Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN I WWW.ZM-ONLINE.DE AUSGABE 21 I 2022 S3-LEITLINIEN-UPDATE Was tun bei Kiefergelenkluxation? 35 Jahre GOZ Jubiläum ohne Party: Die Reform lässt weiter auf sich warten, Gestaltungsmöglichkeiten haben Sie trotzdem. SEITE 26 Steuertipps zum Jahresende Kluge Gestaltung in schwierigen Zeiten: Wie Sie Ersparnisse erzielen können, indem Sie Ausgaben vorziehen oder Einnahmen hinausschieben. SEITE 64 Next Generation Sequencing Gen-basierte Bakterienanalyse: Neue Sequenzierungstechnologien können die Keimbestimmung odontogener Abszesse verbessern. SEITE 68 zm1.11.2022, Nr. 21

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zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2025) Wider die Vernunft Sehr schnell wird man merken, dass man damit nicht weit kommt. Fraglich, was dann kommen wird. Der Herbst und der Winter dürften spannend werden, denn das Verhältnis zwischen der Regierung und der Zahnärzteschaft beziehungsweise Ärzteschaft wird auf absehbare Zeit sicherlich eher unterkühlt bleiben. In diesem Heft beschäftigen wir uns in der Titelstory mit der Diagnostik und Therapie der Kiefergelenkluxation. Wir stellen das Update der S3-Leitlinie vor. Um Folgeschäden einer Kiefergelenkluxation zu vermeiden, sind eine korrekte Diagnosestellung sowie die zügige Einleitung einer adäquaten Therapie essenziell. Das Update gibt Ihnen einen Überblick über aktuelle Empfehlungen im Bereich Diagnostik und Therapie. Außerdem stellen wir eine Studie vor, die die Langzeitergebnisse von Implantaten bei Parodontitispatienten beleuchtet. Die aktuelle prospektive Studie präsentiert die 20-jährigen klinischen Ergebnisse von Implantaten, die bei Patienten mit Parodontitis in der Vorgeschichte eingesetzt wurden im Vergleich zu parodontal gesunden Patienten. Daneben berichten wir neben vielem Weiterem über die ZFA-Ausbildungszahlen des Jahres 2022. So viel sei verraten, es sieht nicht ganz so schlecht aus, wie man vielleicht denken mag. Viel Spaß bei der Lektüre. Sascha Rudat Chefredakteur Aller massiven und lautstarken Kritik aus den Gesundheitsberufen zum Trotz: SPD-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz durch den Bundestag gebracht. Die Änderungen, die final noch eingeflossen sind, sind marginal. Die zahnärztlichen und ärztlichen Standesorganisationen hatten auf allen Kanälen versucht, die Verantwortlichen doch noch davon zu überzeugen, dass Kürzungen mit dem Rasenmäher der falsche Weg sind und die gesundheitliche Versorgung nachhaltig schädigen können. Doch es half alles nichts. Für die zahnärztliche Versorgung bedeutet das, dass die Budgetierung wieder eingeführt wird. Dass es für vulnerable Gruppen bei der PAR-Therapie eine Ausnahmeregelung gibt, ist leider nur eine Minimalkorrektur. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse des fast zeitgleich vorgestellten Barmer-Zahnreports, wonach die zahnmedizinische Prävention von enormer Bedeutung ist, aber es noch Ausbaubedarf gibt, mutet es wie ein Treppenwitz an, dass die im vergangenen Jahr mit enormem Aufwand eingeführte PAR-Behandlungsstrecke jetzt durch die Hintertür wieder kassiert wird. Die Folgen werden in diesem Jahr wohl noch nicht zu spüren sein. Im kommenden Jahr umso mehr. Doch neben den Konsequenzen für die Patientenversorgung gibt es noch zwei weitere Ebenen, auf denen das Gesetz fatale Folgen haben wird: Die Praxen können die drastisch steigenden Kosten in allen Bereichen – vor allem bei der Energie – nicht an die Patientinnen und Patienten weitergeben. Anders als eine Gaststätte oder eine Bäckerei lassen sich die höheren Kosten eben nicht so ohne Weiteres an die Kunden weitergeben – wobei es natürlich auch hier Grenzen gibt. Aber die Budgetierung zusammen mit dem immer höheren Kostendruck macht die Wirtschaftlichkeit der Praxen zunehmend schwierig. Das Signal, das damit an junge Zahnärztinnen und Zahnärzte geht, ist mehr als fatal. In Zeiten, in denen der Nachwuchs immer öfter die Anstellung der Niederlassung vorzieht, weil er ein hohes sechsstelliges Investitionsvolumen bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Unsicherheit scheut, ist es ein Unding, dass ein Bundesgesundheitsminister diesen Trend durch eine derart kurzsichtige Politik noch massiv vorantreibt. Es liegt die Vermutung nahe, dass sich Lauterbachs Beliebtheitswerte unter Zahnärzten und Ärzten langsam denen von Ulla Schmidt, seiner sozialdemokratischen Vorgängerin im Amt, annähern dürften. Und das muss man als Arzt erst einmal schaffen. Anstatt die „Leistungserbringer“ ins Boot zu holen, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, werden kurzfristig Finanzlöcher gestopft. Foto: Lopata/axentis EDITORIAL | 03

zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2026) Inhalt MEINUNG 3 Editorial 6 Leitartikel POLITIK 8 Barmer Zahnreport 2022 Krankenkasse bestätigt Nutzen der zahnmedizinischen Prävention 12 Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung „Ampel leitet Aus für PARTherapie ein” 18 Gesundheitskiosk in Hamburg Kassen gegen Lauterbach 26 Gebührenordnung für Zahnärzte 26 Die GOZ feiert ihren 35. Geburtstag 28 Keine Scheu beim Steigerungssatz gemäß § 5 38 FVDZ-Hauptversammlung in Bonn „Wir sind nicht Notnagel für eine verkorkste Gesundheitspolitik!“ 42 Sächsischer Fortbildungstag 2022 Gott gebe, dass es klebe ZAHNMEDIZIN 20 Der besondere Fall mit CME Das pleomorphe Adenom des Gaumens 32 MKG-Chirurgie Nekrotisierende Fasziitis nach Zahnextraktion TITELSTORY 44 S3-Leitlinien-Update Diagnostik und Therapie der Kiefergelenkluxation 56 Aus der Wissenschaft Implantate bei Parodontitispatienten: Ergebnisse nach 20 Jahren 68 Keimbestimmung odontogener Abszesse Next Generation Sequencing kann die Erregerdiagnostik verbessern 78 MKG-Chirurgie Anaplastisches pleomorphes Sarkom des Kiefergelenks Foto: Keyvan Sagheb 20 Der besondere Fall mit CME Der Fall beschreibt den Weg vom klinischen Befund bis zur Diagnose und Therapie eines pleomorphen Adenoms des Gaumens. 12 Ein Schwarzer Tag für die Mundgesundheit Eine Entscheidung wider Vernunft und Wissenschaft: Der Bundestag beschließt das GKV-FinStG. Foto: katatonia_adobe.stock.com Titelfoto: Merle Riechmann

zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2027) GESELLSCHAFT 10 Sammlung Dentales Erbe Dentalmuseum Zschadraß hat jetzt hochmodernen Buch-Scanner 14 Bei Douglas gibt es jetzt Botox to go Jetzt kommt die Schönheitsklinik in die Fußgängerzone 82 Interview mit Dr. Alexander Schafigh und Dr. Armin Reinartz „Jeder Mensch hat das Recht auf Schmerzlinderung“ PRAXIS 54 ZFA-Ausbildungszahlen 2022 Über 14.000 neu abgeschlossene Verträge! 64 Steuertipps zum Jahresende Kluge Steuergestaltung in schwierigen Zeiten 74 Zahnarzt Bernhard van den Bosch ist Europameister im Wasserball „Ein blaues Auge ist die absolute Ausnahme“ MARKT 92 Neuheiten RUBRIKEN 30,10News 43,84Bekanntmachungen 60 Termine 62 Formular 97 Impressum Foto: Uli Kaifer_Douglas 14 Bei Douglas gibt es jetzt Botox to go Falten wegschminken geht natürlich immer. Bei Douglas kann man sie sich jetzt auch wegspritzen lassen. TITELSTORY 44 Diagnostik und Therapie der Kiefergelenkluxation Das S3-Leitlinien-Update gibt einen Überblick über aktuelle Empfehlungen. Foto: Merle Riechmann INHALTSVERZEICHNIS | 05

zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2028) Viel ist derzeit davon die Rede, wie unsere Gesellschaft möglichst ohne größere Blessuren über den Winter kommt. Man mag sich über diese Diskussion verwundert die Augen reiben und fragen: Ist das noch das reiche und wirtschaftlich kraftstrotzende Deutschland, als das wir uns gern sehen? Schlagzeilen mit Warnungen vor Stromausfällen, vor kalten Wohnungen und Aufforderungen zu Notbevorratungen passen nicht so recht zum Selbstbild einer führenden Industrienation. Die Verunsicherung auch in unseren Praxen wird größer, je deutlicher sich langsam die Konsequenzen der Entwicklungen zeigen: Nicht nur die Abschlagszahlungen für Gas und Strom steigen massiv, auch Indexmieten für Praxisräume springen an. Fast jede Materialbestellung ist teurer als die vorangegangene und hinzu kommt, dass die Praxen immer noch erhebliche Mehrbelastungen durch die Corona-Hygienemaßnahmen zu tragen haben. Ganz besonders nahe geht vielen von uns aber die Situation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Praxen. Meine Mitarbeiterinnen haben mich in den letzten Monaten nahezu im Wochentakt um Gehaltsgespräche gebeten. Da geht es keineswegs um Luxuszugaben, sondern schlicht und ergreifend um existenzielle Nöte, denn auch sie stehen den hohen Preissteigerungen in fast allen Bereichen ohnmächtig gegenüber. Was tun wir in so einer Situation? Auch wenn es kein Patentrezept gibt, versuchen viele Praxen das, was im Rahmen der Weiterführung der Praxistätigkeit irgend möglich ist. Da werden geplante Investitionen auf den Prüfstand gestellt und nach hinten verschoben. Da werden Sparpotenziale gesucht und umgesetzt und auch der Letzte hat wohl nun verstanden, dass einige Leistungen zum 2,3-fachen Faktor kaum noch wirtschaftlich zu erbringen sind. Kurz und gut: Es wird alles getan, um den Laden funktionstüchtig zu halten – im gesundheitspolitischen Vokabular heißt das, „die Versorgung aufrechterhalten“. Aber es gehört nicht viel Fantasie dazu, um zu sehen, dass diese Notfallimprovisationen nicht lange funktionieren werden, denn wo andere Branchen ihre Preise mal eben nach oben setzen können und das Brötchen statt 60 nun 85 Cent kostet, sind wir im Preiskorsett der GOZ mit einem seit 34 Jahren stagnierenden Punktwert gebunden. Massiv steigende Preise auf der Kostenseite und stagnierende Preise auf der Einnahmenseite – unsere Praxen sitzen in der Inflationsfalle. Wie kann es nun weitergehen? Es ist zu einem politischen Reflex geworden, Probleme aller Art ganz schnell an „den Staat“ zu adressieren. Die amtliche Rhetorik hat dieses Denken leider befördert. Die immer wieder gebetsmühlenartig vorgetragenen Beschwichtigungen, allen werde geholfen und keiner zurückgelassen, haben ein falsches Sicherheitsgefühl entstehen lassen. Ich fürchte, die Politik überfordert sich mit diesen Zusagen, die sie schlussendlich nicht wird einlösen können, denn „der Staat“ sind bekanntlich wir alle. Unsere Praxen sind längst keine Reparaturbetriebe für Karieslöcher mehr – hier wird heute moderne orale Medizin betrieben. Sie gehören zur kritischen Infrastruktur und brauchen JETZT dringend Entlastung – zuerst bei den Energiekosten, die nicht nur die Krankenhäuser und Radiologen hart treffen. Um der Inflationsfalle zu entkommen, müssen aber auch strukturelle Änderungen her. Es muss die Möglichkeit geschaffen werden, die gestiegenen Kosten weitergeben zu können. Da bietet sich natürlich eine GOZ an, die diesen Inflationsausgleich in Zukunft dynamisch inkludiert. Es mag wie ein Treppenwitz der Geschichte anmuten: Während der langen Jahre von Prosperität und niedrigen Inflationsraten haben nur wenige Standespolitiker hinter vorgehaltener Hand von einer dynamisierten GOZ gesprochen – der kluge Gedanke galt als politisch nicht durchsetzbar. Heute ist die Maximalforderung von gestern das Gebot der Stunde. Und es sollte schnell gehen ... Konstantin von Laffert Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer Foto: BZÄK/axentis.de. Eine GOZ-Dynamisierung wäre die Lösung 06 | LEITARTIKEL

STATIM® B 006887 08.21 Sterilisation in ihrer reinsten Form VAKUUMAUTOKLAV Kleines Gerät, große Leistung Sterilisiert verpackte Ladungen in nur 27 min. Arbeitet nach Plan Programmierbare Funktionen zum Planen von Testzyklen und Vorwärmen der Kammer. Intelligente Funktionen, verbesserte Automatisierung Wartungserinnerungen, Video-Tutorials und Tipps zur Fehlerbehebung. Für weitere Informationen: scican.com/eu/statim-b

zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2030) BARMER-ZAHNREPORT 2022 Krankenkasse bestätigt Nutzen der zahnmedizinischen Prävention Die Effekte der zahnmedizinischen Prävention sind Gegenstand des neuen BARMER-Zahnreports mit dem Titel „Entwicklung der vertragszahnärztlichen Versorgung über neun Jahre: Von der Kuration zur Prävention?“, den die Krankenkasse am 20. Oktober 2022 in Berlin vorstellte. Die Autoren der Studie ziehen ein aus Sicht der Zahnmedizin erfreuliches Fazit. Das Ergebnis des Reports „belegt eindeutig, dass die Zahnmedizin insgesamt in die richtige Richtung geht“, sagte BARMER-Vorstandschef Prof. Dr. Christoph Straub anlässlich der Vorstellung des Zahnreports. Der Wandel von der kurativen zur präventiven Zahnmedizin sei allerdings längst noch nicht vollzogen. Deshalb müsse es von allen Akteuren mehr Anstrengungen geben. Die Barmer selbst werde Straub zufolge für ihre rund neun Millionen Versicherten ein umfangreiches Angebotspaket bestehend aus Information, Beratung und auch Satzungsleistungen erarbeiten, um die zahnmedizinische Prävention voranzubringen. Grundlage für die Studie waren die Abrechnungsdaten der Krankenkasse, die mit rund neun Millionen Versicherten etwa 12,5 Prozent der gesetzlich Krankenversicherten stellt. Die methodische Annäherung an die Fragestellung sei mit Abrechnungsdaten allerdings „nicht ganz einfach“, erklärte Prof. Dr. Michael Walter aus Dresden. Man könne die erbrachten Präventionsleistungen keinesfalls ausreichend abbilden, weil viele Leistungen - wie die Professionelle Zahnreinigung - als Privatleistungen erbracht werden. Man habe jedoch ein geeignetes Ersatzkriterium gefunden: die Häufigkeit der Inanspruchnahme invasiver Leistungen. Damit könne indirekt die Ausrichtung der Therapien abgebildet werden, erklärte Walter. Anlässlich der Veröffentlichung des Zahnreports haben Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) einmal mehr den Stellenwert von Prävention und Prophylaxe in der modernen Zahnmedizin betont. Zugleich übten die zahnärztlichen Bundeskörperschaften deutliche Kritik an der aktuellen Regierungspolitik, die durch Budgetierung und Deckelung eine präventionsorientierte Versorgung erheblich erschwere. VORSORGE ZAHLT SICH AUS „Die Zahnärzteschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten einen erfolgreichen Wandel gestaltet – weg von der kurativen, hin zu einer präventiven Ausrichtung der Zahnheilkunde. ‚ Vorsorgen statt versorgen‘ lautet unser Motto. Damit haben wir den Grundstein gelegt, um für alle Menschen beste Voraussetzungen für ein lebenslang gesundes Gebiss und eine dauerhaft gute Mundgesundheit zu schaffen“, sagte Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der KZBV. BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz betonte in seinem Statement die sichtbaren Ergebnisse der zahnmedizinischen Prävention: „Die Investitionen in Vorsorge zahlen sich aus, denn so wird eine wesentlich kostenintensivere Krankheitslast vermieden – über viele Jahre hinweg.“ Die Karies bei Kindern sei auf ein Zehntel gesunken. „Bei Erwachsenen ist die Zahl der Füllungen rückläufig, Zahnverluste haben sich halbiert. Senioren weisen durchschnittlich fast sieben eigene Zähne mehr auf als noch zur Jahrtausendwende.“ br Quelle: zm_Barmer 08 | ZAHNMEDIZIN

zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2032) SAMMLUNG DENTALES ERBE Dentalmuseum Zschadraß hat jetzt hochmodernen Buch-Scanner Das Dentalmuseum Zschadraß hat jetzt einen High-End-Scanner zur Digitalisierung seiner Buchbestände. Der Kauf wurde unter anderem mit Spendengeldern der Sammlung Dentales Erbe finanziert. Mit dem 250 kg schweren „ScanRobot“ können nun die wertvollen Schriftbestände des Museums digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Rund 7.000 Euro aus der Spendensammlung der deutschen Zahnärzteschaft hat das Dentalmuseum Zschadraß in die Anschaffung eines automatisierten Buch-Scanners investiert. Das Geld wurde als Eigenmittel für eine Förderung der Bundesstiftung „Neustart Kultur“ eingesetzt, mit der der Löwenanteil des nach Firmenangaben knapp 100.000 Euro teuren Geräts finanziert wurde. DER SCANNER SCHAFFT 1.600 SEITEN PRO STUNDE Der rund 250 Kilogramm schwere „ScanRobot®“ wurde von der Wiener Firma Terventus entwickelt und zeichnet sich dadurch aus, dass er Bücher und Druckschriften besonders schonend digitalisieren kann. Durch das mit einemMindestmaß an mechanischer Belastung ablaufende automatische Scannen werden Schäden an den alten, mitunter hochempfindlichen Drucken vermieden. Bücher mit herausgerissenen oder herausgebrochenen Seiten können auch manuell eingescannt werden, was allerdings sehr zeitaufwendig ist. In der ersten Oktoberwoche wurde das Team im Dentalmuseum in der Bedienung des Geräts geschult. In einem ersten Testlauf wurde ein Manuskript aus der Sammlung Proskauer/Witt digitalisiert. Die etwa 50 Seiten waren nach fünf Minuten als PDF-Dokumente auf dem angeschlossenen PC verfügbar. In der ersten Woche nach dem Abschluss der Schulung haben die Mitarbeiter bereits rund 50 Bücher erfolgreich und in bester Qualität digitalisiert. Mit zunehmender Routine soll das Tempo der Erfassung gesteigert werden: Abhängig vom Schwierigkeitsgrad der zu digitalisierenden Schriften könne man Geschwindigkeiten von 1.600 Druckseiten pro Stunde erreichen, sagt Museumsleiter Andreas Haesler. SELBST SÜTTERLIN KANN EINGELESEN WERDEN Im Scansystem ist eine Texterkennung integriert, so dass die digitalisierten Manuskriptseiten nicht nur als Bilddateien, sondern auch als durchsuchbare Dokumente ausgeFoto: Detlef Rohde Museologin Andrea Aurig und Operator Tom Reisewitz vor dem neuen Scanner 10 | GESELLSCHAFT

geben werden – eine Funktion, die die Bestände effizient für die Forschung erschließt. Die intelligente Texterkennung unterstützt dabei viele Sprachen und verfügt über Funktionen, die die Digitalisierung der Schriftstücke beschleunigen. So können auch Sütterlin und sogar Handschriften digital eingelesen werden. Bei Handschriften müssen die generierten Texte zwar intensiver nachbearbeitet werden – dennoch nimmt die Technik den Archivaren viel Arbeit ab. Auch die bildliche Darstellung der Dokumente, die durch Sonneneinstrahlung oder aufgrund ihres Alters stark verblichen sein können, kann in der Regel mit den Bildbearbeitungsoptionen verbessert werden, was gerade bei vergilbten Büchern mit grauer Druckfarbe sehr hilfreich ist. Der Operator kann in diesem Fall den vergilbten Hintergrund entfernen und das Gerät scannt dann den Text, der auf einer weißen Manuskriptseite erscheint. Museumsgründer Haesler freut sich über den Neuerwerb: „Nun können wir endlich loslegen und die wissenschaftlichen Arbeiten, die von den Anfängen der Zahnheilkunde bis in die heutige Zeit reichen, der Öffentlichkeit für die Forschung und Lehre zugänglich machen.“ Und auch der für das Projekt „Dentales Erbe“ der Bundeszahnärztekammer zuständige sächsische Kammerpräsident Dr. Thomas Breyer ist vom neuen Scanner begeistert: „Ab sofort verfügt das Dentalmuseum Zschadraß über ein hochmodernes Gerät zur Archivierung der wertvollen Druckerzeugnisse. Damit wird der Grundstein für eine weltweit zugängliche Forschungsdatenbank gelegt, die im dentalhistorischen und zahnmedizinischen Bereich einzigartig sein wird.“ Da es für ein solches Projekt in der Zahnmedizin weltweit noch keine Vorbilder gibt, entwickelt die Museologin Andrea Aurig derzeit zusammen mit mehreren Universitäten ein neues Archivierungssystem, das auf die komplexen Ansprüche der Forschung im digitalen Zeitalter zugeschnitten sein wird. DISSERTATIONEN AUS DEM JAHR 1976 SIND BEREITS ONLINE Auf der Webseite des Dentalmuseums sind unter „Bibliotheca Dentaria Online“ bereits erste Schriften eingestellt. Es handelt sich dabei um Dissertationen aus dem Jahr 1976. Darunter findet sich auch eine Arbeit zum Thema „Akute Schmerzen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich in Abhängigkeit vom Wettergeschehen“. Insgesamt 4.007 Schmerzfälle wurden auf Wetterabhängigkeit überprüft: „Eine überzufällige Signifikanz konnte nicht beobachtet werden.“ Aber so ganz ohne Einfluss schien das Wetter auf akute Zahnschmerzen dann doch nicht zu sein: „Bei aktivem Kaltlufteinbruch an der Rückseite eines Tiefdruckgebietes war der prozentuale Anteil der Fälle am größten.“ br http://www.dentalmuseum.de/seite/ 583966/bibliotheca-dentaria-online.html zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2033) 'J?9B4". 2C#><0K4". -4<:I0?4". H4<>JK+ =K0I *4I9B4 6:4<@)9B4% F&&4< "C< E 89B<J>>4% 1&0!0 2$ -'%# ) .("' .,+ /20* ;"J,4<?0I A3"/ FF 7 =?>494& FF 5IC? ()I>% G0"! 4J"#09B% <"J-5>B1I C4"0 HH 8 @BA5:5& HH 6IEB D0? HC"/0&4"> /4">0I4< 14?>0C<0>J3"4" 7; 0J>5'A5 405> J"0J>5'A5 25BA1E>1AJ4"5"/ 5J"B 05> J""4-1AJ-5" (4"4&5>5 D1#A5A J&&5>/ 5K1I +1B 9J5 ;5#5BAJK5" +4II5"% $=; FJ5 J051I5 @>K*"!E"K !E> C5#5BAJKE"K J"0J>5'A5> 25BA1E>1AJ4"5" 1II5> 3>A, ()I>% F&&4<% H4?>% G )5J" $J:DAD*>A5" = )5J"5 @J"+J>'!5JA ? .4II5 -JBE5II5 )4"A>4II5 $=; (5D> E"A5> ! GESELLSCHAFT | 11

zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2034) KASSENZAHNÄRZTLICHE BUNDESVEREINIGUNG (KZBV) „Ampel leitet Aus für PAR-Therapie ein” Der Bundestag hat den von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgelegten Entwurf fürs GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) mit nur marginalen Änderungen verabschiedet. Für die Mund- und Allgemeingesundheit in Deutschland ist das ein schwarzer Tag, so die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV). Mit der im Gesetz enthaltenen strikten Budgetierung für 2023 und 2024 werden der Versorgung die erst kürzlich zugesagten Mittel für die neue, präventionsorientierte Parodontitis-Therapie wieder entzogen. Fast alle der rund 30 Millionen Parodontitis-Patienten, würden damit faktisch eines Leistungsanspruchs beraubt, der erst im Vorjahr in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen und von allen Beteiligten als ein Meilenstein für die Mund- und Allgemeingesundheit begrüßt worden sei, kritisiert die KZBV. Denn durch die im Bundestag auf den letzten Metern eingebrachten Änderungen der Koalition werden alleine die Finanzmittel für die Behandlung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung zur Verfügung gestellt. Dementsprechend fassungslos reagierte der KZBVVorsitzende Dr. Wolfgang Eßer: „In zahlreichen Gesprächen und in der Expertenanhörung im Bundestag wurde klar dargelegt, dass die strikte Budgetierung das faktische Aus für diese wichtige Behandlung bedeutet. So wichtig die Versorgung vulnerabler Gruppen ist, eine Ausnahmeregelung für die Parodontitis-Therapie hätte alle GKV-Versicherten einschließen müssen!“ Die überwiegende Mehrheit der Patienten, die dringend auf eine wirksame und auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft basierende Behandlung angewiesen ist, bleibe mit dieser Entscheidung auf der Strecke. Eßer: „Das, was uns die Ampel hier präsentiert, ist nichts anderes als ein politisches Feigenblatt und ein Frontalangriff auf die präventive Patientenversorgung.” TRIAL-AND-ERROR AUF DEM RÜCKEN DER PATIENTEN Vorgesehen ist zudem eine Evaluierung der Auswirkungen der Budgetierung auf die Parodontitis-Versorgung im September 2023. „Trial-and-Error auf dem Rücken der Patienten ist der falsche Weg. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Sein Versprechen zu halten, eine Parodontitis-Behandlung für alle zu ermöglichen und Foto: Eric Fahrner - stock.adoeb.com Mit dem vom Bundestag beschlossenen GKV-Finanzstabilisierungsgesetz werden für die PAR-Therapie nur die Finanzmittel für die Behandlung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung zur Verfügung gestellt. 12 | POLITIK

WAS IM GESETZ STEHT \ GKV-Finanzreserven: Vorhandene Reserven werden mit einem kassenübergreifenden Solidarausgleich zur Stabilisierung der Beitragssätze herangezogen. Die Obergrenze für die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds halbiert wird, übersteigende Mittel können an die Krankenkassen gehen, um die Finanzierungslücke weiter zu schließen. \ Bundeszuschuss: Der Bundeszuschuss zur GKV wird von 14,5 Milliarden Euro für 2023 um 2 Milliarden Euro erhöht. \ Darlehen Bund: Der Bund gewährt der GKV 2023 ein Darlehen von 1 Milliarde Euro an den Gesundheitsfonds. \ Herstellerabschlag: Für 2023 ist ein um 5 Prozentpunkte höherer Herstellerabschlag insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel vorgesehen. \ Reform AMNOG: Änderungen der Preisbildung von neuen Arzneimitteln, die keinen oder nur einen geringen Zusatznutzen haben, sowie ergänzende Maßnahmen zur Dämpfung des Ausgabenanstiegs bei patentgeschützten Arzneimitteln. \ Apothekenabschlag: Der Apothekenabschlag wird von 1,77 Euro auf 2 Euro je Arzneimittelpackung (auf zwei Jahre befristet) erhöht. \ Preismoratorium: Das Preismoratorium bei Arzneimitteln wird bis Ende 2026 verlängert, ergänzt um eine Ausstiegsregelung für bekannte Arzneien mit neuem Anwendungsgebiet. \ Pflegebudget: Ab 2025 werden nur noch die Kosten für qualifizierte Pflegekräfte berücksichtigt, die in der direkten Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen arbeiten. \ Neupatientenregel: Die extrabudgetäre Vergütung von vertragsärztlichen Leistungen gegenüber „Neupatienten“ für Vertragsärzte wird abgeschafft. Dafür werden Vergütungsanreize für schnellere ärztliche Behandlungstermine eingeführt. \ Zahnarzthonorare: Begrenzung des Honorarzuwachses für Zahnärztinnen und Zahnärzte. Gleichzeitig: Ausnahmen für Leistungen im Rahmen der aufsuchenden Versorgung oder von Kooperationsverträgen zwischen stationären Pflegeeinrichtungen und Zahnärzten sowie bei Parodontitisbehandlung bei Versicherten mit Behinderung oder Pflegebedarf. \ Zusatzbeitrag: Der Zusatzbeitrag wird steigen. Auf Basis der Ergebnisse des GKV-Schätzerkreises im Herbst wird das BMG den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz in der GKV festlegen. „Eine Anhebung des Zusatzbeitrags um 0,3 Prozentpunkte ist derzeit nicht unrealistisch.“ dann zu evaluieren – das wäre verantwortungsvoll”, kritisiert Eßer. „Mit diesem Gesetz verschließt die Ampel wissentlich die Augen vor den gesundheitlichen Folgen für unsere Patienten und wirft gleichzeitig die von ihr gepredigten Prinzipien von Nachhaltigkeit und Prävention in der Gesundheitsversorgung vollständig über Bord. Das ist schlichtweg absurd und verantwortungslos.” mg/ck zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2035) Ajona wirkt – das fühlt und schmeckt man. Klinische Studien belegen: Ajona reduziert Plaque um 80 Prozent* und dies besonders sanft mit einem RDA-Wert von 30. Für gesunde, saubere Zähne, kräftiges Zahnfleisch, reinen Atem und eine lang anhaltende, sehr angenehme Frische im Mund. ! antibakteriell und anti-Plaque ! natürliche Inhaltsstoffe ! entzündungshemmend ! remineralisierend ! nachhaltiges Zahncremekonzentrat Ajona wird 70 – feiern Sie mit www.ajona.de/gewinnspiel OHNE TITANDIOXID kostenlose Proben: bestellung@ajona.de * Klinische Anwendungsstudie unter dermatologischer und dentalmedizinischer Kontrolle, durchgeführt von dermatest 11/21 POLITIK | 13

zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2036) PARFÜM-RIESE AUF NEUEN WEGEN Bei Douglas gibt es Botox to go Botox- und Hyaluron-Unterspritzungen sind gleichermaßen gefeiert und verschrien. Jetzt bietet die Parfümeriekette Douglas in fünf Städten in ihren Filialen Botox to go an. Dabei vermietet sie Räume an Ärzte, die Filler spritzen und zur Bruxismustherapie Injektionen in den Masseter durchführen. Ursprünglich wollen Sie bei Douglas ein Parfum kaufen, kommen stattdessen jedoch faltenfrei, mit straffer Haut und dem Gefühl, ein paar Jahre jünger zu sein, wieder hinaus. Geht nicht? Doch.“ So warben Dr. Edouard Manassa und sein Team 2020 für ihr „Botox to go“. PAAU heißt das Behandlungskonzept, das die drei Schönheitschirurgen Manassa, Dr. med. Holger Hofheinz und Dr. med. Marc A. Ronert, MD/PhD. im September 2020 als Pilotprojekt in Räumen der Douglas GmbH in Frankfurt am Main einführten. Und wirklich: Heute, zwei Jahre später gibt es in fünf Douglas Flagship Stores eigenständige und unabhängige Arztpraxen, die den Service anbieten: in Frankfurt, München, zwei in Hamburg und in Düsseldorf. Es könnten Standorte in Köln und Berlin folgen, sagt Manassa. DOUGLAS TRITT NUR ALS VERMIETER AUF Douglas äußert sich zu den Expansionsplänen nicht. Schließlich sei es die „Medical Beauty Solutions Plattform“ PAAU, die „professionelle Behandlungen durch ausgewählte lokale FachärztInnen für Plastische und Ästhetische Chirurgie“ in den Räumen der fünf Douglas-Filialen anbiete, heißt es auf Anfrage – und darum auch Ansprechpartner. PAAU erbringe in diesen Räumen „eigene Leistungen für ihre PatientInnen“, Douglas „vermiete lediglich die Räumlichkeiten“. Und erweitert damit sein Produktportfolio um ein boomendes Produkt: minimalinvasive Schönheitseingriffe. Foto: cherry_d_stock.adobe.com Der Trend geht zu faltenfreier Haut. Douglas tritt darum neuerdings als Vermieter auf, um Kundinnen und Kunden in ausgewählten Luxusfilialen eine Beratung und Behandlung durch Schönheitschirurgen anbieten zu können. 14 | GESELLSCHAFT

zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2037) INTERVIEW MIT DR. EDOUARD H. MANASSA “WIR ERMÖGLICHEN EINEN NIEDRIGSCHWELLIGEN ZUGANG ZU MINIMALINVASIVEN BEHANDLUNGEN!“ Dr. Edouard H. Manassa ist Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie und nimmt seit 2013 in seiner Düsseldorfer „Klinik am Rhein“ Eingriffe wie Brust-OPs, Liposuktion und Gesichtsstraffungen vor. 2019 eröffnete er die „Praxis Schönheitsmühle“ in Ratingen, wo er Faltenbehandlung mit Hyaluronsäure und Botulinium anbietet, wie sie auch Teil des 2020 gegründeten Behandlungskonzepts PAAU sind – das in fünf Douglas-Filialen zu finden ist. Ist der Name PAAU eine Abkürzung? DR. EDOUARD H. MANASSA: Ja, sie steht für Professional Aesthetic And You. Was zeichnet PAAU aus und was unterscheidet es von Behandlungskonzepten der Mitbewerber? Die Praxisinhaber sind Fachärzte für plastische und ästhetische Chirurgie und bieten minimalinvasive Behandlungen in eigenständigen Praxen, gut zugänglich für Patienten, an. Sie haben sich besonders auf diesen Teilbereich der Gesichtsbehandlungen spezialisiert. Welchen Stellenwert hat der therapeutische Einsatz von Botox zur Behandlung von Bruxismus oder Migräne bei PAAU? Wir erleben, dass der medizinische Stellenwert der BotulinumBehandlung fortwährend zunimmt. So behandeln wir zur prophylaktischen Migräne-Therapie erfolgreich die Bereiche der Stirn, der Glabella und temporal Region. Dadurch lässt sich häufig die Zahl der Migräne-Anfälle deutlich reduzieren. Uns ist es ein großes Anliegen, diese zusätzlichen therapeutischen Möglichkeiten bei der Migräne bekannt zu machen. Zur Beratung kommen Patienten auch mit Fragen zu Behandlungen des Musculus masseter bei Verspannungen in Kiefergelenk. Auch hier lassen sich gute Erfolge mit Botox realisieren. Da arbeiten wir gerne mit Zahnärzten Hand in Hand. Die Patientenzufriedenheit in diesen eher unbekannten therapeutischen Bereichen ist sehr hoch. Wie laufen die therapeutischen/ästhetischen Behandlungen in den von Douglas angemieteten Räumen genau ab? Durch die Ärzte findet in der Praxis eine ausführliche Beratung mit Aufklärung über Risiken, alternative Behandlungsmethoden, schriftlicher Dokumentation sowie einer Fotodokumentation statt. Wer führt die Behandlungen dort durch? Unabhängige Fachärzte. Unterscheidet sich die Behandlung in den Räumen von Douglas von der in anderen Kliniken für Plastische Chirurgie? Es finden ausschließlich minimalinvasive Behandlungen statt. Die Ärzte haben eine besondere zusätzliche Fortbildung in der PAAUAkademie absolviert, bei der insbesondere die Gesichtsanalyse, die spezielle Anatomie mit Gefäßverläufen und spezielle Behandlungstechniken geschult werden. Patientensicherheit steht an erster Stelle. Welche Kunden will PAAU in den Douglas-flagship Stores ansprechen? Wir ermöglichen den Patienten einen niedrigschwelligen Zugang zu minimal invasive Behandlungen in den großen deutschen Städten. Handelt es sich dabei um ein anderes Klientel als in Ihrer „Klinik am Rhein“? Wir beraten auch viele Patienten, die zum ersten Mal die Möglichkeit haben, mit einem Facharzt über ihre Wünsche zu sprechen. Das heißt sie sind ganz am Anfang ihrer „patient journey“ – das heißt, es findet häufig keine Behandlung statt, sondern lediglich eine fundierte Beratung. Ist eine Zusammenarbeit an weiteren Standorten geplant? Ja, es sind weitere Standorte geplant, zum Beispiel in Berlin oder Köln. Wie wird denn das Angebot in den fünf Douglas-Stores von den KundInnen bisher angenommen? Das Interesse ist hoch und die Möglichkeit einer Beratung wird gerne angenommen. Besonderheit ist die Verfügbarkeit der Ärzte in den Abendstunden und auch samstags. Welche Behandlungen sind am stärksten nachgefragt? Je nach Altersgruppe sind die Anfragen unterschiedlich. Die Patienten zwischen 20 und 25 Jahren fragen eher nach Lippenbehandlungen. Die übrigen Altersgruppen eher nach Botulinum und Filler-Behandlungen mit Hyaluron. Eins eint alle Patienten und auch unsere Ärzte: der Wunsch nach einem natürlichen und frischen Aussehen. Und wie sind die Rückmeldungen der KundInnen? Die Resonanz ist sehr gut, da sich viele Patienten einen unkomplizierten Austausch mit einem Facharzt wünschen, bisher aber keine Möglichkeit dazu gehabt haben. Wie sind die Rückmeldungen von Kollegen zu dem Schritt, mit Douglas zusammen zu arbeiten? Tatsächlich arbeiten wir nicht mit Douglas zusammen, wir mieten Räumlichkeiten in zentralen Lagen in großen Städten an, um unabhängige Arztpraxen zu gründen. Unsere Kollegen finden das Konzept sehr spannend und schätzen den einfachen Austausch im Rahmen der PAAU-Akademie. Kollegen und Patienten profitieren dabei gleichermaßen. Als Ärzte legen wir besonderen Wert auf die Unabhängigkeit und dass selbstverständlich sämtliche Entscheidungen stets im Patientenwohl getroffen werden. Dies ist bei PAAU zu jederzeit sichergestellt – daher ergänzen sich die Bereiche hervorragend. Sehen Sie einen Trend, dass Botox- und HyaluronBehandlungen in Deutschland zunehmend nachgefragt werden? Wir sehen eine bundesweite Zunahme der minimalinvasiven Behandlungen mit Botulinum und Hyaluron in unseren Praxen. Dieser Trend wird auch durch unsere Fachgesellschaft DGPRÄC (Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen e.V.) in ihren Zahlen von 2021 bestätigt. Danach beträgt der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr 15 Prozent. Quelle: PAAU GESELLSCHAFT | 15

zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2038) Bereits 2021 machte es die Runde, dass wegen Homeoffice und ständiger Videokonferenzen viele Menschen einen kritischeren Blick auf sich selber werfen und ein makelloses Aussehen für sie um wichtiger erscheint. Nach Ansicht von Prof. Dr. PaulaIrene Villa Braslavsky gibt es eine abnehmende Stigmatisierung und Zunahme von kleinen Eingriffen wie Botox-Injektionen. Die Soziologin von der Universität München forscht seit vielen Jahren zur gesellschaftlichen Rolle von Schönheit und Jugend. Gegenüber dem Deutschlandfunk sagte sie 2021, sie halte es durchaus für wahrscheinlich, dass es irgendwann genauso üblich sein werde, kleinere Optimierungen vorzunehmen, wie es heute für manche Menschen selbstverständlich ist, Körperhaare zu entfernen. Diese Vermutung stütze auch ein Blick auf die Forschung der vergangenen Jahrzehnte. DOUGLAS VERKAUFT ONLINE JETZT AUCH MEDIKAMENTE Der Parfümerie-Riese verstärkt aber auch über das neue Botox-Angebot hinaus seine Bemühungen als Player im Gesundheitsmarkt: Im Februar kaufte Douglas die niederländische Versand-Apotheke Disapo, die vor allem in Deutschland und in China Medikamente vertreibt. Mit dem Einstieg in den Online-Apothekenmarkt erschließe ihr Unternehmen „ein enormes Wachstumsfeld“, da die Märkte für Schönheit und Gesundheit zunehmend zusammenwachsen, sagte Douglas-Chefin Tina Müller damals. Eben dies beobachte man ganz klar an den Wünschen der Kundinnen und Kunden. Im September richtete Douglas dann mit seinem „Beauty + Health Summit“ im neu eröffneten Luxus-Store auf der Düsseldorfer Königsallee eine Veranstaltung aus, auf der auch die Möglichkeiten und Grenzen einer verantwortungsvollen Botox-Therapie diskutiert wurden. Mit auf dem Podium saßen die beiden Chirurgen Manassa und Hofheinz sowie die Zahnärztin Dr. Mariana Mintcheva. So wie Douglas seine Dienstleistungen durch das Anbieten von professionellem Schminken und die Einbindung von Arztpraxen in seine Flagship Stores erweiterte, vergrößert die Kette nun mit Disapo ihr Produktsortiment. Rund 11.000 nichtrezeptpflichtige Apothekenprodukte sind im deutschen Webshop gelistet, berichtete apotheke adhoc. Hersteller wie Beiersdorf, Sanofi oder GlaxoSmithKline argumentierten daraufhin, sie sähen sich zwar weiterhin den stationären Apotheken verpflichtet, wollten sich aber auch nicht unvermeidlichen Marktmechanismen versperren. Zudem sei das selektivvertragskonforme Marktplatzmodell von Douglas vergleichbar mit dem anderer Online-Plattformen. Douglas-Kunden, die online Schmerz- und Schlaftabletten oder apothekenpflichtige Nahrungsergänzungsmittel kaufen, erhalten im Kleingedruckten den Hinweis, dass Douglas selbst keine Apotheke betreibt und auch nicht berechtigt ist, apothekenpflichtige Produkte abzugeben oder zu diesen pharmazeutisch zu beraten. Bei Fragen sollen sie sich darum bitte an die „Partnerapotheke“ Disapo wenden. mg VON DER SEIFE ZUM PARFÜM – UND ZU BOTOX Die Parfümerie Douglas ist eine 1910 in Hamburg gegründete international operierende Parfümerie-Filialkette mit Sitz in Düsseldorf. Die GmbH gehört seit Juni 2015 zu 85 Prozent dem Finanzinvestor CVC Capital Partners und zu 15 Prozent der Familie Kreke. Mit rund 1.900 Filialen in Europa – 330 davon in Deutschland – und einem Umsatz von 3,1 Milliarden Euro 2020/21 ist Douglas Marktführer in Europa. Der Name geht zurück auf den schottischen Seifensieder John Sharp Douglas. Der gebürtige Glasgower gründete am 5. Januar 1821 in Hamburg die Seifenfabrik „J.S. Douglas“. Durch eine Verkürzung des Verseifungsprozesses konnte Douglas seine Duftseife für eine breitere Käuferschicht zu einem erschwinglicheren Preis anbieten. Als er 1847 starb, wurde das Geschäft von seinen Söhnen Thomas und Alexander unter dem Namen „J.S. Douglas Söhne“ weitergeführt. Später verkauften sie den Betrieb an die Hamburger Kaufleute Gustav Adolph Hinrich Runge und Johann Adolph Kolbe. 1890 wurde Kolbes Sohn Gustav Adolph Alleinbesitzer des Unternehmens und übergab 1909 seiner Frau Berta die Verantwortung über die Seifenfabrik. Ein Jahr später erteilte Berta Kolbe den Schwestern Anna und Maria Carstens die Lizenz, unter dem etablierten Namen „Douglas“ eine Parfümerie zu eröffnen – unter der Bedingung, dass die Schwestern ihre Seifenprodukte künftig exklusiv von der Seifenfabrik Douglas beziehen. Diese erste „Parfümerie Douglas“ am Neuen Wall in Hamburg blieb 110 Jahre bestehen. Im Oktober 2020 wurde sie durch den „LuxusStore“ am Jungfernstieg ersetzt – in dem auch Botox gespritzt wird. Foto: Uli Kaifer/Douglas In den Douglas-Behandlungsräumen sollen Naturtöne für Wohlfühlatmosphäre sorgen. 16 | GESELLSCHAFT

zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2040) GESUNDHEITSKIOSK IN HAMBURG Kassen gegen Lauterbach Gesundheitskioske deutschlandweit – das ist der Plan von Karl Lauterbach (SPD). Der Bundesgesundheitsminister hatte im Sommer Eckpunkte vorgelegt, um das Beratungsangebot für Patienten in benachteiligten Regionen zu etablieren. Der Gesundheitskiosk in Billstedt-Horn steht für das Vorhaben Pate, andere Städte folgten. Doch nun haben die drei größten gesetzlichen Krankenkassen im Stadtstaat entschieden, den Hamburger Kiosk nicht mehr zu finanzieren. Langfristig will Lauterbach 1.000 Gesundheitskioske bundesweit aufbauen. Das ist geplant: \ Eine niedrigschwellige Beratung gerade in benachteiligten Regionen und Stadtteilen. \ Die Krankenkassen sollen mit den Kommunen zusammen mithilfe der Kioske die Gesundheitskompetenz von Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf fördern und einen gesundheitsförderlichen Lebensstil beratend unterstützen. \ Die Kioske sollen Leistungen der Behandlung, Prävention und Gesundheitsförderung vermitteln und dazu sektorenübergreifende Netzwerke bilden. \ Das Personal der Kioske soll aus examinierten Pflegefachkräften und Fachkräften der Gesundheitsund Kinder-Krankenpflege, Altenpflege bestehen. Kooperiert werden soll mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst. Vorgesehen ist, dass die gesetzlichen Krankenkassen 74,5 Prozent, die PKV 5,5 Prozent und die Kommunen 20 Prozent der Gesamtkosten tragen. Die privaten Krankenversicherungsunternehmen sollen sich verpflichtend an den Kiosken beteiligen, da auch Privatversicherte das Angebot in Anspruch nehmen können. Doch kurz nachdem Lauterbach im August seine Eckpunkte vorgestellt hatte, gaben Techniker, DAK und die BARMER bekannt, zum Jahresende aus der Finanzierung des Kiosks in Billstedt-Horn aussteigen zu wollen. Aus Sicht der drei Kassen bietet der Gesundheitskiosk in erster Linie Leistungen an, die es in den Stadtteilen Billstedt und Horn sowieso schon gebe – beispielsweise die Beratungsangebote der Gesundheitsämter. Bei der schwierigen Finanzsituation der GKV könnten sich die Kassen Ausgaben für teure Doppelstrukturen nicht mehr leisten, hieß es. Der Betrieb stehe in keinem Verhältnis zu den hohen Aufwendungen. Die AOK Rheinland-Hamburg hingegen setzt ihr Engagement dort über das Jahr 2022 hinaus fort. Laut Vorstandsmitglied Matthias Mohrmann besteht „weiterhin ein großer Bedarf an Versorgungsmodellen, die soziale Teilhabe ermöglichen und Orientierung in unserem komplexen Gesundheitssystem bieten“. EIN BUNDESWEITES ZEICHEN? Kritik kommt vom Virchowbund – der Verband und das Ärztenetz Billstedt-Horn gehören zu den Initiatoren des Kiosks. Dessen Vorsitzender, Dr. Dirk Heinrich, rügte: „Lauterbach zerstört mit seiner erratischen und inkonsistenten Politik die gute Versorgung ausgerechnet in sozialen Brennpunkten.“ Die vorgelegten Eckpunkte bezeichnete er als „unausgegoren“. Diese Eckpunkte und ein GKV-Finanzierungsgesetz, das die Kassen unter erheblichen Druck bringt, seien die Ursache dafür, dass sich nun Kassen aus einem sozialen Projekt mit nachgewiesener Versorgungsverbesserung verabschiedeten. Heinrich: „Dadurch hat nach zehn Monaten Amtszeit das Wirken von Lauterbach bereits nachhaltig negative Auswirkungen auf die Versorgung der sozial Schwächsten.“ Jetzt springt die Linksfraktion der Stadt für den Kiosk in die Bresche. Sie fordert Geld vom rot-grünen Hamburger Senat. Die Stadt müsse den Erhalt übergangsweise mit einer Fehlbedarfsfinanzierung sicherstellen und dafür Mittel im Haushalt 2023/24 einstellen, heißt es in einem Antrag für die nächste Bürgerschaftssitzung Anfang November. Langfristig solle der Kiosk in ein lokales Gesundheitszentrum überführt werden. Stellt sich die Frage, ob es sich bei dem Rückzug der drei Ersatzkassen aus dem Kiosk in Billstedt-Horn um eine regionale Entscheidung handelt oder ob sie damit auch bundesweit ein Zeichen gesetzt haben. Denn wenn schon der Prototyp finanziell auf der Kippe steht, könnte angesichts klammer Budgets bei Kommunen wie Krankenkassen das Vorhaben von 1.000 Gesundheitskiosken bundesweit gefährdet sein. pr Foto: picture alliance/dpa | Marcus Brandt 18 | POLITIK

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zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2042) DER BESONDERE FALL MIT CME Das pleomorphe Adenom des Gaumens Diana Heimes, Keyvan Sagheb, Peer W. Kämmerer Das pleomorphe Adenom ist der häufigste Speicheldrüsentumor des Menschen. Er wächst meist langsam und schmerzlos über Jahre hinweg. Doch wie gelingt eine rechtzeitige Diagnose – insbesondere wenn es sich um eine maligne Transformation handelt? Der vorliegende Fall beschreibt den Weg zwischen dem erstmalig beobachteten klinischen Befund einer progredienten Schwellung des Gaumens bis hin zur Diagnose und Therapie. Eine 26-jährige Patientin stellte sich mit einer seit einem Monat bestehenden Raumforderung im Bereich des harten und weichen Gaumens in der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz vor. In der klinischen Untersuchung zeigte sich eine nicht verschiebliche, nicht druckdolente Raumforderung des Gaumens mit Größenprogredienz, so dass die Indikation zur bildgebenden Diagnostik mittels Magnetresonanztomografie (MRT) gestellt wurde. In der MRT kam ein glatt begrenzter, 2,7 cm x 2,2 cm x 2,0 cm messender, homogen Kontrastmittel aufnehmender Befund am Übergang vom Hart- zum Weichgaumen zur Darstellung (Abbildung 2). In der Zusammenschau des radiologischen Befunds mit der klinisch nachvollziehbaren Größenprogredienz wurde die Indikation zur Exzisionsbiopsie in Intubationsnarkose gestellt. Im Hinblick auf die schon in der Bildgebung gut abgrenzbare, vermutlich abgekapselte Raumforderung wurde eine Schnittführung über das Punctum maximum gewählt. Danach erfolgte das stumpfe Herauspräparieren in toto unter Kontinuitätserhalt der Muskel- und Schleimhautschicht in Richtung Nasopharynx. Zur Reduktion des Totraums wurde ein hämostyptischer Kollagenschwamm mit Antibiotikazusatz in die Wundhöhle eingebracht und die Wunde mehrschichtig vernäht (Abbildung 3). Aufgrund des hohen Schwellungs- und Blutungsrisikos erfolgte eine 48-stündige stationäre Überwachung. Der weitere postoperative Verlauf gestaltete sich unter antibiotischer und analgetischer Therapie unauffällig, so dass die Patientin wie geplant nach zwei Tagen in die ambulante Weiterbetreuung entlassen werden konnte. In der histopathologischen Aufarbeitung zeigte sich ein mehrschichtig mit Plattenepithel überkleidetes fibröses Gewebe mit subepithelial scharf begrenzten Läsionen aus myxoidem Stroma mit solide und trabekulär wachsenden epithelialen und myoepithelialen Zellen. Ebenso sichtbar waren tubuläre Strukturen und randlich miterfasstes muköses Speicheldrüsengewebe. So wurde die Diagnose eines pleomorphen Adenoms gestellt. DISKUSSION Speicheldrüsentumore machen nur etwa 0,5 Prozent aller Tumore und sechs Prozent der Kopf-Hals-Tumore aus. 80 Prozent der Speicheldrüsentumore liegen in der Parotis, davon wiederum können 80 Prozent als benigne klassifiziert werden. Das pleomorphe Adenom ist der häufigste Speicheldrüsentumor des Menschen. Der Begriff „pleomorph“ bezieht sich auf die variable Morphologie der Zusammensetzung des Tumorgewebes, wobei es sich nicht wirklich um unterschiedliche Gewebeentitäten handelt, da der Tumor aus nicht mehr als einer Keimschicht entspringt. Tumore, die aus den kleinen Speicheldrüsen entstehen, sind selten und machen nur ein Viertel aller Speicheldrüsentumore aus; hiervon ist das pleomorphe Adenom mit einem Anteil von 45 Prozent auch der häufigste Tumor kleiner Speicheldrüsen [Gujer et al., 2013; Radhika et al., 2020; Yousra und Saliha, 2021]. Foto: Keyvan Sagheb Abb. 1: Klinischer Befund bei Erstvorstellung: Sichtbar ist eine rundliche Raumforderung am Übergang zwischen hartem und weichem Gaumen. DR. MED. DIANA HEIMES Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie – plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: privat 20 | ZAHNMEDIZIN

Die häufigsten Manifestationsstellen sind der Gaumen, die Lippe, die Wange, der Mundboden, der Larynx und die Trachea [Yousra und Saliha, 2021]. Das pleomorphe Adenom tritt sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen jeden Alters mit einer Prädominanz zwischen dem 30. und dem 60. Lebensjahr auf. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer [International Agency for Research on Cancer, 2017]. Bei dem pleomorphen Adenom handelt es sich um einen benignen Tumor mit variabler zytomorphologischer und architektonischer Manifestation, der vor allem durch seine gemischt epithelialen und myoepithelialen Anteile gekennzeichnet ist [Kumar et al., 2013; International Agency for Research on Cancer, 2017]. Interessant hierbei ist der embryonale Ursprung der Metaplasie, die sowohl aus epithelialem als auch aus mesenchymalem Gewebe entsteht [Yousra und Saliha, 2021]. In Bezug auf die Ätiologie des Tumors ist lediglich bekannt, dass es etwa 15 bis 20 Jahre nach einer Strahlenexposition zu einer nachweislich höheren Inzidenz an pleomorphen Adenomen kommt. Lokalisiert ist die Raumforderung meist in der Parotis; weitere Manifestationsorte sind mit abnehmender Häufigkeit der Gaumen und die Glandula submandibularis [Saka et al., 2014; Schneider et al., 2017]. Der Tumor tritt meist solitär auf; dennoch gibt es Fälle, in denen meta- und synchrone Zweittumore beschrieben wurden. Ein Sonderfall ist die nasale Form des pleomorphen Adenoms, die sich in 80 Prozent der Fälle in der septalen Mukosa manifestiert und durch ein exophytisches oder polypoides Wachstum gekennzeichnet ist. Klinisch charakteristisch ist die einseitige nasale Obstruktion; nach Ausbreitung in die Sinus maxillares auch das Vorkommen von Epistaxis und einer Sinusitis. Liegt ein nasales pleomorphes Adenom vor, erfolgt die ärztliche Vorstellung meist innerhalb des ersten Jahres nach Erkrankungsbeginn. Bei vollständiger chirurgischer Exzision ist die Prognose gut; die maligne Transformationsrate liegt bei 2,4 bis 10 Prozent [International Agency for Research on Cancer, 2017]. DIAGNOSTIK Das pleomorphe Adenom der Speicheldrüsen zeigt klinisch ein langsames Wachstum. Aufgrund des häufig schmerzlosen Charakters kommt es meist zu einem Wachstum über Jahre hinweg, wobei die klinischen Zeichen in Abhängigkeit von der Lokalisation des Tumors stark variieren CME AUF ZM-ONLINE Das pleomorphe Adenom des Gaumens Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie zwei CME-Punkte der BZÄK/DGZMK. zm112, Nr. 21, 1.11.2022, (2043) 4$+%$ F#/-(>?$ :#<<-$ M$&+!$< G$%;G :$+%I ;8 8$+%$ ">.%9?"-<+0.$ A;@;%/- ;%D N>??+$?$ "; 8>%>G$%E )$%>; D>: +:- B)4 A2EKH1J >%/>%G: ;8/>::$%D /;%@-+#%><I :L9-$? +%D+6+D;$<< $?($+-$?!>?E* A5'35HACF17C,5H= $#) "%&('* ! ,*%!* #)")!(+' ,*%! $*&' '$!(+)#*,"-&-*)!)%+) !(.!).$,,',/%0-*%+#/,%""& ZAHNMEDIZIN | 21

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