Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

GROßE FORTBILDUNG Regenerative Therapien ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN I WWW.ZM-ONLINE.DE AUSGABE 15-16 I 2022 Kabinettsentwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz Warum die geplanten Maßnahmen im zahnärztlichen Bereich fatale Folgen haben werden. SEITE 16 Praxisführung in Gemeinschaftspraxen Wer chaotische Strukturen vermeiden will, muss klar regeln und kommunizieren, bei wem die Verantwortung liegt. SEITE 26 Gesundheit, Ästhetik und Ökonomie in der Zahnmedizin Im Konflikt zwischen Patient und Kunde – der Spagat zwischen medizinischer und rein ästhetischer Behandlung. SEITE 72 zm16.8.2022, Nr. 15-16

Einfach. Machen. Die Zukunft der Medizin braucht gute Antworten. Lass sie uns gemeinsamfinden. Nimm teil am #DigitalHealthDialogue. Wie wird Digitalisierung dein Arbeiten verändern? Deine Antwort zählt: meinebfs.de/dhd

zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1453) damit einen umfassenden Überblick über dieses spannende Thema geben zu können. Außerdem beschäftigen wir uns im zweiten Teil unseres Praxisratgebers zum Thema Schnittstellenkommunikation damit, wie mit Problemen umzugehen ist, die entstehen können, wenn es Führungsduos in der Praxis gibt. Dabei geht es um die Frage, wer eigentlich den Hut auf hat. Wir zeigen Lösungsstrategien, mit denen Machtvakuen vermieden werden können. Dann beleuchten zwei Experten das immerwährende Problemfeld zwischen Patient und Kunde. Ist eine Behandlung medizinisch indiziert oder ist sie rein ästhetisch? Wie sieht es mit der Medizinethik aus? Was ist vertretbar? Dieses Dilemma, das nicht leicht aufzulösen ist, wird intensiv erörtert. Darüber hinaus erinnern wir an einen rasenden Zahnarzt, der kürzlich im Alter von 90 Jahren verstorben ist. Der Brite Tony Brooks tauschte in den 50er-Jahren den Zahnarztstuhl gegen das Cockpit eines Formel-1-Boliden und war damit einige Jahre äußert erfolgreich. Fast wäre er Weltmeister geworden. Außerdem gewann er 1959 das einzige Formel-1-Rennen auf der Berliner AVUS. Mit nur 29 Jahren kehrte Brooks dem Rennsport den Rücken. Wir zeigen diese schillernde Persönlichkeit, die etwas in Vergessenheit geraten ist. Ein Sommer darf auch unterhaltsam sein. Viel Spaß bei der Lektüre. Sascha Rudat Chefredakteur Sommer ohne Loch Eine ruhige Sommerzeit sieht anders aus. Während die Temperaturen in Deutschland und anderswo immer neue Höchststände erreichen, kommt es auch auf (gesundheits-)politischer Ebene kaum zu Abkühlungen. Möglicherweise hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach auch gehofft, das vollmundig GKV-Finanzstabilisierungsgesetz genannte Stückwerk würde sangund klanglos im Sommerloch verschwinden. Aber der Aufruhr nach dem Kabinettsbeschluss zu diesem Gießkannengesetz ging flächendeckend durch die Selbstverwaltung: Zahnärzteschaft, Ärzteschaft, Krankenkassen und noch einige mehr üben massive Kritik. Denn eins ist klar: Strukturelle Probleme löst dieses Gesetz nicht, dafür werden die Folgen für die gesundheitliche Versorgung drastisch sein. Insgesamt befinden wir uns in der Zeit der heißen Nadel. Die für den Herbst beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie lassen einen auch nicht besser schlafen – von den gesamtwirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges ganz zu schweigen. Es fällt also wahrlich nicht leicht, sommerlich-leichten Optimismus zu versprühen. Mitten ins Sommerloch fiel dann auch der nächste Akt im nicht gerade an Possen armen TelematikinfrastrukturTheater. Die Computerzeitschrift c’t hatte sich den Konnektor näher angeschaut und kam zu der Auffassung, dass deren angekündigter Austausch nicht erforderlich sei, um ein neues Krypto-Zertifikat zu implementieren. Bekanntermaßen ist der Austausch von 130.000 Konnektoren in Praxen und Kliniken laut gematik wegen auslaufender Zertifikate notwendig. Es folgte ein Schlagabtausch zwischen gematik und c’t. Zur Beruhigung trug das folgende Kommunikationsverhalten der gematik bei ihren Gesellschaftern und bei den betroffenen (Zahn-)ärztinnen und (Zahn-)ärzten dabei allerdings nicht gerade bei. Was sowohl die KBV, als auch die KZBV zu ziemlich deutlich formulierten Stellungnahmen in Richtung gematik führte. Aktueller Stand: Die gematik bleibt dabei, der Konnektorentausch sei erforderlich. Am 1. September steht die nächste gematik-Gesellschafterversammlung an. Man darf gespannt sein ... Eine Menge Drama für ein vermeintliches Sommerloch. Ganz ohne Drama geht es im ersten Teil unserer großen Fortbildung zu. Wir beschäftigen uns in dieser und den nächsten beiden Ausgaben intensiv mit dem Themenkomplex Regenerative Therapien. In insgesamt sieben Artikeln gehen wir der Frage nach, wo die regenerative Zahnmedizin derzeit steht. Trotz vieler Fortschritte bei der Regeneration von Knochen, Nerven und Geweben gibt es nach wie vor Grenzen. Wir erläutern, welche Methoden in welchen Fällen erfolgreich anwendbar sind. Dabei werfen wir natürlich auch einen Blick auf mögliche zukünftige Entwicklungen. Wir hoffen, Ihnen Foto: Lopata/axentis EDITORIAL | 03

zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1454) MEINUNG 3 Editorial 6 Leitartikel 8 Leserforum POLITIK 16 Kabinettsentwurf zum GKVFinanzstabilisierungsgesetz Die Budgetierung droht 20 ZÄK Westfalen-Lippe Klage gegen Kammerwahl 2019 abgewiesen 60 Wissenschaftsrat zur Digitalisierung „Die Nicht-Nutzung von Daten kann Menschenleben kosten!“ 68 Angebote in benachteiligten Stadtteilen Gesundheitskioske lotsen in die passende Versorgung ZAHNMEDIZIN 10 Studie aus Jordanien Männer haben schlechtere Zähne 22 Praxisbefragung der AG Keramik Digitale Herstellung, Vollkeramik und Zirkonoxid weiter im Trend 30 MKG-Chirurgie Das Nierenzellkarzinom beim Hauszahnarzt TITELSTORY 42 Fortbildung „Regenerative Therapien“ 44 PRF: Biologie und Wirkungsweise, Indikationen, klinische Anwendung 50 Die Regeneration von verletzten Nerven 66 Aus der Wissenschaft Gute klinische Ergebnisse bei Zirkonoxidabutments mit Titanklebebasis 76 Metastudie aus 15 Ländern Orale Manifestationen von COVID-19 – ein Update Inhalt Foto: picture alliance_ullstein bild 38 Der rasende Zahnarzt Rennfahrerlegende Tony Brooks gewann das einzige Formel-1-Rennen auf der AVUS. 12 Die Konnektor-Debatte Die gematik bleibt dabei, der Austausch ist alternativlos. Doch die Kritik wächst. Foto: Maksym Yemelyanov – adobe.stock.com Titelfoto: Sebastian Blatt 04 | INHALTSVERZEICHNIS

zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1455) PRAXIS 12 Streit um Konnektoraustausch eskaliert gematik versus c‘t 26 Schnittstellenkommunikation – Teil 2 Wer ist hier eigentlich die Chefin? 58 Praxisgründerin Lara Wolf-Löblich „Die beste Job-Entscheidung meines Lebens“ GESELLSCHAFT 38 Nachruf auf Rennfahrerlegende Tony Brooks Wie der „rasende Zahnarzt“ fast Formel-1-Weltmeister wurde 72 Gesundheit, Ästhetik und Ökonomie in der Zahnmedizin Im Konflikt zwischen Patient und Kunde 78 Studie unter der Leitung der Universität Cambridge Warum Kaiser Tiberius das Küssen verbot 80 British Dental Association schlägt Alarm Politikchaos, Kosten explodieren, Dentaltourismus nimmt zu MARKT 84 Neuheiten RUBRIKEN 36 Urteile 62 Termine 64 Formular 83 Bekanntmachung 90 Impressum 114 Zu guter Letzt Foto: Arkady Chubykin – adobe.stock.com 78 Zur Geschichte des Herpes Warum der römische Kaiser Tiberius einst das Küssen verbot TITELSTORY 42 Fortbildung „Regenerative Therapien“ Welche Methoden sind erfolgreich, um verloren gegangenes Gewebe vollständig zu ersetzen, wo liegen die Grenzen? Foto: Sebastian Blatt

zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1456) Trotz massiver Kritik von zahlreichen Seiten hat das Bundeskabinett jüngst den Entwurf für das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) beschlossen. Änderungen zum Referentenentwurf, zu dem die Vertreterversammlung der KZBV Anfang Juli in Dresden eine einstimmige Resolution verabschiedete, gab es kaum. Man muss es in aller Deutlichkeit sagen: Mit den im Gesetzentwurf vorgesehenen drastischen Vergütungskürzungen und Budgetierungen sind die Weichen für gravierende Leistungskürzungen mit erheblichen Folgen für die Patientenversorgung gestellt. Die geplanten Maßnahmen im zahnärztlichen Bereich sind weder sachgerecht noch in irgendeiner Form verhältnismäßig. Sie werden fatale Folgen für die Mund- und Allgemeingesundheit der Versicherten haben. Mehrfach und direkt im Anschluss an die Kabinettssitzung hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bekräftigt, dass mit dem Gesetz keine Leistungskürzungen verbunden seien. Das ist eine riesige Augenwischerei, mit der der Minister die GKV-Versicherten hinters Licht führt. Es ist doch völlig klar, dass in einer budgetierten Gesamtvergütung, wie sie der Regierungsentwurf vorsieht, die erst kürzlich freigegebenen notwendigen Finanzmittel für neue Leistungen und insbesondere die neue Versorgungsstrecke bei der ParodontitisTherapie massiv gekappt würden. De facto werden damit dringend notwendige Leistungen, auf die die Versicherten neuerdings einen Rechtsanspruch haben, durch die Hintertür wieder gestrichen. Man muss es sich noch einmal vor Augen führen: Erst mit Wirkung zum 1. Juli 2021 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss im Konsens und mit Genehmigung des Gesundheitsministeriums in Kenntnis der dafür erforderlichen Finanzmittel eine bahnbrechende Richtlinie zur Bekämpfung der großen Volkskrankheit Parodontitis beschlossen. Wir haben es ja schon umfassend dargestellt, aber um es noch einmal zu betonen: Für die Mund- und Allgemeingesundheit der Bevölkerung stellt die neue Parodontitis-Versorgungsstrecke einen Quantensprung dar. Unbehandelt ist Parodontitis die häufigste Ursache für vermeidbaren Zahnverlust. Die Erkrankung steht im Zusammenhang mit schweren Allgemeinerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes und stellt ein Risiko für Schwangere, demenzielle Erkrankungen und schwere Verläufe bei Infektionen mit dem Coronavirus dar. Der Behandlungsbedarf in Deutschland ist extrem hoch: Jeder zweite Erwachsene leidet an einer behandlungsbedürftigen Parodontitis. Umso erfreulicher war es, dass wir es nach jahrelanger Sisyphos-Arbeit in der gemeinsamen Selbstverwaltung geschafft haben, diese als Leuchtturmprojekt der zahnmedizinischen Versorgung gefeierte Innovation, die auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen einer modernen Parodontaltherapie beruht, auf den Weg zu bringen. Es sind also alle Voraussetzungen vorhanden, um die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland auf ein ganz neues, besseres Niveau zu heben. Stattdessen werden dieser neuen Versorgungsstrecke mit dem geplanten Gesetz die Grundlage entzogen und die Menschen faktisch ihres Leistungsanspruchs beraubt. Die finanziellen Mittel für die erforderlichen Behandlungen waren eingeplant und beschlossen und dürfen jetzt nicht durch die kalte Küche wieder einkassiert werden. Das ist unverantwortlich und darf nicht verschwiegen oder beschönigt werden. Und eins ist auch offensichtlich: Von diesem dilettantischen Gesetz ist natürlich nicht nur die zahnärztliche Versorgung betroffen. Selten war der Widerspruch durch die verschiedenen Versorgungsbereiche so einhellig und so groß wie bei diesem Gesetz. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spifa haben sich ebenso kritisch zu Wort gemeldet wie der AOK-Bundesverbund und der GKV-Spitzenverband. Tenor: Das Gesetz ist mit heißer Nadel gestrickt, handwerklich schlecht gemacht und löst strukturell weder mittel-, noch langfristig die finanziellen Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung. Da Minister und Bundesregierung vor diesen drohenden Realitäten offenbar die Augen verschließen, ist jetzt das Parlament gefordert, in die Bresche zu springen und die notwendigen Korrekturen am Gesetzentwurf vorzunehmen. Wir als KZBV-Vorstand werden jedenfalls nicht ruhen, bis dieses unsägliche Gesetz wieder vom Tisch ist. Dr. Wolfgang Eßer Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Einen Beitrag zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz finden Sie auf Seite 16. Foto: KZBV-Knoff GKV-Finanzgesetz: Fatale Folgen für die Mundgesundheit drohen 06 | LEITARTIKEL

Digitales Assistenz-System zur Kanalaufbereitung CanalProTM Jeni Jeni – fertig – los! Digitales Assistenz-System zur Kanalaufbereitung CanalProTM Jeni Jeni – fertig – los! MicroMega2Shape MicroMegaOne Curve 006623 09.21 www.coltene.com HyFlex™EDM HyFlex™CM • Digitales Assistenz-System zur Kanalaufbereitung steuert die Feilenbewegung im Millisekunden-Takt • Bewegungsprofil der Feile passt sich laufend an die individuelle Wurzelkanalanatomie an • Durch akustisches Signal wird Spülempfehlung angezeigt • Dank integriertem Apex Locator und vollisoliertemWinkelstück ist eine kontinuierliche Messung der Arbeitslänge in Echtzeit möglich Ideal auf vier Feilensysteme abgestimmt Speziell für den Einsatz im Jeni-Modus sind vier NiTi-Feilensysteme einprogrammiert. Durch die Doctor’s Choice Funktion ist auch der flexible Einsatz mit individuellen Feilensequenzen möglich.

zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1458) NACHHALTIGKEIT MIKRO- UND NANOPLASTIK ALS PROBLEM Thema Nachhaltigkeit in der Zahnmedizin, zum Beispiel „Der Becher aus Pappe ist nur der Anfang“, zm 1-2/2022, S. 52–59. Ist Kunststoff das neue Amalgam? Alle wollen nachhaltig sein, doch keiner sucht wirklich neue Lösungen. Nachhaltigkeitssiegel gibt es jetzt natürlich auch für Zahnarztpraxen. Teuer bezahlt kommt ein/eine Nachhaltigkeitsmanager*in in die Zahnarztpraxis und stellt ein Siegel aus. Das darf man dann stolz den Patienten zeigen und damit werben. Ein großer Aspekt für eine nachhaltige Zahnarztpraxis ist die Anfahrt der Patienten, denn die sind für den hohen CO2-Abdruck maßgeblich verantwortlich. Das sind doch erfreuliche Nachrichten – wir Zahnärzte*innen sind also streng genommen nicht das Problem. Soll der/die Patient*in halt mit dem Fahrrad zur Praxis kommen. Auch die Mülltrennung scheint in vielen Praxen nicht gut zu klappen. Zu Hause funktioniert es, aber das muss ja nicht automatisch bei der Arbeit umgesetzt werden. Diese und weitere Themen kann man übrigens auch selber – ohne den/ die mit dem Auto angereiste/n Nachhaltigkeitsmanager*in – in der Praxis thematisieren und umsetzen. Dabei hilft zum Beispiel die Checkliste von der LZK Baden-Württemberg. Wenn man die Punkte von dieser Liste dauerhaft umsetzt, könnte man von einer nachhaltigen Zahnarztpraxis reden. Das sollte man sich dann auch ohne Siegel auf die Fahne schreiben können. Ein Aspekt, der leider bisher stillgeschwiegen wird, ist, was mit dem ganzen Mikro- und Nanokunststoff passiert, der einfach so im Abwasser verschwindet. Je nach Körnung der Diamanten und Polierer produziert jeder Zahnarzt beim Bearbeiten und Austauschen einer Kunststofffüllung Nanound Mikroplastik. Das Kühlwasser mit den Partikeln wird abgesaugt, landet im Abwasser und ist damit „entsorgt“. MITARBEITERBINDUNG WER KANN SICH SO ETWAS LEISTEN? Zum Beitrag „Mitarbeiter binden: Hier arbeite ich gerne!“, zm 12/22, S. 34–39. Nun hat es etwas gedauert, bis sich erst mal Wut, Unverständnis und Sprachlosigkeit in einen rhetorisch gemäßigten Leserbrief niedergeschlagen haben. Da will die zm eine Umfrage zum Thema Nachhaltigkeit machen, bringt auch Artikel zum Thema Nachhaltigkeit und manche Kollegen fliegen zum „Christmas-shopping“ nach London und New York, Geht´s noch! Gibt es fußläufig – oder von mir aus auch per ÖPNV von dieser Praxis – keine netten Geschäfte oder Weihnachtsmärkte? Und natürlich würde ich meinen Mitarbeitern gerne 10 Wochen Urlaub geben – selber würde mir das auch gefallen. Wer von den Kollegen kann sich denn so etwas leisten? Ich bin sicher: die meisten nicht. Bitte verschonen Sie mich in Zukunft mit solchen realitätsfernen Artikeln. Wenn so etwas in der breiten (politischen) Öffentlichkeit bekannt wird, dann würde ich den Zahnärzten auch mal wieder die Honorare bzw. das Budget kürzen – siehe GKV-FinStG. Dr. Uwe Maiwald, Ludwigsburg Leserforum Foto: stock.adobel.com Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahrende Kürzungen vor. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an: leserbriefe@zm-online.de oder an die Redaktion: Zahnärztliche Mitteilungen, Chausseestr. 13, 10115 Berlin. Anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht. 08 | LESERFORUM

KLEINE PRAXEN PRAXISÜBERNAHME OHNE VIEL GELD MÖGLICH Zum Leitartikel „Stirbt die kleine Praxis?“ von BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz in zm 12/2022, S. 6. Es wäre schön,wenn Sie jungen Zahnärzten vermitteln würden, dass es auch möglich ist, ohne viel Geld eine Praxis zu übernehmen und nach und nach Investitionen zu tätigen, ohne dass man sich unnötig in Schulden stürzt. Schließlich ist es in kritischen Zeiten wichtig, nicht einen so hohen Kredit wie 500.000 Euro zu übernehmen und eine private Insolvenz zu riskieren. Man weiß erst nach zwei Jahren, welche Patienten bleiben und welche woanders hin gewechselt haben. Es gibt so viele scheinstarke Praxen in den Kleinstädten. Man kann diese Praxen bei uns in Thüringen zwischen 50.000 und 100.000 Euro erwerben. Ich habe meine Praxis nach und nach renoviert. Habe die Steuern alle drei Monate gezahlt, um einen Überblick zu behalten. Den Finanzierungskredit habe ich frühzeitig tilgen können. Wichtig sind doch die Patienten, wenn sie vorher schon in der Praxis waren, werden sie auch weiterhin kommen. Hier sind die meisten Patienten sehr treu und zuverlässig. Es ist sonst, nach Ihrer Darstellung, nur möglich, eine Praxis zu übernehmen, wenn man sehr vermögende Eltern hat. Das stimmt aber nicht. Abgesehen davon ist die Abrechnung auch kein Hexenwerk – jeder, der das Examen geschafft hat, kann das allemal! Inga Horst, Mühlhausen Hier recycelt keiner. Dazu steht in dem 2021 erschienenen Buch „Planetary Health – Klima, Umwelt und Gesundheit im Anthropozän“: „[…] durch Beschleifen und die Verarbeitung verschiedener Restaurationsmaterialien [werden] Partikel im Nano- und Mikrobereich freigesetzt, welche […] in das Abwasser der Behandlungseinheiten aufgenommen werden. Hier besteht Forschungsbedarf, um notwendige Gesundheitsrisiken sowie Auswirkungen auf das ökologische System zu evaluieren“ [Autoren: Meike Stiesch und Moritz Kebschull]. Forschungen zur Auswirkung von Kunststoff gibt es tatsächlich schon einige. Warum brauchen wir da noch mehr Ergebnisse? Wir sollten einfach auf sauberes Abwasser setzen. Wo sind die Filter für Plastikpartikel in unseren Sauganlagen? Eine Lösung habe ich mir tatsächlich schon überlegt: das Abwasser mit einer Osmose-Anlage aufbereiten. Aber geht es auch einfacher? Der Umwelt zuliebe. Laura Brunnenkant, Karlsruhe zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1459) Zahnarztinformationssystem ('" #%$!& 5%-5)-"'4(&'$1/+$,0**$3.6 !$#%!"##92"792!8 LESERFORUM | 09

zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1460) STUDIE AUS JORDANIEN Männer haben schlechtere Zähne Es ist kein Vorurteil, dass die Mundgesundheit von Männern grundsätzlich schlechter ist als die von Frauen. Das belegen aktuelle Studiendaten. Unter anderem gehen Männer seltener zur Vorsorgeuntersuchung. Die Mundgesundheit von Frauen und Männern weist geschlechterspezifische Unterschiede auf, lautet das Fazit einer Studie aus Jordanien. Demnach gehen Männer nicht nur weniger häufig zum Zahnarzt, sondern haben auch ein schlechteres Bewusstsein für ihre Mundgesundheit. Die Daten stammen aus dem US-National Health and Nutrition Examination Survey (Zyklus 2017–2018). Inkludiert in die Analyse wurden Informationen von insgesamt 4.741 Männern und Frauen aus den USA. Unter Berücksichtigung von demografischen Merkmalen kamen die Forschenden zu dem Ergebnis, dass das Mundgesundheitsverhalten geschlechterabhängige Unterschiede aufweist. Während Frauen häufiger Eigeninitiative zeigen, wenn es um Kontrollund Vorsorgeuntersuchungen geht, gehen Männer grundsätzlich seltener zum Zahnarzt. Viele Männer geben an, dass sie hauptsächlich bei akuten Schmerzen eine Zahnarztpraxis aufsuchen. WENIGER ZAHNSEIDE, MEHR KARIES Auch in puncto Bewusstsein unterscheiden sich die Geschlechter: Frauen haben ein vergleichsweise höheres Bewusstsein für ihre Mundgesundheit als Männer. Insgesamt verwendeten Männer weniger regelmäßig Zahnseide als Frauen. Bei Männern wurde überdies häufiger ein Behandlungsbedarf im Rahmen der zahnärztlichen Untersuchungen festgestellt als bei Frauen. Erstgenannte haben zudem häufiger Erosionen, Abrasionen und Karies im koronalen sowie im Wurzelbereich. Die Forschenden sehen in den Ergebnissen das Potenzial, geschlechterspezifische Präventionskonzepte zu entwickeln. Dies ist besonders im Hinblick auf die Mundkrebs-Vorsorge wichtig, da Oropharynx-Karzinome bei Männern nahezu doppelt so häufig auftreten, wie bei Frauen. Die AutorInnen sehen hier einen möglichen Zusammenhang mit der „unzureichenden Inanspruchnahme von zahnärztlichen und gesundheitlichen Präventionsleistungen durch Männer“ [Su et al., 2022]. nl Originalpublikation: Su S, Lipsky MS, Licari FW, Hung M: Comparing oral health behaviours of men and women in the United States. J Dent. 2022 Jul;122:104157. doi: 10.1016/j.jdent.2022.104157. Epub 2022 May 8. PMID: 35545161. Foto: Proxima Studio – stock-adobe.com Auch Männer haben schöne Zähne, aber seltener als Frauen. Das ist jetzt amtlich. Denn ihr Mundgesundheitsverhalten ist schlechter. 10 | ZAHNMEDIZIN

PERMADENTAL.DE/TRIO-CLEAR 0 28 22 -71330 permadental TrioClea tufige Aligner-Lösung r™– die dreis NORMALER PREIS TOUCH-UP 1.099,- €* 6-9 Sets für beide Kiefer; je Set = 3 Schienen (soft, medium, hart) (bis zu 54 Schienen) *inkl. 1 Refinement für beide Kiefer innerhalb 1 Jahres, MwSt. und Versand Nutzen Sie die Vorteile eines Komplettanbieters. Das Plus für Ihre Praxis: Als weltweiter Aligner-Anbieter verfügt die Modern Dental Group über die Erfahrung aus vielen Tausend erfolgreich abgeschlossenen Patienten-Fällen. SOMMERAKTION Zusätzlich 25 % Rabatt auf alle Patientenfälle, die bis zum31.8.2022mit SIMPLE-, TOUCH-UP- und TOUCH-UP PLUS-PAKET über das neue TrioClear™ Onlineportal eingestellt werden. 25%* *Sollte in seltenen Fällen für besonders komplexe Fälle ein Angebotspaket „Complete“ oder „Unlimited“ nötig sein, werden Sie informiert. Diese Sommer-Preisaktion gilt nur für im Angebotszeitraum vom 6.7.2022 bis zum 31.8.2022 über das TrioClear™ Onlineportal eingestellte Patientenfälle. Für digital übermittelte IOS-Fälle entstehen grundsätzlich keine Planungsgebühren. Werden Abdrücke oder Modelle eingesendet, werden 35 € (netto) für das Scannen und den Therapieplan berechnet, bei Auftragserteilung aber wieder gutgeschrieben.

zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1462) GEMATIK VERSUS C‘T Streit um Konnektoraustausch eskaliert Im Streit um Sinn oder Unsinn des geplanten Konnektoraustauschs gerät die gematik mehr und mehr in Erklärungsnot. Deren Stellungnahme konnte die c‘t-Experten jedenfalls nicht überzeugen, ganz im Gegenteil. Unterdessen forderte die KZBV eine bessere Kommunikation und Aufklärung von der Betreibergesellschaft. In deutschen Arztpraxen und Kliniken sollen 130.000 Konnektoren ausgewechselt werden, weil deren Krypto-Zertifikate nach fünf Jahren ablaufen. Dazu sollen die Krankenkassen den Ärzten Kosten von insgesamt 400 Millionen Euro erstatten. Doch ist dieses teure Prozedere überhaupt notwendig oder geht es einfacher – und günstiger? Das Computermagazin c‘t hatte zur Klärung dieser Frage jüngst einen Konnektor aufgeschraubt. Die IT-Experten wollten prüfen, ob die Sicherheitszertifikate wirklich fest eingebaut sind, wie es die CompuGroup Medical (CGM) als Marktführer angegeben hatte. Dabei stellte sich c‘t zufolge heraus, „dass die Zertifikate in den Konnektoren auf drei kleinen gerätespezifischen Sicherheitsmodulkarten ‚ Typ Konnektor‘ (gSMC-K-Karten) sitzen, die sich physisch leicht auswechseln lassen“. Somit habe die Redaktion die Behauptung widerlegt, die gSMC-K-Karten seien fest mit dem Konnektor verbunden und eine Trennung von Karten und Konnektor würde das System unbrauchbar machen. LAUT GEMATIK GIBT ES KEINE ANDERE LÖSUNG Daraufhin teilte die gematik mit, die gSMC-K-Karten auszutauschen, „ist unserer Einschätzung nach keine Lösung für den Einsatz in den Praxen, da unter anderem die Sicherheitsvorgaben verletzt werden“. Nach erneuter Anfrage bei allen Herstellern sei der gematik nochmals versichert worden, dass dieser geschilderte Austausch zudem technisch nicht möglich sei. Die Gesellschafter der gematik hätten sich bei ihrer Versammlung im Februar dieses Jahres einstimmig für den Konnektortausch „als einzig verlässlich umsetzbare Lösung“ entschieden. Dabei seien im Vorfeld verschiedene mögliche Varianten geprüft und in Betracht gezogen Die c‘t-Experten können nicht nachvollziehen, wieso die gematik an ihrer Strategie festhält, die Konnektoren komplett auszutauschen. Die gematik wiederum bestreitet die Möglichkeit einer anderen Lösung. Foto: Thomas Jansa – stock.adobe.com

worden. „Die Gesellschafter haben sich für eine sichere, risikoarme und wirtschaftliche Umsetzung entschieden.“ NATÜRLICH BAUTE C‘T DIESELBEN KARTEN WIEDER EIN „Es liegt demnach die Vermutung nahe, dass bei dem im Artikel beschriebenen Entfernen der gSMC-K dieselbe (!) Karte auch wieder in den Konnektor hineingesteckt wurde – demnach also KEIN Austausch der Karte selbst stattfand. Wäre dies der Fall, so ist es auch nicht verwunderlich, dass der Konnektor danach weiterhin funktionierte, schließlich hat sich an seiner Konfiguration ENTSCHEIDUNG DES SCHIEDSAMTS 2.300 EURO FÜR DEN NEUEN KONNEKTOR Der Schiedsspruch zur Finanzierung des anstehenden Austauschs der TI-Konnektoren liegt vor: Bewilligt werden jeder Arztpraxis pauschal 2.300 Euro extra. Die Entscheidung für die Zahnärzte steht noch aus. Jede Praxis bekommt demnach pauschal 2.300 Euro, um den Konnektor austauschen zu lassen, der die Praxissoftware mit dem Internet verbindet. Voraussetzung für den Tausch ist, dass die Laufzeit des Sicherheitszertifikats im Konnektor nur noch sechs Monate oder weniger beträgt. Dadurch steht bei einigen Konnektoren der Tausch zeitnah an, während andere noch ein oder mehrere Jahre betrieben werden können. Hinzu kommen weitere Pauschalen, unter anderem für ein ebenfalls notwendiges Update, das die Nutzung der elektronischen Patientenakte ermöglicht. Insgesamt summieren sich die Ausgaben, die nun zusätzlich zur regulären Vergütung festgesetzt wurden, für alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte auf knapp 400 Millionen Euro. Die Kosten tragen die gesetzliche Krankenversicherung und die PKV. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) lehnt den Schiedsspruch ab: „Wir haben gegen den Beschluss des Schiedsamts zum Konnektortausch gestimmt“, sagte KBVVorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel. Die niedergelassenen Ärzte dürften nicht auf Kosten für Dinge sitzen bleiben, die sie nicht zu verantworten haben. Die KBV verlangt demnach mit Verweis auf den c‘t-Bericht von der gematik „rasche Aufklärung über mögliche neue Sachverhalte und Optionen, die den teuren Austausch vieler Geräte vielleicht sogar nicht zwingend notwendig machen“. Vorangegangen waren Verhandlungen zwischen der KBV und dem GKV-Spitzenverband, die jedoch ohne Ergebnis blieben. Da keine Einigung erzielt werden konnte, wurde das Schiedsamt angerufen. Die Entscheidung für die Zahnärzte stand zum Redaktionsschluss noch aus. zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1463) #0) -*&2", +)*30( (O4 N4$96$:8 #.4 +O$ %O$ A49$: !7&! F /8% E!4$ -4<JO2 /9= E9 672O1OM$8 +O88$? %$88 LO4 9<&!$8 -4<JO2= BO1 /82$4$9 ,/8%/9>+$4MO&$6<N$1 '4O8"$8 LO4 E!4$ -4<JO2 "$HO$:1 M74<8= * C$O21/8"221<4N$ K<&174O8"647%/N1$ * E8%OMO%/$::$ 3'4$&!8/8"2:G2/8"$8 * B<)"$2&!8$O%$41$2 07<&!O8" (7'$O NG88$8 LO4 +O$ /81$421.1H$85 ,/#$8 +O$ /82 <8 /81$4; '1'' .% .% !1%= $0" /*DD @3 3I D @3 $I PRAXIS | 13

zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1464) nichts geändert“, schreibt die gematik in ihrer Stellungnahme. Der Versuch sei korrekt wiedergegeben, erwiderte daraufhin die c‘t-Redaktion: „In unserem Versuch haben wir die drei gSMC-K-Karten entfernt und diese dann mit SMC-Lesern ausgelesen. Die SMCs sind also mit Strom versorgt worden und hätten womöglich erkennen können, dass sie nicht in einem Konnektor stecken.“ Sie hätten sich dauerhaft deaktivieren können – dies sei aber nicht geschehen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hält freilich in seinen Protection Profiles für die TIKonnektoren fest, dass die gSMC-K sicher mit dem Netzkonnektor verbunden sein muss. „Sicher bedeutet in diesem Fall, dass die gSMC-K nicht unbemerkt vom Netzkonnektor getrennt werden kann und dass die Kommunikation zwischen gSMC-K und Netzkonnektor weder mitgelesen noch manipuliert werden kann“, führt das BSI aus. Genau dieses Szenario beschreibt c‘t jedoch in dem Versuch. DER UNMUT ÜBER DIE GEMATIK WÄCHST – AUCH BEI DEN GESELLSCHAFTERN Unterdessen wurde der Unmut der gematik-Gesellschafter immer lauter. Vor der Gesellschafterversammlung am 2. August forderte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) von der gematik eine Prüfung der Alternativen zum Konnektorentausch. „Es muss alles dafür getan werden, um das gigantische Geldvernichtungsprogramm zur Erzeugung von Technikschrott zulasten von Praxen und der Versichertengemeinschaft zu verhindern“, erklärte der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Stephan Hofmeister. Nach der Gesellschafterversammlung kritisierte die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) vor allem das mangelhafte Kommunikationsverhalten der gematik in der Sache. Der stellvertretende KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Karl-Georg Pochhammer fand deutliche Worte: „Die jüngste Berichterstattung über hypothetische Alternativen zum Konnektortausch hat aktuell verständlicherweise für viel Unruhe gesorgt. Grundsätzlich sollte es vordringlichste Aufgabe der gematik und nicht ihrer Gesellschafter sein, in solchen Fällen schnell und adäquat für Aufklärung zu sorgen. Deshalb hat die KZBV die gematik aufgefordert, mögliche technische Falschdarstellungen, die in den Raum geworfen werden, unverzüglich richtigzustellen.“ Darüber hinaus fordere die KZBV, dass die gematik in ihrer öffentlichen Kommunikation die gemeinsam getroffenen Entscheidungen zu diesem Sachverhalt uneingeschränkt vertritt, „anstatt lediglich Verantwortung abzuwälzen und sich hinter ihren Gesellschaftern zu verstecken“. DER STREIT GEHT IN DIE NÄCHSTE RUNDE Auch nach der Gesellschafterversammlung konstatierten gematik und Bundesgesundheitsministerium, dass der Tausch der Geräte bei den aktuell betroffenen Praxen leider alternativlos ist, so Pochhammer weiter. „Der jetzt betroffene Anbieter für den Konnektortausch hatte zwischenzeitlich angekündigt, den Preis dafür anzupassen, insofern gehen wir davon aus, dass eine kostendeckende Refinanzierung bereitstehen wird“, betonte der KZBV-Vizechef. Die gematik werde aber bis zur nächsten Gesellschafterversammlung am 1. September neue Alternativen prüfen, die gegebenenfalls für später betroffene Geräte zum Tragen kommen könnten. Die Geschichte um den Konnektorentausch geht also in die nächste Runde. ck/sr DIE GEMATIK BLEIBT DABEI „AUSBAU UND AUSTAUSCH DER KARTEN FÜHREN ZUM AUSFALL!“ Wäre ein Austausch der Konnektoren doch möglich gewesen? Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte nach dem c‘t-Beitrag die gematik um Antwort gebeten. Diese hält an ihrer Meinung fest und sieht keine Optionen: Die c‘t-Experten hätten ein falsches Bild gezeichnet. „Die im c’t-Artikel beschriebenen Versuche am Konnektor geben ein falsches Bild von der Nutzung des Konnektors“, schreibt die gematik in ihrer Antwort an die KBV. Ein Aus- und Wiedereinbau der gSMC-K sei gemäß der Spezifikationslage „zu keinem Zeitpunkt“ als Option vorgesehen und als Szenario somit auch nicht Gegenstand von Sicherheitsprüfungen, Zulassungstests oder Vorgaben des BSI gewesen, bekräftigt sie in dem Brief. Die gematik habe im Rahmen der Spezifikation das technische Design so gestaltet, dass – aus Sicherheitsgründen – der Ausbau und der Austausch des Kartenmaterials des Konnektors nicht möglich seien beziehungsweise zum Ausfall des betroffenen Geräts führten. Das falsch vermittelte Bild von der Nutzung des Konnektors, konkretisiert die gematik in ihrer Antwort so: „Das verwendete Gerät wurde nicht mit einer neuen gSMC-K versehen, so dass die anschließende Boot-Routine genau genommen den alten Konnektorzustand darstellt.“ Dieses Verhalten widerspreche insofern nicht den Vorgaben. An der Bewertung der vorgeschlagenen Laufzeitverlängerung habe sich seitens der gematik somit nichts geändert: „Der Beschluss der Gesellschafter, Konnektoren auszutauschen und auf die optionale Umsetzung der Laufzeitverlängerung zu verzichten, zielte darauf ab, zweimalige Kosten zu vermeiden und Risiken zu reduzieren“, heißt es in dem Schreiben abschließend. 14 | PRAXIS

Ultracain D-S 1:200.000 1,7 ml/2 ml/20 ml, 40 mg/ml/0,006 mg/ml Injektionslösung; Ultracain D-S forte 1:100.000 1,7 ml/2 ml/20 ml, 40 mg/ml/0,012 mg/ml Injektionslösung; Ultracain D ohne Adrenalin 1,7 ml/2 ml, 40 mg/ml Injektionslösung Qualitative u. quantitative Zusammensetzung: Wirkstoff: Ultracain D-S/Ultracain D-S forte: Articainhydrochlorid, Epinephrinhydrochlorid (Adrenalinhydrochlorid). 1 ml Injektionslösung enth. 40 mg Articainhydrochlorid u. 0,006 mg/0,012 mg Epinephrinhydrochlorid. Ultracain D ohne Adrenalin: Articainhydrochlorid. 1 ml Injektionslösung enth. 40 mg Articainhydrochlorid. Sonstige Bestandteile: Ultracain D-S/ Ultracain D-S forte: Natriummetabisulfit, Natriumchlorid, Wasser f. Injektionszwecke. Ultracain D-S/Ultracain D-S forte 1,7 ml zusätz.: Salzsäure 10 %, Natriumhydroxid. Ultracain D-S/Ultracain D-S forte 20 ml zusätz.: Methyl-4-hydroxybenzoat (Paraben, E 218), Salzsäure 10 %. Ultracain D ohne Adrenalin: Natriumchlorid, Wasser f. Injektionszwecke, Natriumhydroxid, Salzsäure 36 %. Anwendungsgebiete: Ultracain D-S: Routineeingriffe wie komplikationslose Einzel- u. Reihenextraktionen, Kavitäten- u. Kronenstumpfpräparationen. Ultracain D-S forte: schleimhaut- u. knochenchirurg. Eingriffe, d. e. stärkere Ischämie erfordern, pulpenchirurg. Eingriffe (Amputation u. Exstirpation), Extraktion desmodont. bzw. frakt. Zähne (Osteotomie), länger dauernde chirurg. Eingriffe, perkutane Osteosynthese, Zystektomie, mukogingivale Eingriffe, Wurzelspitzenresektion. Ultracain D ohne Adrenalin: Lokalanästhetikum z. Infiltrationsu. Leitungsanästhesie i. d. Zahnheilkunde, eign. sich v. a. für kurze Eingriffe a. Pat., d. aufgrund bestimmt. Erkrankungen (z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen o. Allergie geg. d. Hilfsstoff Sulfit) kein Adrenalin erhalten dürfen sowie z. Injektion kleiner Volumina (Anwendung in der Frontzahnregion, i. Bereich d. Gaumens). Gegenanzeigen: Ultracain D-S/Ultracain D-S forte: Überempf. geg. Articain (o. and. Lokalanästhetika vom Amid-Typ), Epinephrin, Natriummetabisulfit (E 223), Methyl-4-hydroxybenzoat o. e. d. sonst. Bestandt.; unzureichend behand. Epilepsie; schwere Störungen d. Reizbildungs- o. Reizleitungssystems a. Herz. (z. B. AV-Block II. o. III. Grades, ausgeprägte Bradykardie); akute dekomp. Herzinsuffizienz (akutes Versagen d. Herzleistung); schwere Hypotonie; Engwinkelglaukom; Schilddrüsenüberfunktion; paroxysmale Tachykardie o. hochfrequente absolute Arrhythmien; Myokardinfarkt innerhalb d. letzt. 3 bis 6 Monate; Koronararterien-Bypass innerhalb d. letzt. 3 Monate; gleichzeitige Behandlung m. nicht kardioselektiven Betablockern (z. B. Propranolol) (Gefahr e. hypertensiven Krise o. schweren Bradykardie); Phäochromozytom; schwere Hypertonie; gleichzeitige Behandl. mit trizyklischen Antidepressiva o. MAO-Hemmern; intravenöse Anwend.; Verwendung z. Anästhesie d. Endglieder v. Extremitäten z. B. Finger u. Zehen (Risiko e. Ischämie). Ultracain D ohne Adrenalin: Überempf. geg. Articain, and. Lokalanästhetika v. Säureamidtyp o. e. d. sonst. Bestandt.; schwere Störungen d. Reizbildungs- o. Reizleitungssystems a. Herz. (z. B. AV-Block II. oder III. Grades; ausgeprägte Bradykardie); akut. dekomp. Herzinsuffizienz (akut. Versagen d. Herzleistung); schwere Hypotonie; intravenöse Anwend.. Nebenwirkungen: Ultracain D-S/Ultracain D-S forte: Häufig: Gingivitis; Neuropathie: Neuralgie, Hypästhesie/Gefühllosigkeit (oral, perioral), Hyperästhesie, Dysästhesie (oral, perioral), einschließl. Geschmacksstörungen, Ageusie, Allodynie, Thermohyperästhesie, Kopfschmerz, Parästhesie; Bradykardie; Tachykardie; Hypotonie (mit Kollapsneigung); Übelkeit; Erbrechen; Schwellungen v. Zunge, Lippe u. Zahnfleisch. Gelegentlich: brennendes Gefühl; Schwindel; Hypertonie; Stomatitis; Glossitis; Diarrhö; Nackenschmerzen; Schmerz. a. d. Injektionsstelle; Ausschlag; Pruritus. Selten: allerg. oder allergieähnliche sowie anaphylakt./anaphylaktoide Überempfindlichkeitsreakt.; Nervosität/Angst; Erkrankung d. Nervus facialis (Lähmung u. Parese); Horner-Syndrom (Augenlid-Ptosis, Enophthalmus, Miosis); Somnolenz; Nystagmus; Ptosis; Miosis; Enophthalmus; Sehstörungen (verschwommenes Sehen, Doppeltsehen [Lähmung der Augenmuskulatur], Mydriasis, Blindheit) während o. kurz nach d. Injektion v. Lokalanästhetika i. Kopfbereich, i. Allgemein. vorübergehend; Hyperakusis; Tinnitus; Palpitationen; Hitzewallungen; Zahnfleisch/Exfoliation d. Mundschleimhaut; Ulzeration; Bronchospasmus/Asthma; Dyspnoe; Muskelzuckungen; Nekrosen/Abschuppungen a. d. Injektionsstelle; Erschöpfung; Asthenie/Schüttelfrost; Angioödem (Gesicht/Zunge/ Lippe/Hals/Kehlkopf/periorbitales Ödem); Urtikaria. Sehr selten: Parästhesie. Nicht bekannt: euphorische Stimmung; dosisabhängig zentralnervöse Störungen: Unruhe, Nervosität, Stupor, Benommenheit bis z. Bewusstseinsverlust, Koma, Atemstörungen bis z. Atemstillstand, Muskelzittern u. Muskelzuckungen bis z. generalisierten Krämpfen; Nervenläsionen; Herzrhythmusstörungen; Reizleitungsstörungen (AV-Block); Herzversagen, Schock (u. Umständen lebensbedrohlich); lokale/regionale Hyperämie; Vasodilatation; Vasokonstriktion; Dysphagie; Schwellung d. Wangen; Glossodynie; Dysphonie, Verschlimm. neuromuskulärer Manifestationen b. Kearns-Sayre-Syndrom; Trismus; lok. Schwellungen; Hitzegefühl; Kältegefühl; ischämische Gebiete a. d. Injektionsstelle bis hin z. Gewebsnekrosen b. verseh. intravas. Injektion; Erythem; Hyperhidrose. Ultracain D ohne Adrenalin: Häufig: Parästhesie; Hypästhesie; Übelkeit; Erbrechen. Gelegentlich: Schwindel. Nicht bekannt: allerg. o. allergieähnliche Überempfindlichkeitsreaktionen; dosisabhängig zentralnervöse Störungen: Unruhe, Nervosität, Stupor, Benommenheit b. z. Bewusstseinsverlust, Koma, Atemstörungen b. z. Atemstillstand, Muskelzittern u. Muskelzuckungen b. z. generalisierten Krämpfen; Nervenläsionen; Sehstörungen (verschwommenes Sehen, Doppeltsehen, Mydriasis, Blindheit) während o. kurz nach d. Injektion v. Lokalanästhetika i. Kopfbereich, im Allgemeinen vorübergehend; Hypotonie, Bradykardie, Herzversagen, Schock (unter Umständen lebensbedrohlich). Inhaber der Zulassung: Septodont GmbH, Felix-Wankel-Str. 9, D-53859 Niederkassel. Stand der Information: März 2022. Verschreibungspflichtig. Ultracain® D ohne Adrenalin Ultracain® D-S 1:200.000 Ultracain® D-S forte 1:100.000 Gemeinsam schreiben wir die Geschichte weiter Ultracain®– weil jeder Patient besonders ist Um alle Ihre Patienten individuell behandeln zu können, bieten wir Ihnen eine breite Auswahl Ultracain®-Lokalanästhetika in verschiedenen Darreichungsformen an.

zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1466) KABINETTSENTWURF ZUM GKV-FINANZSTABILISIERUNGSGESETZ Es droht die Budgetierung! Das Kabinett hat den Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) beschlossen. Kritikern zufolge ist der Name alles andere als Programm: Wenn alles so kommt wie geplant, droht den Zahnärzten eine erneute Budgetierung von Leistungen. Mit schwerwiegenden Konsequenzen für die Patientenversorgung, befürchten die Zahnärzte. Auch Ärzte und Kassen warnen vor den Folgen für die Versorgung. Am 27. Juli hat das Bundeskabinett den Entwurf für ein neues GKV-Finanzstabilisierungsgesetz beschlossen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) befürchtet nun aufgrund der darin vorgesehenen drastischen Vergütungskürzungen und Budgetierungen gravierende Leistungskürzungen mit erheblichen Folgen für die Patientenversorgung. „Die geplanten Maßnahmen im zahnärztlichen Bereich werden fatale Folgen für die Mund- und Allgemeingesundheit der Versicherten bewirken und werden strikt abgelehnt“, kommentierte der KZBVVorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer den Beschluss der Bundesregierung. Sinngemäß ist im Gesetz folgendes vorgesehen: \ Die Veränderungen der Gesamtvergütungen der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz soll sich in 2023 höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte und in 2024 höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte Grundlohnsummen-Veränderungsrate verändern dürfen. Dies soll nicht für die IP- und die Früherkennungsleistungen gelten. \ Vorgesehen ist auch, dass die am 31. Dezember 2022 geltenden Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz sich 2023 höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte und 2024 höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte Grundlohnsummen-Veränderungsrate verändern dürfen. Dies soll ebenfalls nicht für die IP- und die Früherkennungsleistungen gelten. Der Kabinettsentwurf wird derzeit eingehend von der KZBV analysiert und geprüft. Bereits zuvor hatte die KZBV äußerst kritisch zum Referentenentwurf des Gesetzes Stellung bezogen. Auch die KZBV-Vertreterversammlung hatte sich im Vorfeld entsprechend positioniert. PAR-VERSORGUNGSSTRECKE WIRD SO AUSGEBREMST Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) hatte direkt im Anschluss an die Kabinettssitzung bekräftigt, dass mit dem Gesetz keine Leistungskürzungen verbunden seien. „Hier führt der Minister die GKV-Versicherten hinters Licht“, argumentierte Eßer. „In einer budgetierten Gesamtvergütung, wie sie der Regierungsentwurf vorsieht, würden die erst kürzlich freigegebenen notwendigen Finanzmittel für neue Leistungen und insbesondere die neue Versorgungsstrecke bei der Parodontitistherapie massiv gekappt. De facto werden damit dringend Foto: Gina Sanders – stock.adobe.com 16 | POLITIK

zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1467) notwendige Leistungen, auf die die Versicherten neuerdings einen Rechtsanspruch haben, durch die Hintertür wieder gestrichen.“ Unaufgefordert hatte sich nach Bekanntwerden des Referentenentwurfs bereits die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) zu Wort gemeldet: „Wir fordern aus wissenschaftlicher Sicht mit Nachdruck dazu auf, von diesen Plänen Abstand zu nehmen – mindestens jedoch, die parodontologische Behandlung als präventionsorientierte Versorgung von der geplanten Budgetierung auszunehmen.“ Die neue PAR-Versorgung befinde sich immer noch ganz am Anfang der Einführungsphase, die über mehrere Jahre bis 2024 geplant sei, erklärte Prof. Dr. Bettina Dannewitz, Präsidentin der DG PARO. In einer budgetierten Gesamtvergütung, die für 2023 und 2024 vorgesehen sei, würde die neue PAR-Versorgungsstrecke komplett ausgebremst werden. Denn, so Dannewitz weiter, mit der neuen PAR-Strecke sei erstmals in der vertragszahnärztlichen Versorgung eine mehrjährige Leistungsstrecke verankert worden. Wesentliche Teile der Leistungen, die bereits jetzt beantragt und genehmigt wurden, würden erst in den Jahren 2023 und 2024 erbracht werden (insbesondere die Unterstützende Parodontitistherapie). Eine Budgetierung auf der Grundlage des Jahres 2022 würde die Erbringung dieser Leistungen verunmöglichen, da diese Leistungen im Budget des Jahres 2022 nicht abgebildet seien. Auch die Behandlung neuer Patienten würde aufgrund der Budgetierung nicht möglich sein. Die Deutsche Gesellschaft für AlterszahnMedizin e. V. (DGAZ) warnt eindringlich vor den negativen Auswirkungen des geplanten Gesetzes auf vulnerable Gruppen. Die wachsende Zahl älterer Patientinnen und Patienten, darunter besonders Menschen mit Pflegebedarf oder einer Beeinträchtigung, würde von solchen Sparmaßnahmen des Gesetzgebers in der ambulanten aufsuchenden Betreuung zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen besonders hart getroffen. Die Politik dürfe die überaus erfolgreiche Arbeit der Zahnärzteschaft in diesem Bereich, die durch zahlreiche Gesetze zuvor jahrelang aktiv unterstützt wurde, nicht mutwillig gefährden, so die DGAZ. „SCHLAG INS GESICHT DER PATIENTEN“ Den Ärzten ist vor allem der Wegfall der Neupatientenregelung ein Dorn im Auge. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) spricht von einem „Schlag ins Gesicht der Patientinnen und Patienten“. Der Bundesgesundheitsminister wolle die Versorgung der Bürger einschränken. Im Gesetzesentwurf ist vorgesehen, dass die mit dem Terminserviceund Versorgungsgesetz (TSVG) eingeführte Neupatientenregelung gekippt und die Leistungen der sogenannten offenen Sprechstunde einer unbefristeten Bereinigung unterliegen sollen. Die Behauptung des Ministers, die Neupatientenregelung habe nichts gebracht, „stimmt einfach nicht“, monierte die KBV. Sie verwies auf eine Analyse des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Das Zi hatte aktuell nachgewiesen, dass mehr als jeder vierte gesetzlich versicherte Patient von der Regelung begünstigt wurde (siehe Kasten auf der nächsten Seite). In einem gemeinsamen Schreiben an Lauterbach äußerte die KBV gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen Unverständnis über die geplanten Leistungskürzungen für Patienten: Die Regelung, von der viele kranke Menschen profitiert hätten, sei eingeführt worden, damit Patienten, die keinen festen Hausarzt, Kardiologen oder Orthopäden hätten, einen schnellen unkomplizierten Zugang zur medizinischen Versorgung erhalten, so die Organisationen. Mit dem Gesetzentwurf würden aber die vielen offenen Sprechstunden von Ärzten ein jähes Ende finden. Viele Ärztinnen und Ärzte hätten dazu nicht zuletzt personell investiert und ihre Sprechstundenzeiten ausgebaut. „Wenn diese Instrumente nun wegfallen, DAS SIEHT DER KABINETTSENTWURF VOR: \ Begrenzung des Honorarzuwachses für Zahnärztinnen und Zahnärzte \ Die extrabudgetäre Vergütung von vertragsärztlichen Leistungen gegenüber sogenannten „Neupatienten“ wird abgeschafft. \ Der Zusatzbeitrag wird steigen. Auf Grundlage der Ergebnisse des GKV-Schätzerkreises im Herbst wird das Bundesministerium für Gesundheit den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz in der Gesetzlichen Krankenversicherung festlegen. Eine Anhebung um 0,3 Prozentpunkte sei derzeit nicht unrealistisch, heißt es im Entwurf. \ Die Finanzreserven der Krankenkassen werden mit einem kassenübergreifenden Solidarausgleich zur Stabilisierung der Beitragssätze herangezogen. Zudem wird die Obergrenze für die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds halbiert. Übersteigende Mittel können für höhere Zuweisungen an die Krankenkassen genutzt werden, um die Finanzierungslücke weiter zu schließen. \ Der bestehende Bundeszuschuss zur GKV für 2023 wird von 14,5 Milliarden Euro auf 16,5 Milliarden Euro erhöht. \ Der Bund gewährt der GKV ein unverzinsliches Darlehen für 2023 von einer Milliarde Euro an den Gesundheitsfonds. \ Für das Jahr 2023 ist ein um fünf Prozentpunkte erhöhter Herstellerabschlag insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel vorgesehen. \ Das Preismoratorium bei Arzneimitteln wird bis Ende 2026 verlängert. POLITIK | 17

zm112, Nr. 15-16, 16.8.2022, (1468) sehen sich viele Praxen außerstande, ihr teils erheblich ausgeweitetes Leistungsangebot aufrechtzuerhalten“, so der Brief weiter. Die Arbeitskraft und die Ressourcen der Niedergelassenen seien endlich. Deshalb würden Auswirkungen im Sinne von Leistungskürzungen für Patienten unvermeidbar sein, warnen die Kassenärzte. „SCHEINHEILIG“ UND „KURZATMIG“ Auch von der Fachärzteschaft kommt heftige Kritik. Der Verband sei empört über die Scheinheiligkeit, mit der die Bundesregierung den Bürgern vorgaukeln will, es werde keine Leistungskürzungen im Gesundheitswesen geben, unterstrich Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des Spitzenverbandes Fachärzte Deutschlands (SpiFa). „Fakt ist aber, dass mit diesem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz und weiteren von der Bundesregierung vorgesehenen Einschränkungen in vielen Arztpraxen ein Aufnahmestopp für Neupatienten und längere Wartezeiten auf einen Facharzttermin unvermeidlich sind. Und das bedeutet Leistungskürzungen und damit eine klare Verschlechterung der Versorgung von Patienten in Deutschland.“ Die Krankenkassen gehen nicht davon aus, dass Lauterbachs Gesetzespläne langfristig wirksam sein werden. „Dieses Gesetz enthält keinerlei Maßnahmen für eine kurz- oder langfristige Stabilisierung der GKVFinanzen. Beiträge werden hochgeschraubt, Rücklagen eingezogen und Schulden gemacht“, betonte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Jens Martin Hoyer. Auch marginale Änderungen im Vergleich zum Referentenentwurf, wie etwa die einmalige Erhöhung des Herstellerabschlags im Arzneimittelbereich oder die Aussetzung der verschärften Regelungen zur Anhebung des Zusatzbeitrags für ein Jahr würden am grundsätzlichen Befund nichts ändern, erklärte er. Es handele sich um ein kurzatmiges Ein-JahresGesetz. Kein einziges strukturelles Problem werde damit gelöst, so seine Einschätzung. Denselben Vorwurf formulierte Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands. Darunter würden vor allem die Beitragszahlenden leiden, die die Hauptlast der erforderlichen Mehreinnahmen aufbringen sollen. Neben dem Zugriff auf die angesparten Reserven von rund vier Milliarden Euro würden die Versicherten ab 2023 höhere Zusatzbeiträge zahlen müssen – gerade angesichts der hohen Inflationsrate und der zu erwartenden wirtschaftlichen Entwicklung sei das ein falsches Signal. pr Das parlamentarische Verfahren zum Gesetzesentwurf wird nach der Sommerpause fortgeführt. ZI-AUSWERTUNG ZUR NEUPATIENTENREGELUNG Eine aktuelle Datenauswertung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) belegt die positiven Effekte der Neupatientenregelung auf die Versorgungsqualität seit der Einführung in 2019. Die Auswertung zeigt, dass im vierten Quartal 2021 mehr Neupatienten behandelt wurden als im vierten Quartal 2019, obwohl die ärztlichen Behandlungskapazitäten in diesen zwei Jahren eher weniger als mehr geworden sind. Außerdem erhielten Neupatienten gegenüber dem vierten Quartal 2019 mehr zusätzliche Leistungen als bereits bekannte Patienten. Genau diese Effekte seien beabsichtigt gewesen, als mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz TSVG im Jahr 2019 die allgemein geltenden Leistungsbegrenzungen für die ärztliche Behandlung von Neupatienten abgeschafft wurden, so das Zi. KLEINE HISTORIE BUDGETIERUNG IN DER KASSENZAHNÄRZTLICHEN VERSORGUNG Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) – unter Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer 1993 in Kraft getreten – wurde eine strikte Budgetierung der Vergütungen in nahezu allen zahnärztlichen Leistungsbereichen mit Ausnahme der Prävention (sektorale Budgetierung) mit jährlich festgelegten Zuwachsraten eingeführt. Hinzu kamen Preisabsenkungen unter anderem beim Zahnersatz und bei den zahntechnischen Leistungen, die Versicherten mussten beim Zahnersatz steigende Zuzahlungen leisten. Kieferorthopädische Behandlungen für Erwachsene und bestimmte ZahnersatzVersorgungsformen wurden aus dem GKVLeistungskatalog ausgeschlossen. In den Folgejahren und Folgegesetzen wurde in Bezug auf die Budgetierung an diversen Stellschrauben weitergedreht. Ein Meilenstein: Zum 1. Januar 2005 (geregelt im Gesetz zur Modernisierung der GKV von 2003) lösten befundorientierte Festzuschüsse das prozentuale Bezuschussungssystem beim Zahnersatz ab. Mit dem von der Zahnärzteschaft in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft entwickelten Konzept als Reaktion auf die andauernden Kostendämpfungsmaßnahmen des Gesetzgebers wurde ein neuer versorgungspolitischer Ansatz gewählt. Durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG, 2012) schließlich wurde das Vergütungssystem im Bereich der zahnärztlichen Behandlung ohne Zahnersatz weiterentwickelt. Danach wurde ab 2013 die „strikte Budgetierung“, also die Anbindung der zahnärztlichen Gesamtvergütung an die Grundlohnsumme, aufgehoben. Die zwischen den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen vereinbarten Gesamtvergütungen sollten sich seitdem stärker am krankheitsbedingten Behandlungsbedarf der Versicherten ausrichten. 18 | POLITIK

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=