot ausspricht“, stellt die BZÄK auf ihrer Website klar. Also erst wenn dem Mitarbeiter gegenüber ein Tätigkeitsverbot behördlich ausgesprochen wurde, besteht nach Ansicht der BZÄK auch eine belastbare arbeitsrechtliche Grundlage für den Wegfall der Lohnzahlungspflicht beziehungsweise für die Kündigung. Für Neueinstellungen ist dies hingegen bereits klar geregelt: Alle Personen, die ab dem 16. März 2022 in einer Zahnarztpraxis tätig werden wollen, müssen einen gültigen Nachweis über den Impf- oder Genesenenstatus vorlegen, andernfalls dürfen sie nicht beschäftigt werden. Wer bereits mit dem Impfzyklus begonnen hat, aber bis zum 15. März 2022 nicht vollständig geimpft ist, kann auch nach diesem Datum weiterbeschäftigt werden. Der zuständigen Behörde ist diese Person jedoch ebenfalls zu melden. „Sollte der Impfzyklus nach dem 15. März 2022 vollständig abgeschlossen werden, wird ein behördliches Tätigkeits- bzw. Beschäftigungsverbot nicht mehr ausgesprochen werden können“, erläutert die BZÄK. KÜRZERE GÜLTIGKEIT DES GENESENENNACHWEISES Zu beachten ist außerdem, dass die Gültigkeitsdauer des Genesenennachweises kürzlich geändert wurde. Statt bisher sechs Monate ist der Nachweis aktuell nur noch rund drei Monate gültig. Das Robert Koch-Institut schreibt dazu auf seiner Website: „Die Dauer des Genesenenstatus wurde von 6 Monaten auf 90 Tage reduziert, da die bisherige wissenschaftliche Evidenz darauf hindeutet, dass Ungeimpfte nach einer durchgemachten Infektion einen im Vergleich zur Deltavariante herabgesetzten und zeitlich noch stärker begrenzten Schutz vor einer erneuten Infektion mit der Omikronvariante haben.“ sr Da viele Fragen rund um das Thema Impfpflicht noch ungeklärt sind, aktualisiert die BZÄK laufend die Informationen auf ihrer Website (siehe QRCode). Es ist daher sinnvoll, sich dort regelmäßig zu informieren. EINFÜHRUNG DER IMPFPFLICHT IM GESUNDHEITSWESEN Ohne Immunitätsnachweis muss nicht sofort gekündigt werden Die bevorstehende Einführung der Impfpflicht im Gesundheitswesen sorgt für viele offene Fragen. Praxisinhaberinnen und -inhaber treibt insbesondere um, wie arbeitsrechtlich mit Angestellten umzugehen ist, die sich nicht impfen lassen wollen. Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) hat dazu neue Informationen veröffentlicht. Foto: AdobeStock_Halfpoint 12 | POLITIK

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zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (168) IMPFPFLICHT IM GESUNDHEITSWESEN In Sachsen und Thüringen fürchtet man negative Folgen Aufgrund der bevorstehenden Impfpflicht für alle in Zahnarztpraxen Beschäftigten haben die KZV und die Landeszahnärztekammer Sachsen in einem Brief an Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) vor Praxisschließungen gewarnt. Mitte Januar kam es zu einem Gespräch. Vorangegangen war eine Umfrage unter sächsischen Zahnärztinnen und Zahnärzten. Auch in Thüringen wurde die Zahnärzteschaft befragt. Die beschlossene berufsbezogene Impfpflicht führe unter Zahnmedizinern eher zu Reaktionen, sich „nicht umgehend impfen zu lassen, sondern den Beruf zu wechseln oder die Praxis zu schließen“, betonen der Vorsitzende der KZV Sachsen, Dr. Holger Weißig, und Kammerpräsident Dr. Thomas Breyer in dem Brief vom 5. Januar. Hintergrund dieser Aussagen war eine aktuelle Umfrage der Landeszahnärztekammer Sachsen, deren finale Auswertung zum Redaktionsschluss noch lief. Vorläufige Ergebnisse der Umfrage deuten darauf hin, dass es unter sächsischen Zahnärztinnen und Zahnärzten sowie ihrem Praxispersonal eine relativ hohe Quote an Impfverweigerern gibt. Die Umfrage ist nicht repräsentativ, da zu vermuten ist, dass viele Teilnehmer ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen wollten, gab Breyer zu bedenken. VORZEITIGE SCHLIEßUNGEN DROHEN Zentral sei in dem Zusammenhang die Frage der Sicherstellung der zahnärztlichen Versorgung vor allem im ländlichen Sachsen. In den nächsten fünf bis zehn Jahren drohe in einigen Regionen eine Unterversorgung, weil viele der dort tätigen Zahnärztinnen und Zahnärzte über 60 Jahre alt sind. Es bestehe die Gefahr, dass sich Inhaber durch die Impfpflicht überfordert fühlen und ihre Praxis früher als geplant aufgeben, warnten Weißig und Breyer. „Der Perspektive, sich der Impfung durch einen Wechsel in einen anderen Beruf zu entziehen, kann die Politik nur durch eine allgemeine Impfpflicht begegnen“, betonten Breyer und Weißig in ihrem Brief. Wie die Kammer berichtet, kam es am 17. Januar zu einem Gespräch mit Ministerpräsident Kretschmer, in dem die Vertreter der sächsischen Körperschaften nochmals auf die Gefährdung der flächendeckenden zahnmedizinischen Versorgung durch die sektorale Impfpflicht hinwiesen. Kretschmer bekräftigte demzufolge die Notwendigkeit der Impfung in den Gesundheits- und Pflegeberufen, gerade in Sachsen, dem Bundesland mit der geringsten Impfquote und einer hohen Anzahl an Corona-Sterbefällen. Weitere Gespräche sollen folgen. AUCH THÜRINGER KAMMER BEFRAGT MITGLIEDER Auch in Thüringen spricht man sich gegen eine berufsbezogene Impfpflicht aus. „Die Schutzimpfung gegen das Coronavirus befürwortet die Landeszahnärztekammer Thüringen uneingeschränkt gemäß den ärztlichen Empfehlungen. Eine gesetzliche Impfpflicht für alle im Gesundheits- und Pflegewesen tätigen Personen jedoch steht dem eigenverantwortlichen und freiberuflichen Handeln der Thüringer Zahnärzteschaft entgegen“, sagte der Präsident der Landeszahnärztekammer Thüringen, Dr. Christian Junge. Seine Landeszahnärztekammer hat im Dezember ebenfalls eine Umfrage unter ihren Mitgliedern durchgeführt. „Die Datenerhebung ist zwar nicht repräsentativ, jedoch bietet die hohe Anzahl von Rückmeldungen ein verlässliches Stimmungsbild“, erklärte Junge. Danach ist der Anteil geimpfter Zahnärztinnen und Zahnärzte (niedergelassen und angestellt) mit rund 84 Prozent (Stand 19. Januar) deutlich höher als in der erwachsenen Thüringer Bevölkerung (68,9 Prozent laut RKI-Impf-Dashboard). Hinzu kommen die genesenen Zahnärztinnen und Zahnärzte. Auch der Anteil des geimpften Praxispersonals liegt den Angaben zufolge mit etwa 74 Prozent deutlich über der erwachsenen Thüringer Bevölkerung. ak/sr Foto: AdobeStock_bluedesign 14 | POLITIK

EVOfusion denture EVOfusion twin EVOfusion immediate 1 2 3 WEIT MEHR ALS NUR KRONEN UND BRÜCKEN PERMADENTAL.DE 0 28 22 -71330 ENTDECKE DIE ZUKUNFT DER TOTALPROTHETIK: EVOfusion Zur Online-Anforderung des EVO fusion-Kataloges für Praxismitarbeiter kurzelinks.de/EVO-fusion Ohne Investitionen und Veränderungen im Praxisablauf ab sofort für jede Zahnarztpraxis möglich: EVO fusion – digitale Produktion meisterhaft kombiniert mit etablierten klinischen Protokollen

zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (170) QUERDENKER-PARTEI MACHT MOBIL So versucht dieBasis Ärzte vom Impfen abzuhalten Die Querdenkerpartei „dieBasis“ schreibt gezielt Ärzte an, um sie vom Impfen abzuhalten. Ihr Ansinnen versucht sie dabei mit Falschaussagen und Unwahrheiten zum Virus zu untermauern. Dahinter stecken Mediziner aus der aktiven Corona-Leugner-Szene. Ein Ortsverband der Partei verschickte das Schreiben bereits am 22. November 2021 an etwa 300 Ärzte in der Region Bamberg. Doch auch in anderen Bundesländern verteilen die dortigen Ortsverbände den Brief aktuell an Mediziner, zum Beispiel in BerlinNeukölln. Im Inhalt finden sich fragwürdige und falsche Aussagen über die Pandemie, das Impfen sowie die zugelassenen Impfstoffe. So seien letztere „unnötig”, „unwirksam” und „gefährlich”. „Belegt“ werden die Behauptungen mit unseriösen Quellen, dazu werden zweifelhafte Wissenschaftler und Impfgegner aus dem Ausland sowie das Web-Kollektiv Anonymous zitiert. Der Brief endet mit dem Aufruf, dass sich Impfärzte „nicht mitschuldig an der sinnlosen Verlängerung der verantwortungslosen Impfkampagne machen sollen”, und der Falschaussage, die Impfkampagne habe „schon so vielen Menschen ihre Gesundheit und nicht wenige ihr Leben gekostet”. „Ganz offensichtlich sollen diese Schreiben Ärztinnen und Ärzte verunsichern und so die Impfkampagne in Deutschland stören“, erklärt Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt. Dies werde jedoch nicht gelingen, denn natürlich seien die Mediziner über die zugelassenen Impfstoffe wie auch über die Impfnebenwirkungen und Haftungsfragen informiert. „Diese Schreiben sind zwar ärgerlich und lästig. Sie ändern aber nichts daran, dass sich die Ärztinnen und Ärzte mit großem Engagement in die Impfkampagne einbringen.“ Absender sind die „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie”(MWGFD), die „Doctors for Covid Ethics” und die „Ärzte für Aufklärung“. Bei allen drei Adressen handelt es sich um bekannte Zusammenschlüsse aus der aktiven Szene der „Corona-Maßnahmen-Kritiker“. Zu den Unterzeichnern gehören auch die „Ärzte für Aufklärung” – eine “interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft“ von etwa 700 Ärzten aus Deutschland. Sie finden die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung überzogen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warnte bereits vor einem Jahr vor den Organisationen und unterstrich, dass ihre Behauptungen auf keinerlei Beweisen fußen würden. Die bekanntesten Vertreter sind der emeritierte Mikrobiologie-Professor Sucharit Bhakdi, der HNO-Arzt Bodo Schiffmann und der Finanzwissenschaftler Stefan Homburg. Schiffmann gilt als Führungsfigur in der Querdenker-Szene. Bhakdi wurde von zahlreichen Experten die Verbreitung von Falschinformationen nachgewiesen. „Er ist zwar vom Fach, aber was er vertritt, ist wissenschaftlich nicht belegt”, sagte der Virologe Prof. Hendrik Streeck am 6. Januar bei Markus Lanz. Bhakdi schade der Debatte und den Menschen. ak Wenn Sie als Zahnarzt oder Zahnärztin diesen Brief auch bekommen haben, schreiben Sie uns: kontakt@zm-online.de. WER IST DIEBASIS? Die „Basisdemokratische Partei Deutschlands” (dieBasis) wurde im Juli 2020 in Hessen gegründet. Sie kommt aus der Bewegung „Widerstand2020”, die von Gegnern der staatlichen Corona-Maßnahmen ins Leben gerufen wurde. Eigenen Angaben zufolge hat sie mehr als 32.000 Mitglieder. In den Top Ten der mitgliederstärksten Parteien Deutschlands liegt sie auf Rang 8 – einen Platz vor der AfD. Der Bundeszentrale für politische Bildung zufolge ist dieBasis„im Parteienspektrum nicht eindeutig verortbar”. Viele ihrer pauschalen Aussagen seien populistisch, einige Akteure vor allem mit demokratiefeindlichen Äußerungen aufgefallen. Offenbar arbeiten bei der Partei viele prominente Corona-Verharmloser und Verschwörungsideologen im Bereich Alternativmedizin. Ihnen werden auch Verbindungen zur AfD nachgesagt. Die Kleinpartei trat als einzige aus der Querdenkerszene zur Bundestagswahl 2021 an. Parteien, die bei einer Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 Prozent oder bei einer Landtagswahl ein Prozent der gültigen Zweitstimmen erhalten, haben das Recht auf staatliche Teilfinanzierung. Für die Zuschüsse werden die Stimmen von Bundestags- und Landtagswahlen addiert. Somit erhält dieBasis jährlich etwa 738.000 Euro. Foto: Adobe Stock_ Tobias Arhelger Die Querdenkerpartei „dieBasis“ ruft Arztpraxen per Brief dazu auf, sich nicht am Impfen zu beteiligen. 16 | POLITIK

bleaching_by_flaesh Hotline 04644958 90 31 bluedenta.de Online Zahnaufhellung mit Konzept. bluedenta Jetzt kostenlosen Demo-Termin vereinbaren! Professionelle Zahnaufhellung auch in Ihrer Praxis! Schonende Behandlung mit perfekten Ergebnissen Intuitive Bedienung durch neuartiges System Modernstes System „Made in Germany“ bluedenta GmbH Eckernförder Str. 42 24398 Karby T 04644 - 958 90 31 M info@bluedenta.de W www.bluedenta.de shop.bluedenta.de Schon entdeckt? Unser ZahnpastaShop unter:

zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (172) STUDIE AUS BASEL Neue Muskelschicht des M. masseter entdeckt Die Anatomie des Menschen hält noch Überraschungen parat: Forschende der Universität Basel haben einen bisher übersehenen Teil eines unserer Kaumuskeln entdeckt und erstmals detailliert beschrieben: die Pars coronoidea. Die Ergebnisse sind nicht nur aus anatomischer Perspektive, sondern insbesondere im Hinblick auf funktionelle Aspekte spannend. Der Musculus masseter ist Teil der Kaumuskulatur und für den Kieferschluss (Adduktion) zuständig, aber auch an Protrusionsbewegungen des Unterkiefers beteiligt. In Anatomie-Lehrbüchern wird der Aufbau des M. masseter in der Regel als zweischichtig beschrieben. Er besteht bekanntermaßen aus einem oberflächlichen und einem tiefen Anteil. Die Pars superficialis hat ihren Ursprung an den vorderen zwei Dritteln des Arcus zygomaticus, die Pars zygomaticus im hinteren Drittel. Der gemeinsame Ansatz befindet sich an der Tuberositas masseterica am Angulus mandibulae. Forschende haben nun jedoch eine dritte, noch tiefere Schicht entdeckt und schlagen dafür den Namen Musculus masseter pars coronidea vor. „Diese tiefste Schicht des Kaumuskels [...] entspringt posterior an der inneren, temporalen Seite des Jochbeinfortsatzes des Schläfenbeins, wobei die Muskelfasern diagonal nach anterior verlaufen und der Muskel an der Basis und entlang des hinteren Randes des Koronoidfortsatzes des Unterkiefers ansetzt“, legen die Autoren dar [Mezey et al., 2021]. Die Innervation erfolge, ebenso wie die der Pars superficialis und profunda, durch den masseterischen Ast des Nervus mandibularis. Diese Beschreibung beruht auf Präparationen von zwölf Leichen, computertomografischen Aufnahmen sowie der Untersuchung histologischer Präparate der Kiefermuskulatur. Hinzu kamen Magnetresonanzdaten einer 40-jährigen Patientin. PARS CORONOIDEA LIEß SICH AUSNAHMSLOS NACHWEISEN In allen Analysen ließ sich die Pars coronoidea ausnahmslos nachweisen und auch hinsichtlich seines Verlaufs und seiner Funktion klar von den beiden anderen Schichten unterT S P C S   Abb. 1: Darstellung der Pars coronoidea an einem humanen Präparat: C = Pars coronoidea; S = Pars superficialis; P = Pars profunda; T = M. temporalis; Z = Arcus zygomaticus; Pfeilspitze = Processus condylaris ; Pfeil = Processus coronoideus Foto: Szilvia Mezey Z 18 | ZAHNMEDIZIN

INTERVIEW MIT PROF. DR. JENS CHRISTOPH TÜRP UND DR. SZILVIA MEZEY MÜSSEN DIE LEHRBÜCHER GEÄNDERT WERDEN? Wie kamen Sie dazu, den Aufbau des M. Masseter näher unter die Lupe zu nehmen? PROF. DR. JENS CHRISTOPH TÜRP: Ich schaue mir gern alte Fachliteratur der Zahnmedizin an. Dazu zählen nicht nur Bücher, sondern auch alte Zeitschriften, wie die Österreichisch-ungarische Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde. Das ist sehr bereichernd, weil viele der damaligen Erkenntnisse im Laufe der Zeit verloren gegangen sind. Im Rahmen einer solchen Recherche bin ich auf die Beschreibung eines Muskels gestoßen, der damals als Musculus zygomaticomandibularis bezeichnet wurde. Da dieser Muskel in mehreren einschlägigen Werken erwähnt wurde, unter anderem bereits im Jahr 1845, wurden wir neugierig. In Toldts Anatomischem Atlas für Studierende und Ärzte heißt es beispielsweise in 3. Lieferung der 6. Auflage von 1908 auf Seite 305: „Durch teilweise Abtragung des Masseters wurde der oberflächliche Anteil des Musculus zygomaticomandibularis, welcher gewöhnlich als tiefe Portion des Masseters bezeichnet wird, freigelegt. DR. SZILVIA MEZEY: Wir waren auf der Suche nach dem tiefen Anteil des M. zygomaticomandibularis, der im Atlas weder angezeigt noch im Detail beschrieben worden war. Toldt hatte damals noch den jetzt als oberflächliche Schicht des M. masseters genannten Muskelteil in vier weitere Lappen gespalten, diese sind aber in modernen Atlanten ebenso nicht mehr dargestellt. In späteren Auflagen hatte Toldt schon die internationale Nomenklatur verwendet und den M. zygomaticomandibularis pars superficialis als den M. masseter pars profunda bezeichnet – eine genauere Zuordnung und Beschreibung des tiefen Anteils des M. zygomaticomandibularis blieb aber weiterhin aus. Sie haben daraufhin begonnen, an gespendeten Körpern nach diesem M. zygomaticomandibularis zu suchen. MEZEY: Ja, wobei ich zunächst damit gerechnet habe, keine neue Muskelschicht, sondern eher anatomische Varianten zu entdecken. Dafür habe ich bei der Präparation zunächst den Masseter Schicht für Schicht abgelöst. Was mich überrascht hat, war, dass ich in der Tiefe immer diesen ganz anderen Verlauf der Fasern gefunden habe. Der Muskel konnte auch in den Computertomogrammen gesehen werden. Es gab auch schon andere Autoren, die diesen Verlauf beschrieben haben, allerdings hat niemand sich eingehender damit befasst. Wir haben diese Wissenslücke gefüllt und wissen jetzt, dass es eine dritte Schicht des M. masseter gibt. Wir vermuten, dass der Pars coronoidea dem tiefen Anteil des M. zygomaticomandibularis entspricht. Gibt es durch ihre anatomische Entdeckung neue Erkenntnisse über Bruxismus oder CMD? MEZEY: Wir können momentan nur anhand des Faserverlaufs auf Funktionen des Pars coronoidea schließen. Auf dieser Grundlage des Ansatzes und Ursprungs scheint er für eine Retrusionsbewegung sowie für die Stabilisierung der Kiefergelenksstruktur verantwortlich zu sein. TÜRP: Was Bruxismus und andere Krankheitsbilder angeht, können wir aktuell keine Konsequenzen ableiten. Allerdings haben wir bereits eine Zuschrift aus den USA erhalten, in der ein Patient berichtet, dass er genau in diesem von uns anatomisch beschriebenen Bereich der Pars coronoidea Schmerzen habe. Sind diagnostische beziehungsweise therapeutische Konsequenzen absehbar? TÜRP: Was die Diagnostik angeht, so ist die Pars coronoidea von außen nicht palpierbar. Aber wir wissen nun, dass es unter den zwei bereits bekannten Schichten des M. masseter noch eine weitere Struktur gibt. Schmerzen in der Tiefe dieser Region wurden bislang häufig dem Pterygoideus lateralis zugeschrieben, was sich nun ändern könnte. Wie geht es jetzt weiter? MEZEY: Verschiedene nationale und internationale Forschungsteams befassen sich jetzt mit unserer Entdeckung, um sie zu prüfen. Es sind Studien zur Klärung der genauen Funktion des Muskels mithilfe von intramuskulärer abgeleiteter Elektromyografie geplant. Auch histologisch wird der Muskel genauer unter die Lupe genommen. Müssen die anatomischen Lehrbücher nun geändert werden? MEZEY: Mittelfristig ja, wenn die wissenschaftliche Community die Entdeckung anerkennt. Der Prozess ist allerdings langwierig. Zunächst muss diese Muskelschicht in weiteren Studien, insbesondere von klinischer Seite, noch bestätigt werden. Wenn von internationalen Anatomiegesellschaften anerkannt wird, dass diese Muskelschicht existiert, kann sie in der Nomenklatur (Terminologia anatomica) aufgenommen werden. Hierfür muss das Federative International Programme for Anatomical Terminology (FIPAT) zusammenkommen, das allerdings – mit anatomischem Zeitmaß gemessen – vor Kurzem, im Jahr 2020, getagt hat. Wahrscheinlich sind wir nun die Ersten in der Schlange mit einer neuen Struktur. Bis zur Aufnahme in die Lehrbücher der Anatomie kann es also noch einige Jahre dauern. Foto: Basilisk, Basel Foto: privat Dr. Szilvia Mezey und Prof. Dr. Jens Christoph Türp Anatomisches Institut der Universität Basel; Universitäres Zentrum für Zahnmedizin Basel (UZB) zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (173) ZAHNMEDIZIN | 19

zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (174) scheiden. Das Autorenteam schließt deshalb eine anatomische Variation aus. Ein Blick in historische Anatomiestudien und -lehrbücher zeigt, dass der Aufbau des M. masseter bereits in der Vergangenheit Fragezeichen aufwarf: In einer Ausgabe des Standardwerks „Gray’s Anatomy“ aus dem Jahr 1995 beschreiben die Herausgeber den M. masseter ebenfalls als dreischichtig, wobei die zitierten Studien allerdings auf der Kiefermuskulatur anderer Spezies beruhten und einander teils widersprachen. Weitere vereinzelte Studien aus den frühen 2000er-Jahren berichteten zwar gleichfalls von drei Schichten, diese unterteilten aber den oberflächlichen Anteil des Masseters in zwei Schichten, während die Beschreibung des tieferen Anteils den Standardwerken entsprach. DIESER TEIL KANN UNTERKIEFER-RETRUSION Die Anordnung der Muskelfasern lasse vermuten, dass diese Schicht maßgeblich an der Stabilisierung des Kiefergelenks beteiligt ist. Besonders hervorzuheben ist, dass die Pars coronoidea der einzige Teil des M. masseters zu sein scheint, der den Unterkiefer zurückziehen kann (Retrusion). Durch die gemeinsame Innervation bilden die drei Muskelschichten ein perfektes Zusammenspiel. „Die koronoiden und die hinteren Teile des tiefen Anteils können synergetisch zusammenarbeiten, um den Unterkiefer anzuheben. Gleichzeitig verläuft die Richtung der Fasern des koronoiden Anteils fast senkrecht zu den Fasern des oberflächlichen Kaumuskels, wodurch ein Kreuzmuskel entsteht, bei dem die beiden Schichten antagonistisch arbeiten können, indem sie den Kiefer entweder zurückziehen oder vorschieben“, fassen die Forschenden zusammen [Mezey et al., 2021]. Die Erkenntnisse sind besonders im Hinblick auf craniomandibuläre Dysfunktionen und Bruxismus spannend und sicherlich Gegenstand zukünftiger Forschungen. nl Originalpublikation: Mezey SE, Müller-Gerbl M, Toranelli M, Türp JC: The human masseter muscle revisited: First description of its coronoid part. Ann Anat. 2021 Dec 2;240:151879. doi: 10.1016/j.aanat.2021.151879. Epub ahead of print. PMID: 34863910. Abb. 2: Schematische Darstellung der Pars coronoidea (C), der Pars profunda (P) und der Pars superficialis (S) Foto: Jens C. Türp, UZB Abb. 3: Die Abbildung stammt aus der dritten Auflage von Toldts Anatomischen Atlas (1908), in dem der tiefe Teil des M. masseter noch als oberflächlicher Anteil des M. zygomaticomandibularis markiert worden ist. Foto: Carl Toldt: Anatomischer Atlas für Studierende und Ärzte (Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien, 1908) 20 | ZAHNMEDIZIN

Steinbeis-Transfer-Institut Management of Dental and Oral Medicine der Steinbeis-Hochschule Berlin | Direktor: Prof. Dr. Günter Dhom Bismarckstr. 27 | 67059 Ludwigshafen | Tel.: +49 621 681244-57 Fax: +49 621 681244-66 | info@dgi-master.de | www.dgi-master.de Der staatlich anerkannte und akkreditierte erste deutsche Studiengang Orale Implantologie und Parodontologie mit demAbschluss Master of Science erfüllt die internationalen Bologna-Kriterien. Wissenschaftsbasiert und praxisorientiert vermittelt er profunde Kenntnisse und Fähigkeiten nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Herzlichen Glückwunsch! Master of Science Orale Implantologie und Parodontologie Die Deutsche Gesellschaft für Implantologie und die Steinbeis-Hochschule Berlin gratulieren den Kolleginnen und Kollegen, die den postgradualenMasterstudiengang Orale Implantologie und Parodontologie mit der Abschlussprüfung erfolgreich beendet haben. ZAHassan Al-Johmani · 90431 Nürnberg ZA Yamen Aslan · 01239 Dresden ZA Luis Cuesta Garcia · 8008 Zürich/Schweiz Dr. Martina Danzinger · 2070 Retz/Österreich Dr. Stan Jagodin · 28357 Bremen ZÄMarina Jurt · 78224 Singen Dr. Stefan Kirchmayr · 39012Meran/Italien Dr. Matthias Klum · 97616 Bad Neustadt Dr. PhilippKollmann · 1973Frederiksberg/Dänemark Dr. Johannes Kreutzer · 84478 Österreich ZA Johannes Ladewig · 10557 Berlin Dr. KoschanMaroofi · 21031 Hamburg Dr. Benno Offermanns · 52134 Herzogenrath Dr. Duc Xuan Pham · 74523 Schwäbisch Hall Dr. Simon Puschnig · 4174 Niederwaldkirchen/ Österreich ZA Robert Rauschenbach · 73732 Esslingen Dr. Cordula Roggon · 33106 Paderborn Dr. Tanja Schöttler · 67059 Ludwigshafen Dr. Verena Skoda · 2371 Hinterbrühl/Österreich Am27. November 2021 erhielten inWiesbaden ihre Urkunde:

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