Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 6

ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN I WWW.ZM-ONLINE.DE AUSGABE 06 I 2022 Einrichtungsbezogene Impfpflicht startet PAR-Richtlinie und Delegation Welche Tätigkeiten ganz oder teilweise an qualifizierte Mitarbeiterinnen übertragen werden können SEITE 32 Der Nocebo-Effekt in der Zahnmedizin Die Patientenautonomie gebietet Aufklärung über alle Risiken – selbst wenn das Angst auslöst SEITE 64 Erfahrungsbericht eines Praxisgründers Was man auf dem Weg in die eigene Praxis bedenken und unbedingt vermeiden sollte SEITE 88 zm16.3.2022, Nr. 6

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Viel Ermessensspielraum verursachte Fehler in der Telematikinfrastrukur zum Ärgernis für die Zahnärzteschaft. „Ned gschimpft isch globt gnua“, sagt man im Schwäbischen gerne mal. Aber das Loben für gute Leistungen gehört zu einem adäquaten Führungsstil dazu. Wie man richtig und angemessen lobt und Feedback gibt, erläutern in dieser Ausgabe zwei Expertinnen. In zm-Starter erklärt außerdem ein frisch niedergelassener Zahnarzt seine Dos und Don’ts der Praxisgründung. Im Bereich Zahnmedizin beschäftigen wir uns intensiv mit der Wurzelamputation an Oberkiefermolaren und gehen außerdem der Frage nach, wie die Ernährung die Wundheilung beeinflussen kann. Noch etwas in eigener Sache: Ihnen ist möglicherweise aufgefallen, dass die vorliegende zm-Ausgabe nicht die gewohnte Papierqualität aufweist. Hintergrund ist ein Streik in der finnischen Papierindustrie, der inzwischen seit Dezember andauert. Das hat dazu geführt, dass unsere Druckerei das übliche, hochwertige Zeitschriftenpapier nicht mehr beziehen kann. Auch wenn es ja eher auf den Inhalt ankommen sollte, so spielen Haptik und Optik bei einer Zeitschrift doch eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Wir hoffen aber darauf, Ihnen die zm baldmöglichst wieder mit dem gewohnten Papier liefern zu können. Viel Spaß bei der Lektüre. Sascha Rudat Chefredakteur Zeitgleich mit dem Erscheinen dieser zm-Ausgabe tritt in Deutschland die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Kraft. Deutliche Mahnungen von verschiedenen Seiten – auch den zahnärztlichen Standesorganisationen auf Bundes- und Landesebene –, dass die Impfpflicht zu Versorgungsengpässen und schwierigen Situationen in den Praxen führen könnte, haben nicht zu einem Stopp geführt. Jetzt sind die Länder mit der Umsetzung und der Kontrolle der Impfpflicht am Zug. Die gute Nachricht: Es muss niemand zum heutigen Tag entlassen werden, weil er oder sie den erforderlichen Immunitätsausweis nicht vorlegt. Die schlechte: Es herrscht wieder einmal ein föderaler Flickenteppich bei den Regelungen und den zeitlichen Rahmenbedingungen. Die Gesundheitsministerien der Länder haben den zuständigen Behörden Vorgaben gemacht, die vor allem eines zeigen: Es gibt sehr viel Ermessensspielraum. Bei der Bewertung, ob ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot für Ungeimpfte ausgesprochen wird, sollen die individuelle und die regionale Versorgungssituation Beachtung finden – mit entsprechenden Fristen zur Stellungnahme und Anhörung. In diesem Heft finden Sie eine Übersicht über die Regelungen in einigen Bundesländern. Falls Ihr Bundesland nicht dabei ist, ist es ratsam, auf die Website Ihres Gesundheitsministeriums zu schauen oder die Informationen Ihrer Zahnärztekammer zu verfolgen. Wir werfen außerdem den Blick in andere europäische Länder, wo es bereits eine Impfpflicht für Personal im Gesundheitswesen gibt. Keinen Ermessensspielraum kann es bei der Bewertung des Krieges in der Ukraine geben. Einen derartigen russischen Angriffskrieg in Europa haben wohl nur wenige für wahrscheinlich gehalten. In welchem Stadium sich der Krieg bei Erscheinen dieses Heftes befindet, ist kaum absehbar. Das aktuelle Vorgehen der russischen Armee lässt das Schlimmste befürchten. Fest steht, dass die Invasion in die Ukraine zu einer riesigen Welle der Solidarität geführt hat – in Deutschland und weltweit. Der ukrainisch-stämmige Zahnarzt Dimitri Schulz aus Stuttgart, der humanitäre Hilfe organisiert, berichtete der zm von den ersten Tagen des Krieges – nachzulesen in diesem Heft. Kurz darauf ist er wieder mit Hilfsgütern in die Ukraine gefahren. Wir hoffen, dass er wohlbehalten zurückkommt, und werden weiter über seine Aktivitäten berichten. Für Aufregung sorgte eine Meldung des ComputerMagazins c’t, wonach die Konnektoren des Herstellers secunet unbefugterweise Patientendaten protokollieren. Die hanebüchene Bewertung des Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber, dass die Praxen für dieses Problem verantwortlich seien, hat die KZBV postwendend zurückgewiesen. Einmal mehr werden von anderer Seite Foto: Lopata/axentis EDITORIAL | 03

zm 112, Nr. 6, 16.3.2022, (482) MEINUNG 3 Editorial 6 Leitartikel 8 Leserforum ZAHNMEDIZIN 28 Studie aus der Sport-Zahnmedizin So sollte ein Mundschutz gestaltet sein 36 Der besondere Fall mit CME Hibernom: ein seltener Befund 44 Zahnerhaltung Wurzelamputationen an Oberkiefermolaren 58 Aus der Wissenschaft Wie kann Ernährung die Wundheilung beeinflussen? 64 Studie zum Nocebo-Effekt in der Zahnmedizin Das ethische Dilemma der Patientenaufklärung 68 MKG-Chirurgie Dermoidzyste bei einem Neugeborenen 75 Zwei Eltern-Kind-Studien Ängstliche Eltern verunsichern ihre Kinder Wie sich Lob der Eltern auf die Putzzeit auswirkt POLITIK TITELSTORY 10 Einrichtungsbezogene Impfpflicht Länder setzen Regelungen unterschiedlich um 14 Teil-Impfpflicht Der Blick auf andere Länder Europas 16 Datenschutz-Verstöße bei Konnektoren KZBV: „Zahnarztpraxen sind nicht in der Verantwortung!“ 22 Krieg in der Ukraine 22 Die Tränen fließen 24 Nein zum Krieg! 42 Handelsgericht Wien Urteil in Österreich gegen SmileDirectClub Inhalt Foto: Praxis Dres. König/Antritter 44 Wurzelamputationen an Oberkiefermolaren Elf Patientenfälle mit einem mittleren Nachbeobachtungszeitraum von rund vier Jahren 22 Krieg in der Ukraine Dimitri Schulz, Zahnarzt in Stuttgart und gebürtiger Ukrainer, über seine Wut, seine Versuche zu helfen und seine Tränen Foto: AdobeStock_wolcan / Dimitri Schulz Titelfoto: zm-sr 04 | INHALTSVERZEICHNIS

zm 112, Nr. 6, 16.3.2022, (483) 72 Wissenschaftliches Institut der PKV Deutschland hat mit die umfangreichsten Leistungen PRAXIS 18 Mitarbeitermotivation So loben Sie richtig! 32 Interview mit Dr. Sebastian Ziller zur PAR-Richtlinie „Was vorher delegierbar war, ist auch unter der neuen PARRichtlinie delegierbar“ 52 Steuerrecht Was kann ein spezialisierter Steuerberater bieten? GESELLSCHAFT 54 Schicksal und Wirken des jüdischen Zahnarztes Dr. Victor Penzer Überzeugungstäter für eine bessere Welt 76 Dentists for Africa – Jahresbericht 2021 Hühner für die Witwen ZM-STARTER 84 Gründen in Corona-Zeiten – Teil 6 „Hier will ich die nächsten 25 bis 30 Jahre bleiben!“ 88 Checkliste eines Gründers Meine Dos & Don‘ts auf dem Weg in die Praxis MARKT 90 Neuheiten RUBRIKEN 60 Termine 62 Formular 78 Bekanntmachungen 95 Impressum 114 Zu guter Letzt Foto: Heuseler Marketing Solutions 84 Endlich eröffnet! Über eineinhalb Jahre haben wir Philipp Tavrovski auf seinem Weg in die eigene Praxis begleitet. Am 1. März kamen die ersten Patienten. TITELSTORY 10 „Wo ist denn Ihr Nachweis?“ Seit dem 16. März gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Nun sind die Bundesländer bei der Umsetzung und Kontrolle am Zug. Foto: zm-sr INHALTSVERZEICHNIS | 05

zm112, Nr. 6, 16.3.2022, (484) Es ist herzzerreißend zu erleben, welches Leid gerade in Europa über Kinder, Frauen und Männer gebracht wird. Alles ohne jeden Sinn, alles weil es ein Despot so will. Das einzige Licht in dieser Nacht ist der unfassbare Mut der Ukrainerinnen und Ukrainer. Und dieses Licht strahlt immer weiter in die Welt hinaus. Auch Deutschland duckt sich nicht mehr weg. Wir beginnen endlich, den ganzen DespotenKitsch aus unserer Gesellschaft zu fegen, und erkennen auch keine „berechtigten Sicherheitsinteressen“ mehr an, die einer kleinen russischen Machtclique nur als Vorwand für Bereicherung und Unterdrückung gedient haben. Gerade für Deutschland bedeuten die aktuellen Zeitläufte besonders harte Erkenntnisprozesse. Erst zeigte uns Corona, dass das Narrativ von deutscher Effizienz, unserem Organisationstalent und unserer Besonnenheit nur noch wenig mit der Wirklichkeit zu tun hat, und jetzt wirft dieser verbrecherische Überfall 30 Jahre deutscher Außenpolitik auf den Müllhaufen der Geschichte. 30 Jahre, die uns nur abhängig, blind und unsolidarisch gemacht haben. Natürlich können wir als Zahnärztinnen und Zahnärzte nichts Entscheidendes tun, und niemand wird uns fragen. Wenn aber eine Gesellschaft die Summe ihrer Mitglieder ist, dann ist die Reaktion Deutschlands die Summe aller einzelnen Aktionen. Da kommt es auf jede und jeden an. Drei Themen mit Bezug zu uns sind mir wichtig. Die Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte (HDZ) hat sofort den Kontakt zu ihren ukrainischen Partnern, den Salesianern Don Boscos, aufgenommen. Die Salesianer sind in vier ukrainischen Großstädten (darunter Kiew) präsent und unterstützen Flüchtlinge und Menschen in Not. Unser besonderer Dank gilt Dr. Klaus Sürmann und seinem HDZTeam dafür, dass sie eine Spendenaktion organisiert haben. Wir hoffen auf große Unterstützung aus dem Berufsstand: Hilfswerk Deutscher Zahnärzte Deutsche Apotheker- und Ärztebank IBAN: DE28 300 60601 000 4444 000 BIC: DAAEDEDD Stichwort: Ukraine Wir alle wissen, in welch erdrückender Energieabhängigkeit von Russland Deutschland steht. Gleichzeitig beginnt sich die Welt energiepolitisch umzusortieren – und die Preise steigen. Darüber hinaus setzen fossile Energieträger umweltschädliche Treibhausgase frei. Gerade in der aktuellen Situation stellt also der sparsame Umgang mit Energie eine Win-win-win-Situation dar. Das Interesse in der zahnärztlichen Kollegenschaft an nachhaltiger Praxisführung ist ohnehin groß, deshalb hat die Bundeszahnärztekammer eine Sammlung von Empfehlungen für eine ressourcenschonende Zahnmedizin zusammengestellt. Diese Stoffsammlung greift Impulse aus unserer ganzen Welt-Community auf und wird demnächst online verfügbar sein. Die Bundeswehr galt vielen über lange Zeit als Relikt des kalten Krieges – ohne Bedeutung für die Zukunft. Erst jetzt, da ein heißer Krieg in Europa tobt, denkt man darüber nach, wie dumm es eigentlich ist, sich nicht verteidigen zu können. Wir Zahnärztinnen und Zahnärzte pflegen schon viel länger einen guten und respektvollen Kontakt zu unseren Soldatinnen und Soldaten. Kurz nach dem Überfall auf die Ukraine haben der Vorstand der Bundeszahnärztekammer, der Vorstand der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz und Vertreter der KZVen dem Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr in Koblenz einen Solidaritätsbesuch abgestattet. Der Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generalarzt Dr. Ulrich Baumgärtner, konnte eindrucksvoll belegen, wie wichtig es gerade jetzt ist, der Bundeswehr wieder ihr Abschreckungspotenzial zurückzugeben. Mit dem abschließenden Referat von Prof. Dr. Dr. Richard Werkmeister über die MKG-chirurgische Versorgung von Kriegsverletzten wurden die Schrecken des Krieges dann drastisch präsent. Eines lässt sich von dem russischen Despoten lernen: Nicht Hoffen und Bitten verhindert Kriege, sondern nur Mut und Entschlossenheit. Das kleine Volk der Ukrainerinnen und Ukrainer zeigt uns gerade, was Mut und Entschlossenheit sind. Lasst uns ihnen helfen, wo immer wir das können! Prof. Dr. Christoph Benz Präsident der Bundeszahnärztekammer Einen Beitrag zum Ukraine-Krieg finden Sie auf Seite 22. Foto: BZÄK/axentis.de Ukraine: Danke für diesen Mut! 06 | LEITARTIKEL

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zm112, Nr. 6, 16.3.2022, (486) EINRICHTUNGSBEZOGENE IMPFPFLICHT EXTREM FRUSTRIEREND Zum Beitrag „Bundesgesundheitsministerium: Ungeimpfte dürfen in Praxen vorerst weiterarbeiten“ in zm 4/2022, S. 26–28. Nun hat die Bundesregierung beschlossen, dass Beschäftigte im medizinischen Bereich dem Arbeitgeber bis zum 15. März 2022 einen Nachweis vorlegen müssen, dass sie entweder geimpft oder genesen sind. Ich hoffe, dass die Regierung sich auch weitere Gedanken gemacht hat, und zwar darüber was der Arbeitgeber tun soll, wenn der Mitarbeiter sich nicht impfen lassen möchte. Und zwar nicht, weil er Impfgegner ist, sondern weil er einfach ein Mensch ist, der hinsichtlich der Impfung Bedenken hat. Nun wird er gezwungen sich impfen zu lassen, ansonsten verliert er den Job? Wir haben einen absoluten Fachkräftemangel in Deutschland und das nicht erst seit gestern – sondern durch langjährige falsche Weichenstellungen in der Politik. Es ist sehr schwierig, gute Fachkräfte zu bekommen und dann auch noch zu halten. Nun ist endlich unsere Praxis einmal gut mit Personal bestückt; wir haben ein tolles Team und diese Idylle wird willkürlich zerstört. Das bedeutet für mich als Praxismanagerin: Das ganze Prozedere von vorn; mich wieder auf Angestelltensuche begeben, Anzeigen schalten, Anzeigen checken, Vorstellungsgespräche führen, Probetage vereinbaren, den bürokratischen Aufwand, den man Leserforum Foto: pictworks – stock.adobe.com für eine Neueinstellung benötigt, bewältigen, um eventuell einen Monat später festzustellen, dass der Mitarbeiter doch nicht geeignet ist? Das ist ein enormer zeitlicher und finanzieller Aufwand, ein viel zu hoher Aufwand sogar! Arbeitszeit, die mir keiner vergütet und die ich woanders dringend brauche, in einem gesetz-, regel- und dokumentationswütigen Deutschland. Es ist alles extrem frustrierend. Nicht nur der Job des Zahnarztes ist frustrierend, der der Praxismanagerin ebenso. Und eigentlich habe ich studiert, weil ich mich in meinem Beruf als Zahnmedizinische Fachangestellte nicht mehr wohlgefühlt habe. Wenig Anerkennung und Wertschätzung, schlechte Bezahlung, Überstunden und dann bekommt man noch die schlechte Laune des Behandlers ab und fungiert als Puffer zwischen ihm und der Belegschaft. Nun habe ich vier Jahre in meine Bildung investiert und erlebe jetzt hautnah in unserer eigenen Praxis, wie unser deutsches System unsere Existenz in vielerlei Hinsicht kaputt macht. Pandemiebedingte Existenzängste, die schlechte Vergütung der Leistungen durch die Krankenkassen, die Androhung von Regressen, wenn man der Dokumentationspflicht nicht nachkommt, der Fachkräftemangel usw. Das raubt immer öfter und zunehmend den Schlaf. Ein extrem banges Gefühl, was die Zukunft betrifft. Aber nun weiter zu unserer Mitarbeiterin: Diese ist eine 43-jährige Frau, die gerade eine Umschulung bei uns macht, weil der Beruf (zahnmedizinische Angestellte), den sie in ihrer Heimat Bolivien erlernt hat, hier im Land nicht anerkannt wird. Jetzt hat sie bald das erste Jahr geschafft und nun bekommt sie ein Beschäftigungsverbot? Nun droht ihr der Jobverlust und unserer Praxis ein erneuter Personalengpass. Sie wird arbeitslos – wer zahlt dann ihre weitere Umschulung und den Lebensunterhalt? Ich hoffe, dass die Politik sich auch über solche Konsequenzen Gedanken gemacht hat. Katharina Thalemann B.A., Burgdorf Praxismanagerin Aktuelle Informationen zur Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht finden Sie in diesem Heft auf S. 10. Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahrende Kürzungen vor. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an: leserbriefe@zm-online.de oder Redaktion: Zahnärztliche Mitteilungen, Chausseestr. 13, 10115 Berlin. Anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht. 08 | LESERFORUM

UKRAINE-KRIEG PRODUKTIONSKETTEN HINTERFRAGEN Zahnersatzimporte aus Russland und China könnten heute der Vergangenheit angehören. Frieden und Menschenwürde dürfen nie infrage gestellt werden. Ein deutsches Versprechen seit 77 Jahren. Dies ist täglicher Anspruch und tägliche Bürde, gerade im medizinischen Bereich in unserer Arbeit am und mit Menschen. Was kann man jetzt tun? Tatenlos bleiben darf man nicht! Als deutsche Zahnärzteschaft können wir nicht die Welt retten, aber wir können in unserem Verantwortungsbereich handeln. Mit der uns eigenen Gründlichkeit (dental wie deutsch) können wir bei unseren Lieferanten nachfragen: Kommen (Vor-)Produkte aus Russland oder aus China? Und wenn ja, dann Druck ausüben, dass die Produktionsund Lieferketten geändert werden. Zahnersatzimporte aus Russland und China könnten heute der Vergangenheit angehören, ebenso Behandlungshandschuhe, Einmalartikel etc. Bleiben wir nicht tatenlos und stumm. Heute ist die Zeit zu handeln. Dr. Martin Lukas, Mainz SCHALLZAHNBÜRSTEN KEIN WUNDERREINIGUNGSMITTEL Zum Beitrag „Aus der Wissenschaft: Schall- versus Handzahnbürste: Schall reinigte nicht besser“, zm 5/2022, S. 18–19. Vielen Dank für eine Studie, die unsere Beobachtungen in der Praxis methodisch belegt: Schallzahnbürsten sind leider keine Wunderreinigungsmittel, mit denen der Patient quasi von selbst die optimale Reinigung seiner Zahnoberflächen erreicht. Einen Einwand/Wunsch hätte ich noch: Oftmals ist die Anzahl der Probanden in zahnmedizinischen Studien sehr gering, worunter die Aussagekraft dieser Studien leidet. Auch in diesem Fall konnte man lediglich 30 Probanden für die Durchführung gewinnen. Ich hoffe also, dass man diese Studie zur Effektivität von Schallzahnbürsten mit neuen, respektive mehr Patienten weiterführen wird. Dr. Nahid Meyer-Tehrani, Braunschweig zm112, Nr. 6, 16.3.2022, (487) ZAHNERSATZ MIT QUALITÄTSVERSPRECHEN Eine sichere Entscheidung! QSDental geprüft AusVerantwortungfür Qualität &Sicherheit ® Es gibt doch nichts Schöneres als zufriedene Patienten. Bei der Versorgung mit Zahnersatz stehen Ihnen dieQS-Dental geprüften zahntechnischen Meisterlabore als optimaler Partner für Ihre Praxis immer kompetent zur Seite. Mit dem fachgerechtenQualitätssicherungskonzept QS-Dental setzen die Labore ein klares Qualitäts-Markenzeichen. Durch QS-Dental wird Qualität aus Meisterhand konsequent und nachvollziehbar dokumentiert für eine noch bessere zahntechnische Versorgung. Sie können sich hier stets bester Ergebnisse sicher sein – zumWohle aller Ihrer Patienten. Noch ohne QS-Labor? Gehen Sie auf Nummer sicher. Ihr QS-Dental geprüftes Meisterlabor vor Ort finden Sie unter: WWW.QS-DENTAL.DE LESERFORUM | 09

zm112, Nr. 6, 16.3.2022, (488) EINRICHTUNGSBEZOGENE IMPFPFLICHT Länder setzen Regelungen unterschiedlich um Seit dem 16. März gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht nach § 20a des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Nun sind die Bundesländer bei der Umsetzung und der Kontrolle der Impfpflicht am Zug. Dabei werden unterschiedliche Fristen und Prioritäten gesetzt, wie eine Übersicht über einige Bundesländer zeigt. Alle in einer Zahnarztpraxis tätigen Personen mussten bis zum 15. März 2022 entweder einen entsprechenden Immunitätsnachweis gegen COVID-19 oder aber ein ärztliches Attest darüber vorlegen, dass sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können. Neueinstellungen sind ab dem 16. März nicht möglich, wenn die neu zu beschäftigende Person keinen entsprechenden Nachweis vorlegt. Die zm hat in den vergangenen Ausgaben bereits ausführlich darüber berichtet. Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und das Bundesgesundheitsministerium (BMG) informieren auf ihren Websites umfassend über die jetzt gültigen Regelungen (siehe QRCodes). Die BZÄK und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) hatten sich im Februar kritisch zur Einführung einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht und zu deren möglichen negativen Folgen für die Patientenversorgung geäußert (zm 5/2022). Kürzlich hat die Vertreterversammlung der KZV Brandenburg eine Resolution beschlossen, in der sie sich gegen die Impfpflicht ausspricht (siehe Kasten). Entscheidend wird jetzt sein, wie die einzelnen Bundesländer die Nachweispflicht umsetzen und deren Einhaltung kontrollieren. Dazu haben die Gesundheitsministerien ihren nachgelagerten Gesundheitsbehörden unterschiedliche Vorgaben gemacht. NRW GIBT EINEN „FAHRPLAN“ HERAUS In Nordrhein-Westfalen hat das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) den Kommunen am 18. Februar einen „Fahrplan“ für die einrichtungsbezogene Impfpflicht an die Hand gegeben. Bei einem fehlenden Immunitätsnachweis haben die Praxen demnach bis zum 31. März Zeit, dies dem Gesundheitsamt zu melden. Nach der Meldung nimmt das Amt Kontakt zu der betroffenen Person auf. Wird dann „nach einer Keine Corona-Schutzimpfung oder Immunitätsnachweis? Dann müssen Angestellte jetzt von ihren Arbeitgebern bei den Gesundheitsämtern gemeldet werden. Die Fristen für die Meldung variieren in den Bundesländern. 10 | POLITIK

angemessenen Frist“ kein Nachweis vorgelegt, kann die Behörde ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot aussprechen. Dabei sollen aber „personenbezogene Aspekte“ (Art der Tätigkeit) und die Versorgungssituation vor Ort Beachtung finden. Konkret: „Um sich über diese und insbesondere über die gesundheitliche und pflegerische Versorgung in der Kommune einen Gesamtüberblick zu verschaffen, ärztliche Nachuntersuchungen durchzuführen und Meldefristen zu gewähren, haben die Kommunen bis 15. Juni 2022 Zeit, die Prüfungen abzuschließen“, heißt es vom MAGS. Das Ministerium geht in NordrheinWestfalen von rund 800.000 bis einer Million Beschäftigten aus, die von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht betroffen sind und schätzt, dass noch etwa 50.000 bis 100.000 Menschen in den Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen nicht über einen vollständigen Impfschutz gemäß § 20a IfSG verfügen. HESSEN SETZT AUF IMPFANGEBOTE In Hessen sind nach Angaben des dortigen Ministeriums für Soziales und Integration insgesamt 247.600 Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern, Arztpraxen oder anderen Gesundheitsberufen von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht erfasst. „Vorliegenden Daten zufolge sind knapp neun Prozent davon, 22.100 Beschäftigte, aktuell nicht geimpft oder haben in entsprechenden Umfragen keine Angabe zu ihrem Impfstatus gemacht“, erklärte das Ministerium am 1. März. Der Verfahrensweg in Hessen ist derselbe wie andernorts: Ungeimpften Beschäftigten soll „durch die stufenweise Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht die Chance gegeben werden, sich zeitnah impfen zu lassen“. Dabei schaffe der Öffentliche Gesundheitsdienst in Hessen „neben den bestehenden Impfangeboten mit Sonderimpfaktionen die Möglichkeit, sich mit dem neuen proteinbasierten Novavax-Impfstoff impfen lassen zu können“. Um den Verwaltungsaufwand gering zu halten, setzt Hessen außerdem auf eine neue digitale Meldeplattform, die am 16. März an den Start gehen soll. BRANDENBURG: VERBOTE ALS LETZTE STUFE Auch in Brandenburg soll ein „Meldeportal § 20a IfSG“ eingerichtet werden. Das Gesundheitsministerium will darüber informieren, sobald es zur Verfügung steht. Bis zum Redaktionsschluss war es noch nicht aktiv. Dort sollen die betroffenen Einrichtungen – auch Zahnarztpraxen – innerhalb von zwei Wochen nach dem 15. März die Personen melden, die keinen Immunitätsnachweis vorgelegt haben. „Gleichzeitig muss die Einrichtungsleitung mögliche Auswirkungen bei Nichteinsatz der beschäftigten Person bewerten“, hieß es am 18. Februar. Diese Bewertung müsse zusammen mit der Meldung erfolgen. Grundsätzlich werde das Gesundheitsamt jede gemeldete Person auffordern, innerhalb von drei Wochen einen entsprechenden Nachweis vorzulegen. Wenn gemeldete Beschäftigte dieser Aufforderung nicht nachkommen, folge eine erneute Aufforderung zur Vorlage eines Nachweises. „Diese Erinnerung soll ein Angebot einer Impfaufklärung, einer Impfung beziehungsweise die Vermittlung eines Impftermins sowie eine Aufklärung über die Konsequenzen einer Nichtvorlage des Impfnachweises beinhalten.“ Parallel zur Aufforderung, innerhalb von drei Wochen einen Nachweis vorzulegen, soll das jeweilige Gesundheitsamt die Versorgungsgefährdung prüfen. Wird eine solche Gefährdung festgestellt, wird für sechs Wochen kein Verfahren zum Betretungs- und Tätigkeitsverbot eingeleitet. In dieser Zeit soll die betroffene Einrichtung Maßnahmen ergreifen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, etwa durch Neueinstellungen, erläutert das Gesundheitsministerium. „Nach Ablauf dieser sechs Wochen muss eine erneute unaufgeforderte Einschätzung der Einrichtung zu den Auswirkungen mit einer detaillierten Begründung erfolgen. In der Regel erfolgt kein weiterer Aufschub“, so das Ministerium weiter. Bereits begonnene Impfserien sollen bei dem Verfahren berücksichtigt werden. Das Ministerium stellte zugleich klar, dass ein Betretungs- und TätigkeitsRESOLUTION DER KZV BRANDENBURG GEGEN DIE IMPFPFLICHT Die Vertreterversammlung der KZV Brandenburg sieht durch die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht die Verhältnismäßigkeit nicht gewährleistet und spricht sich gegen Zwangsmaßnahmen aus. Mit einer Zweidrittelmehrheit hat die Vertreterversammlung (VV) der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Land Brandenburg (KZVLB) eine Resolution beschlossen, die sich gegen die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht wendet. Darin wird die Landesregierung aufgefordert, sich beim Bund für die Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht für das Personal der Zahnarztpraxen einzusetzen. Die Verhältnismäßigkeit einer solch harten Maßnahme, die zu Tätigkeitsverboten und Praxisschließungen führen werde, sei angesichts geringer Hospitalisierungsraten nicht gewährleistet, hieß es am 28. Februar in einer Presseerklärung. Sven Albrecht, Vorsitzender der VV der KZVLB, sagte: „Die einrichtungsbezogene Impfpflicht triff einen Teil der Zahnarztpraxen in Brandenburg empfindlich. Nicht überall kann der Praxisbetrieb wie gewohnt aufrechterhalten werden, daher setzen wir uns für eine Aussetzung des Gesetzes zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht ein.“ Man befürchte bei einer strikten Anwendung des Gesetzes mit daraus folgenden Arbeitsverboten für ugeimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass es zu einer Verschlechterung der zahnärztlichen Versorgung und zu ungerechtfertigten Härten für einige, aber dennoch wichtige Angestellte komme. Eine weitere Erhöhung der Impfquote sollte stattdessen durch intensive Aufklärung und Überzeugung erfolgen. Außerdem heißt es in der Resolution: „Zwangsmaßnahmen erachten wir für wenig nachhaltig, um derartige Herausforderungen jetzt und in Zukunft in unserem Fachgebiet zum Wohle unserer Patienten zu meistern.“ zm112, Nr. 6, 16.3.2022, (489) POLITIK | 11

zm112, Nr. 6, 16.3.2022, (490) verbot die letzte Stufe des Verfahrens darstelle und dass Arbeitgeber nach § 20a IfSG keine Verpflichtung haben, ungeimpfte Beschäftigte unmittelbar am 15. März 2022 freizustellen. „RISIKOADAPTIERTES“ VORGEHEN IN SACHSEN In Sachsen hat die Versorgungssicherheit oberste Priorität. Auch dort gibt es ein mehrstufiges Verfahren und es gilt: Wenn trotz Anforderung kein Nachweis innerhalb der genannten Fristen vorliegt, kann das Gesundheitsamt ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot aussprechen. „Dies ist risikoadaptiert und der Versorgungssicherheit entsprechend vorzunehmen. Im Ermessen des Gesundheitsamtes ist zu prüfen, welches Infektionsrisiko für vulnerable Personen bei einer fortgeführten Tätigkeit bestehen würde und ob Hinweise auf wesentliche Beeinträchtigungen der Versorgung der Patienten oder Pflegebedürftigen als Folge der Umsetzung des Verbots vorliegen. Dazu ist die Einrichtung anzuhören“, hieß es am 18. Februar vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. BAYERN VOLLZIEHT „MIT AUGENMAß“ Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) erklärte am 1. März, dass seitens des Bundes noch zentrale Fragen offen blieben. „Bayern füllt diese Lücken nun selbst und vollzieht das Gesetz mit Augenmaß.“ Man werde die Impfpflicht in einem gestuften Verwaltungsverfahren umsetzen. „Für Bayern bedeutet dies: Die Einrichtungen melden ab dem 16. März zunächst die noch ungeimpften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und solche, die keinen gültigen Genesenenstatus oder ein ärztliches Attest bezüglich einer medizinischen Kontraindikation vorgelegt haben. Das Gesundheitsamt gibt diesen Personen dann die Möglichkeit, eine Impfberatung wahrzunehmen und die Entscheidung zu überdenken.“ Auf das Beratungsangebot folge eine förmliche Aufforderung zur Vorlage der gesetzlich festgelegten Nachweise beim Gesundheitsamt. Bleibe dies weiterhin aus, werde ein Bußgeldverfahren eingeleitet. In letzter Konsequenz – aber nur als Ultima Ratio – kann dann ein Betretungsverbot ausgesprochen werden. „Wir rechnen damit, dass aufgrund dieses gestuften Verfahrens eventuelle Betretungsverbote erst ab dem Sommer ausgesprochen werden können“, ergänzte Holetschek. Ziel sei es, noch möglichst viele ungeimpfte Mitarbeitende von einer Impfung zu überzeugen. Dabei setze man auch auf den proteinbasierten Impfstoff von Novavax. sr Alle wichtigen Informationen rund die einrichtungsbezogene Impfpflicht finden Sie auf den Websites der Bundeszahnärztekammer und des Bundesgesundheitsministeriums. Foto: zm-sr EINRICHTUNGSBEZOGENE IMPFPFLICHT VERSORGUNGSDEFIZIT VON 15 PROZENT ALS FOLGE? Wird im Rahmen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht das Betretungsverbot für ungeimpftes Gesundheitspersonal konsequent umgesetzt, könnte dies zu einem Versorgungsdefizit von durchschnittlich 15,3 Prozent führen. Zu dem Ergebnis kommt eine neue Studie der Alice Salomon Hochschule (ASH) Berlin. Das hieße, dass in der ambulanten Pflege rund 200.000 (-19,9 Prozent), in Krankenhäusern 2,5 Millionen (-13,1 Prozent) und in der stationären Langzeitpflege 50.000 Menschen (-5,9 Prozent) nicht mehr versorgt werden könnten. Die Autoren befragten vom 23. Januar bis zum 15. Februar bundesweit gut 1.800 Gesundheitseinrichtungen und -dienste mit fast 130.000 Pflegenden zu Impfquoten und Anzahl der zu versorgenden Menschen vor und nach Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Laut Studie liegt deren Impfquote mit über 82 Prozent über der der Allgemeinbevölkerung. Gräske, J., Forbrig, T.A. (2022): Mögliche Folgen der Einrichtungsbezogenen Impfpflicht nach § 20a Infektionsschutzverordnung – eine Querschnittserhebung von Einrichtungen nach SGB V und SGB XI. Alice Salomon Hochschule Berlin. 12 | POLITIK

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zm112, Nr. 6, 16.3.2022, (492) TEIL-IMPFPFLICHT Der Blick auf andere Länder Europas Deutschland führt die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Pflege- und Gesundheitsberufe ein – wie die Umsetzung aussehen könnte, zeigt der Blick auf einige europäische Nachbarn. Die Teil-Impfpflicht ist nicht nur hierzulande verpflichtend. ITALIEN Eine Teil-Impfpflicht für Ärzte und Krankenhauspersonal, für Polizei, Militär, Schulpersonal sowie Beschäftigte in Seniorenheimen gibt es hier seit April 2021. Laut Angaben der nationalen Ärzte- und Zahnärztekammer (FNOMCeO) haben derzeit knapp 30.000 Ärzte ein unvollständiges Corona-Impfregister (Stand: Anfang Februar). Dazu gehören aber auch Genesene, die auf ihre Impfung warten müssen, sowie Personen, die im Ausland geimpft wurden oder die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können. Aber es fehlen dem Gesundheitssystem auch Tausende Mitarbeiter wie Krankenschwestern und Pfleger, weil sie nicht geimpft sind. Gegen die Impfpflicht für das Gesundheitspersonal sind auch Klagen anhängig. Seit dem 8. Januar dieses Jahres gibt es im Land zudem eine allgemeine altersbezogene Impfpflicht. Wer 50 Jahre oder älter ist und sich bis Anfang Februar nicht hat impfen lassen, darf nur noch arbeiten gehen, wenn er genesen oder geimpft ist – ein negativer Test reicht nicht mehr aus. Anderenfalls droht zwar nicht der Arbeitsplatzverlust, wohl aber Suspendierung und kompletter Verdienstausfall. Die Impfpflicht ist zunächst bis zum 15. Juni begrenzt. Die Steuerbehörde ist befugt, Einblick in die Impfregister der Gesundheitsbehörden zu nehmen. Wer nicht geimpft ist, dem drohen Bußgelder. Seit dem 1. Februar droht Personen über 50 Jahren ohne vollständigen Impfschutz eine Strafe in Höhe von 100 Euro. Deutlich höher sind die Sanktionen für diejenigen, die ohne den im Oktober 2021 eingeführten sogenannten Super Green Pass (Nachweis gemäß 2G-Regel) ihre Arbeitsstätte aufsuchen. Beim ersten Verstoß drohen Strafen zwischen 600 und 1.500 Euro. Wer erwischt wird, wird, wird ohne Zahlung von Gehalt und Sozialabgaben von der Arbeit suspendiert. Entlassungen dürfen wegen eines Verstoßes gegen die Impfpflicht jedoch nicht ausgesprochen werden. Arbeitgeber, die ihrer Kontrollpflicht nicht nachkommen, müssen mit Strafen zwischen 400 und 1.000 Euro rechnen. Ob die Einführung der altersbezogenen Impfpflicht allerdings zum erwünschten Ergebnis geführt hat, ist im Land umstritten. FRANKREICH In Frankreich gilt seit dem 15. September 2021 eine Corona-Impfpflicht für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Krankenhäusern, Altenoder Pflegeheimen, Pflegediensten, Rettungsdiensten, Polizei, ÖPNV und Feuerwehr. Vom 15. September bis zum 15. Oktober mussten sie nachweisen, dass sie zumindest die erste Impfung erhalten haben und einen negativen Test vorweisen können. Nach dem 15. Oktober sollten sie vollständig geimpft sein. Wer sich nicht an die Regel hält, wird ohne Gehalt freigestellt. Nach kontroversen Debatten, einem Einschalten der Gewerkschaften und Massenprotesten gab es im Parlament letztlich klare Mehrheiten pro Impfpflicht. Auch die meisten Berufsverbände stimmten zu. Wer sich dem Impfen verweigert, dem droht nun zwar nicht mehr die Entlassung, aber eine befristete Freistellung ohne Lohnfortzahlung. Nach Angaben des französischen Gesundheitsministeriums hat sich der überwiegende Teil an die Vorschrift gehalten, es gab aber einige Suspendierungen. GRIECHENLAND Seit Mitte Januar ist in Griechenland eine Impfpflicht für Personen über 60 Jahren in Kraft. Bereits seit Mitte August gilt zudem eine Impfpflicht für das Personal von Altersheimen und seit dem 1. September für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen. Wer sich nicht daran hält, wird ohne Gehalt freigestellt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte eine vorübergehende Aussetzung der CoronaImpfpflicht für Gesundheitspersonal in Griechenland abgelehnt. Zuvor hatten 30 Beschäftigte des Gesundheitssektors um einen sofortigen Stopp in Form einer einstweiligen Maßnahme gebeten. Foto: AdobeStock_alexkich 14 | POLITIK

GROßBRITANNIEN Ab dem 1. April hätte auch in Großbritannien eine Impfpflicht für Gesundheitsberufe gelten sollen. Nun hob die Regierung die Verordnung kurz vor der Einführung doch auf. Die Verpflichtung zur Impfung gegen COVID-19 für medizinische Berufe war auch in Großbritannien von Anfang an umstritten. Ärzte, Pfleger und Krankenschwestern hätten ab dem 1. April ungeimpft beziehungsweise unvollständig geimpft nicht mehr arbeiten dürfen. Nun wird das Vorhaben aufgrund der sinkenden Zahl der Neuinfektionen, der milden Omikron-Verläufe sowie der geringen bis normalen Auslastung der Intensivstationen gekippt. Der britische Gesundheitsminister Sajid Javid sagte im Londoner Unterhaus, die Einführung der Impfpflicht für Personen aus dem Gesundheitswesen sei „nicht länger verhältnismäßig“ und somit nicht mehr zu rechtfertigen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums haben bislang 92 Prozent der im Gesundheitswesen National Health Service (NHS) Beschäftigten mindestens zwei Corona-Impfungen erhalten. In einer Umfrage hatten sich zuvor 90 Prozent der Bevölkerung für die Abschaffung der gesetzlichen Verpflichtung zur Doppelimpfung von Mitarbeitern des Gesundheits- und Sozialwesens ausgesprochen. Die British Medical Association (BMA), die bedeutendste Berufsorganisation für Ärztinnen und Ärzte in Großbritannien, bewertet den Stopp der Impfpflicht als „Sieg der Vernunft“. Der Schritt sei „richtig“. BELGIEN Belgien hat im vergangenen November eine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal auf den Weg gebracht. Bis zum 1. April 2022 soll jeder Mitarbeiter im belgischen Krankenpflegebereich vollständig geimpft sein. Neben Ärzten und Krankenpflegern betrifft dies auch Zahnärzte, Apotheker, Hebammen, Diätassistenten, Ergotherapeuten, Homöopathen, Akupunkteure, Logopäden, Physiotherapeuten und andere ähnliche Berufe. Rund 500.000 Beschäftigte im Gesundheitswesen sind davon betroffen. Wer zum Stichtag nicht vollständig geimpft ist, darf seinen Beruf nicht mehr ausüben beziehungsweise verliert seine Zulassung. Praktizieren Betroffene ungeimpft und dann ohne Zulassung weiter, drohen ihnen Sanktionen, die von hohen Geldbußen bis hin zu Gefängnisstrafen gehen können. Heftige Kritik kommt von den Gewerkschaften. pr Recherche: erste Märzwoche 2022 Medizinische Exklusiv-Zahncreme mit Natur-Perl-System TITANDIOXID NEU OHNE www.pearls-dents.de Praxisstempel, Anschrift Datum, Unterschrift zmMärz 22 Dr. Liebe Nachf. GmbH & Co. KG D-70746 Leinfelden-Echterdingen bestellung@pearls-dents.de 1 Klinische Anwendungsstudie unter dermatologischer und zahnmedizinischer Kontrolle, durchgeführt von dermatest 11/2021 2 Messmethode „Züricher Modell“. Pearls & Dents bisher: RDA 32 Hocheffektiv und ultrasanft – die neue Pearls & Dents Jetzt weiter optimiert: «ohne Titandioxid Natürlichkeit, die man sehen kann «hocheffektive Reinigung 86,6 %weniger Plaque1 «ultrasanfte Zahnpflege RDA 282 «optimaler Kariesschutz mit Doppel-Fluorid-System1.450 ppmF «100% biologisch abbaubares Natur-Perl-System Kostenlose Proben Bestell-Fax: 0711 75 85 779-62 POLITIK | 15

DATENSCHUTZ-VERSTÖßE BEI KONNEKTOREN KZBV: „Zahnarztpraxen sind nicht in der Verantwortung!“ Wie das Magazin c’t berichtet, protokollieren die Konnektoren des Herstellers secunet unbefugterweise Patientendaten. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) fordert Hersteller und gematik auf, diese Vorwürfe aufzuklären. Zahnärztinnen und Zahnärzte sieht die KZBV ausdrücklich nicht in der Verantwortung. Die Hersteller von Konnektoren dürfen keinen Zugriff auf personenbezogene Logdaten erhalten“, stellte der stellvertretende KZBV-Vorsitzende Dr. Karl-Georg Pochhammer klar. Das sei in den Produkt-Spezifikationen klar ausgeschlossen und werde im Rahmen der Zulassung von der gematik und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) geprüft. Pochhammer: „Sollten bei diesen Verfahren Fehler passiert sein und sich die Vorwürfe tatsächlich bewahrheiten, müssen die Probleme so schnell wie möglich behoben werden. Zugleich müssen betroffene Praxen umgehend darüber informiert werden, wie und wann die fehlerhaften Konnektoren wieder bestimmungsgemäß arbeiten.“ DIE GEMATIK HAT DEN KONNEKTOR ZUGELASSEN Die Bewertung des Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI), Prof. Ulrich Kelber, der dem Bericht zufolge die Praxen in der Verantwortung sieht, weist die KZBV entschieden zurück. „Die zitierte Aussage ist sehr ärgerlich. Und sie ist falsch!“, betonte Pochhammer. C'T-RECHERCHE ERGEBNISSE UND REAKTIONEN Die Experten des c't-Magazins fanden von Mai 2020 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums im Juli 2021 personenbezogene Dateien in den entsprechenden Log-Dateien von secunet – einer von drei Anbietern, die Konnektoren für die TI bereitstellen. In den Spezifikationen der für die TI verantwortlichen gematik (gemSpec_Kon_ V4.11.1.doc und gemSpec_Kon_V5.8.0.docx) steht aber gleichlautend: „Personenbezogene Daten DÜRFEN NICHT in Protokolleinträgen gespeichert werden.“ Wie das Magazin am 24. Februar berichtete, hatte die Redaktion den Verstoß Mitte Januar dem Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI) gemeldet, der demnach am 14. Februar „eine Datenschutzverletzung nach Art. 33 Abs. 1 DSGVO“ feststellte. BfDI-Sprecher Christof Stein zufolge habe die gematik daraufhin secunet informiert, denn selbst mit der aktuellen Software 4.10.1 protokolliere der secunet-Konnektor mmer noch personenbezogene Daten und verstoße damit gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Secunet erwiderte, man wolle den Fehler in einem kommenden Update des Konnektors beheben. Datenschutzrechtlich verantwortlich für die Konnektoren sind aus Sicht des BfDI allerdings „Ärzte und Leistungserbringer“, soweit sie über die Mittel der Datenverarbeitung mitentscheiden – nicht die für den Betrieb der TI verantwortliche gematik, die die fehlerhaften Konnektoren trotz Prüfung überhaupt erst zugelassen hat. In einem Statement an c't vom 25. Februar widerspricht secunet dem Vorwurf des BfDI, dass ein Datenschutzverstoß vorliegt: „Nur die Leistungserbringer-Institutionen und von ihnen beauftragte Dienstleister können auf KonnektorProtokolle zugreifen. [...] Daher liegt weder ein Verstoß gegen die Spezifikationen noch gegen geltende Datenschutzbestimmungen vor. Ungeachtet dieser Auffassung wird secunet dem Wunsch der gematik entsprechen und die Protokollierung der Seriennummer des Zertifikats der eGK derart anpassen, dass die Seriennummern nicht mehr aus den Logs ermittelt werden können.“ Foto: Adobe Stock_Suttipun Konnektoren dürfen keine persönlichen Daten aufzeichnen – die Modelle der secunet AG scheinen jedoch genau das zu tun. 16 | POLITIK

„Zahnarztpraxen sind gesetzlich verpflichtet, sich an die Telematikinfrastruktur anzuschließen“, erläuterte er. „Die Verarbeitung personenbezogener Daten liegt dabei ausdrücklich nicht in ihrer Verantwortung, weil Praxen eben nicht über die Mittel der Datenverarbeitung mitentscheiden, sondern nach dem Willen des Gesetzgebers einen zugelassenen Konnektor einsetzen müssen.“ „ABWEGIG, DEN PRAXEN JETZT DIE SCHULD ZU GEBEN“ Zahnärztinnen und Zahnärzte hätten also schlichtweg keine Möglichkeit, Einfluss auf das in dem Bericht geschilderte Vorgehen des Konnektors zu nehmen. „Vor diesem Hintergrund ist es vollkommen abwegig, nun den Praxen die Schuld an dieser erneuten TI-Panne in die Schuhe zu schieben.“ Die KZBV verwahre sich im Namen des gesamten Berufsstands gegen solche unzutreffenden Schuldzuweisungen. „Wenn Prof. Kelber als BfDI sich schon medienwirksam auf Fehlersuche begibt, dann sollte er damit zunächst beim Hersteller secunet, bei der gematik und beim BSI beginnen.“ Die letztlich Verantwortlichen müssten die betroffenen Praxen schnellstmöglich über den Vorfall aufklären und klarstellen, dass die Zahnärzte für die vermeintlichen Fehler eben nicht verantwortlich sind, sagte Pochhammer. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sieht die Verantwortung für die Gewährleistung der technischen Anforderungen an die Datenschutzsicherheit im Rahmen des Prüf- und Zulassungsprozesses bei der gematik. Auf diese Prüfungen dürften und müssten sich Ärzte und Patienten verlassen können. ck GEMATIK WIDERSPRICHT C‘T Die fraglichen Protokolle seien nur den Ärzten und gegebenenfalls ihren Dienstleistern zugänglich, teilt die gematik in Reaktion auf den c‘t-Bericht mit. Diese könnten aber ohnehin anhand der Primärdaten nachvollziehen, welche Patienten die Praxis besucht haben: „Damit hat zunächst keine Datenschutzverletzung stattgefunden.“ Darüber hinaus wären Dritte nicht in der Lage, von der Zertifikatsseriennummer direkt auf die Identität der Versicherten zu schließen. Hierfür müsste der (korrekte) Trust Service Provider der Krankenkasse mit dieser „dritten Person“ widerrechtlich kooperieren und die Identität offenlegen – ein Szenario, das aus Sicht der gematik kein reales Risiko darstellt. Die Speicherung der Zertifikatsseriennummern entspreche aber nicht der Intention der Spezifikation. Ein entsprechender Hotfix für den PTV-5 sei bei secunet in Planung. Ärzte sollten dieses Update dann wie üblich installieren. Bis dahin könnten die Konnektoren ohne Einschränkung bestimmungsgemäß verwendet werden. zm112, Nr. 6, 16.3.2022, (495) A B Volle visuelle Kontrolle über jeden Schritt dank einzigartigem Farbumschlag Immer nur 3 Schritte: Mischen – Auftragen – Verblasen – Fertig! Egal welche Oberfläche! Eins haftet immer. Universal Bond II 1 2 3 Keine Einwirkzeit Kein Lichthärten Das Fundament dentaler Restaurationen Ob direkte oder indirekte Restaurationen, eins der innovativen Monomere haftet immer, egal was Sie befestigen wollen. NEU Mehr unter  POLITIK | 17

zm112, Nr. 6, 16.3.2022, (496) MITARBEITERMOTIVATION So loben Sie richtig! Anke Handrock, Maike Baumann Eine ZFA macht ohne Aufhebens einen super Job. Sollte man sie für ihre souveräne Routine immer wieder mal loben? Bei dem Neuen hat sich nach Wochen endlich der Schalter umgelegt und er versteht so langsam, worauf es bei der Arbeit ankommt. Ist das nicht viel mehr eine Rückmeldung wert? Feedback zu geben ist eine Kunst, denn wer es falsch macht, riskiert viel Knatsch im Team. Eine neue Mitarbeiterin hat in der Praxis angefangen. Sie stellt sich geschickt an, kennt aber natürlich noch nicht alle Abläufe. Heute hat sie Ihnen das erste Mal assistiert und Sie bemerken gleich, wie aufmerksam und gut sie arbeitet. Das eine oder andere könnte noch schneller gehen, aber insgesamt passt das schon. Nach der OP trägt die ZFA dann die Dokumentation in angemessenem Umfang in die Patientenakte ein. Sie bedanken sich kurz und wollen direkt ins nächste Behandlungszimmer wechseln. Da sieht Ihre neue Mitarbeiterin Sie fragend an. Sie nicken noch einmal freundlich und gehen zur nächsten Patientin. In der Pause bekommen Sie mit, dass die neue Mitarbeiterin mit einer Kollegin darüber spricht, dass sie das Gefühl hat, Sie seien unzufrieden. Was hat sie erwartet? Lob? Kritik? Sie haben sich doch angemessen bedankt. Was hier geholfen hätte, wäre ein klares positives Feedback gewesen. Gerade für Routinetätigkeiten erhalten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oft nur sporadisch Rückmeldungen. In unseren Führungsweiterbildungen für Mitarbeitende ist der Mangel an klarem Feedback die häufigste Klage. Das ist schade, denn die Motivationssysteme werden abgeschaltet, wenn keine Chance auf soziale Zuwendung besteht. Feedback ist eine gute Möglichkeit, diese Chance zu nutzen und die Motivation zu fördern. ÜBER DEN GRÜNEN KLEE LOBEN? NICHT DOCH! Generell gibt es sehr unterschiedliche Formen der Rückmeldung. Dabei geht es nicht darum, für jede Kleinigkeit über den grünen Klee zu loben. Beim klassischen Lob wird die ganze Person beurteilt. Das ist zum Beispiel bei Kindern angebracht. Ein kleiner Patient, der bei einer Behandlung gut mitgearbeitet hat, reagiert positiv auf ein Lob wie „Das hast du wirklich gut gemacht, du bist wirklich schon groß und bekommst das ja schon richtig gut hin!“. Das gleiche Lob gegenüber einer Mitarbeiterin erzeugt eher Unwillen. Sie kommt sich durch solch eine hierarchische Kommunikation von oben herab behandelt vor. Außerdem erhöht man so die Konkurrenz und gegebenenfalls auch die Eifersucht im Team. Ein derartiges Lob ist daher in Arbeitskontexten eher kontraproduktiv. Feedback hingegen beurteilt niemals die Person, sondern immer eine spezifische Handlung und ist deshalb auch nicht hierarchisch bewertend. Ein gut aufgebautes Feedback steigert daher die Zufriedenheit und die Motivation. DR. MED. DENT. ANKE HANDROCK Praxiscoach, Lehrtrainerin für Hypnose (DGZH), NLP, Positive Psychologie, Coaching und Mediation, Speakerin und Autorin anke@handrock.de Foto: Peter Adamik Foto: AdobeStock_sewcream Wenn Sie richtig feedbacken, können Sie das Verhalten Ihrer Mitarbeitenden positiv verstärken. 18 | PRAXIS

JetZt NEu – mit Flip Top DecKel!

zm112, Nr. 6, 16.3.2022, (498) Ganz grob kann man dabei folgende Feedback-Formen unterscheiden: \ spezifisch positives Feedback, \ spezifisch negatives Feedback, \ allgemein positives Feedback und \ allgemein negatives Feedback. (Die Tabelle gibt einen Überblick über Formen, Beispiele und Folgen.) MECKERN FÄLLT AUF EINEN SELBST ZURÜCK Nicht jede Rückmeldung und jeder Kommentar sind ein Feedback. Oft werden im Alltag quasi gemäß der „Schulhofkommunikation“ unspezifische, unstrukturierte negative Rückmeldungen gegeben (Beispiel 4 in der Tabelle). Häufig dient das einfach dazu, den eigenen Unmut loszuwerden. Das belastet die Beziehung und führt nur dazu, dass der Kritisierende selbst schlecht dasteht. Feedback hingegen ist eine Kommunikationsform, die der systematischen Lenkung des Verhaltens dient. Es ist ein Führungsinstrument, das darauf abzielt, erwünschtes Verhalten zu verstärken und unerwünschtes Verhalten zu eliminieren. Ein Feedback sollte darum so gestaltet sein, dass für das Gegenüber die positive Intention des Feedbackgebenden spürbar ist. Nur so lässt sich gewährleisten, dass die erhaltene Rückmeldung auch auf Dauer zu dem gewünschten Verhalten führt. Wenn das Feedback aus einer insgesamt wohlwollenden Grundhaltung gegeben wird, steigen die Akzeptanz und die Umsetzungsrate deutlich. Dazu gehören folgende Einstellungen vom Feedbackgebenden: \ Ich möchte die Entwicklung der anderen Person fördern und sie beim Auf- und Ausbau ihrer Kompetenzen unterstützen. \ Ich möchte auf Dauer die Leistungsfähigkeit des Betriebs steigern. \ Ich möchte dafür sorgen, dass in meinem Team generell eine positive und leistungsfördernde Atmosphäre herrscht. Untersuchungen haben gezeigt, dass Betriebe besonders effizient arbeiten, wenn die Menge des positiven, bestätigenden Feedbacks mindestens drei- bis fünfmal so hoch ist wie die der negativen Rückmeldungen. Allgemein positive Rückmeldungen sorgen für gute Stimmung im Team. Systematische spezifisch-positive Rückmeldungen stabilisieren Lernvorgänge und führen zu einer immer weiteren Optimierung des Verhaltens (Shaping). Spezifisch positives Feedback ist besonders wirksam, wenn es nach diesen Grundprinzipien gestaltet wird: 1. Verhalten beschreiben: Ich beschreibe exakt das Verhalten, das stabilisiert und verstärkt werden soll. 2. Interpretation: Ich beschreibe, wie dieses Verhalten auf mich (oder auf eine andere Person) gewirkt hat oder was es bedeutet. Dabei spreche ich explizit von mir (Ich-Botschaften)! 3. Emotion: Ich benenne meine Gefühle – also ich sage, dass ich mich darüber gefreut habe. Gegebenenfalls schließe ich mit einem Dank ab. (Beispiel 1 in der Tabelle folgt diesem Prinzip.) Solch ein Aufbau hat folgende Wirkung: 1. Durch die exakte Beschreibung erfährt das Gegenüber, welches Verhalten genau im Fokus des Feedbackgebenden liegt. Die Wahrnehmung wird auf genau diesen Aspekt gelenkt. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Bemühungen wahrgenommen und wertgeschätzt wurden. VERSCHIEDENE FEEDBACK-FORMEN UND DEREN WIRKUNG Positives Feedback Negatives Feedback Tab. 1, Quelle: Handrock/Baumann Spezifisches Feedback Beispiel 1: „Sie haben gerade sehr konzentriert bei der Operation assistiert und abgesaugt. Dadurch konnte ich sehr zügig arbeiten. Das ist für den Patienten sehr gut, denn die Wunde war nur sehr kurz offen. Ich habe mich wirklich darüber gefreut, wie gut das geklappt hat. Danke!“ Wirkung: Verstärkt das entsprechende explizit benannte Verhalten und führt zu Zufriedenheit. Beispiel 3: „Mir ist aufgefallen, dass Sie während der Behandlung zweimal das Zimmer verlassen haben, um Kunststoff und die Lampe zu holen. Das hat die Behandlung unterbrochen, der Patient war irritiert. Bitte sorgen Sie das nächste Mal dafür, dass vor Behandlungsbeginn alle Materialien und die Lampe im Raum sind, wenn wir eine Kompositfüllung legen.“ Wirkung: Bewirkt auf Dauer eine Verhaltensänderung. Das zu verändernde Verhalten ist klar beschrieben und das erwünschte Zielverhalten ist klar benannt worden. Allgemeines Feedback Beispiel 2: „Das war heute wieder ein ausgesprochen angenehmer Vormittag mit Ihnen, alles war super vorbereitet und hat perfekt geklappt. Es hat mir wirklich Freude gemacht, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Danke!“ Wirkung: Verstärkt die gute Stimmung im Team, hat jedoch keine Auswirkung auf ein bestimmtes Verhalten. Beispiel 4: „Das hat hier mal wieder überhaupt nicht funktioniert, es hat wieder alles mögliche gefehlt! So geht das nicht!“ Wirkung: Führt zu negativer Stimmung und häufig zur Interpretation, dass der Chef gerade schlechte Laune hat. In der Regel bewirkt es keine gezielte Verhaltensänderung. Gleichzeitig führt der Ärger zu Abwehrverhalten. 20 | PRAXIS

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